Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes
Persönliche Erlebnisse auf dem Gebiet der Geisterkundgebungen (5)
   

1. 3. 2 Ein Ordensmann als Spiritist

Eine Angabe, die eines Abends durch den Bauernjungen meiner Pfarre als Sprechmedium gemacht wurde, erschien uns ganz unwahrscheinlich. Durch das Medium war nämlich gesagt worden, daß auch ein Pater aus dem benachbarten Benediktinerkloster sich an "Spiritistischen Sitzungen" beteilige, die in einer nicht weit entfernten Stadt abgehalten würden. Wir konnten uns nicht denken, daß ein Mönch in seinem Ordenshabit sich in einen spiritistischen Zirkel setze, da doch gerade die katholische Kirche eine so scharfe Gegnerin des "Spiritismus" ist. Eine Möglichkeit, die Wahrheit der Angabe nachzuprüfen, hatten wir nicht. Ihre Richtigkeit wurde jedoch bald auf eine andere Weise bestätigt.

Es war nämlich gegen mich eine Anzeige wegen Teilnahme an spiritistischen Sitzungen bei meiner geistlichen Behörde eingereicht worden.

Es kam eine Kommission, um mich über den Sachverhalt zu vernehmen. Das Verhör fand in der benachbarten Benediktinerabtei statt, wohin ich vorgeladen wurde. Bei diesem Verhör gab ich der Wahrheit gemäß an, daß ich derartigen Versammlungen beigewohnt und solche auch in meiner Pfarre veranstaltet hätte. Man hielt mir vor, daß es den Katholiken von Rom aus verboten sei, sich an spiritistischen Sitzungen zu beteiligen. Ich erklärte, daß mir ein solches Verbot nicht bekannt sei. Sollte es bestehen, so sei es mir unverständlich, daß ein Pater des Klosters, in dem wir uns augenblicklich befänden, ebenfalls an derartigen Sitzungen teilnehme. Ich machte diese Angabe nicht zu meiner Verteidigung, sondern bloß zu dem Zweck, um auf diese Weise feststellen zu können, ob tatsächlich ein Pater des Klosters an spiritistischen Sitzungen sich beteilige, wie es durch das Medium behauptet worden war.

Der Vorsitzende der Untersuchungskommission bestritt mit großer Entrüstung meine Angabe und betonte, es sei vollständig ausgeschlossen, daß ein Pater in "spiritistische Zirkel" gehe. Schon sein Ordensgewand mache ihm dies unmöglich. Er müsse daher meine Behauptung als schwere Verleumdung zurückweisen.

Ruhig entgegnete ich, daß ich jene Tatsache nicht erwähnt hätte, um dem Pater oder dem Kloster Unannehmlichkeiten zu machen. Man habe mir dies von anderer Seite mitgeteilt, und ich möchte diese Gelegenheit benützen, die Wahrheit der Angabe festzustellen. Sollte die mir gemachte Mitteilung sich als unwahr herausstellen, so würde ich für eine Richtigstellung Sorge tragen. Der Vorsitzende der Untersuchungskommission unterbrach nun mein Verhör und ging, wie ich annehme, zum Abt des Klosters.

Nach einiger Zeit kam er mit sehr verlegener Miene zurück und bestätigte die Richtigkeit meiner Angabe. Als Entschuldigung fügte er hinzu, der betreffende Pater habe von dem Abt die Erlaubnis erhalten, spiritistische Sitzungen zu besuchen.

So hatte sich also die Angabe des Mediums als richtig erwiesen.
 
 
 
 

1. 3. 3 Vorladung vor den Bischof

Im Laufe des gegen mich eingeleiteten Verfahrens folgte Bestätigung auf Bestätigung der mir in meiner eigenen Angelegenheit durch die Medien gemachten Angaben und Voraussagungen.

Eines Tages erhielt ich eine Vorladung vor den Bischof. Kaum war das Schreiben in meiner Hand, da erschien plötzlich der Bauernjunge meiner Pfarre, der Sprechmedium war, bei mir im Pfarrhause und sagte: "Ich wurde gezwungen, zu ihnen zu gehen. Sie haben einen Brief von ihrer bischöflichen Behörde erhalten. Sie müssen am ... zum Bischof kommen." Ich fragte ihn, wieviel Zeilen der Brief enthalte. Auch das gab er genau an. Darauf fiel er in den Trancezustand, und der aus ihm sprechende Geist sprach mir Mut zu mit den Worten:

"Du brauchst keine Furcht zu haben. Auf Gott hoffe und fürchte dich nicht! Was können dir die Menschen tun!"

Ich entgegnete, daß ich die durch den Verkehr mit der Geisterwelt gewonnene Überzeugung auch vor dem Bischof bekennen werde. Infolgedessen würde ich wohl in allernächster Zeit meine Absetzung als katholischer Pfarrer zu erwarten haben.

"Der Bischof wird dich nicht über den Spiritismus und deine daraus gewonnene Glaubensüberzeugung fragen", entgegnete er. "Du wirst später auf dem Wege der Beurlaubung im Frieden mit deiner Religionsgemeinschaft aus deiner Pfarrei scheiden und nicht auf dem Wege der Absetzung."

Ich konnte mir gar nicht denken, daß der Bischof mich nichts über die spiritistischen Versammlungen und die darin vorgetragenen Wahrheiten fragen würde. Und doch geschah es so, wie es mir durch das Medium gesagt worden war. Der Bischof las mir das Verbot der römischen Kongregation aus dem Jahre 1917 vor, wonach Katholiken keine spiritistischen Versammlungen besuchen durften, ließ mich unterschreiben, daß er mir das Verbot mitgeteilt habe und gab mir eine Buße für die bisherige Übertretung des Verbotes. Auf die spiritistische Sache selbst ging er mit keinem Worte ein.

Später mußte ich eine für mich sehr schmerzliche Bestätigung einer durch das Medium in der Stadt gemachten Voraussage erfahren. Es war nämlich in einer Sitzung mitgeteilt worden, daß einer aus dem Kreise der Sitzungsteilnehmer jener Stadt mich verraten werde. Wir hielten keinen von uns eines solchen Verrates fähig. Und doch wurde das unmöglich Erscheinende zur Wirklichkeit.

Eine Frau aus unserem Kreise erstattete gegen mich Anzeige bei der bischöflichen Behörde wegen meiner fortgesetzten Teilnahme an spiritistischen Sitzungen.

Infolge dieser Anzeige schien meine Absetzung unvermeidlich. Zwar hatte ich meine Beurlaubung zum Zwecke der Wohlfahrtspflege beantragt. Aber sie war in einer so schroffen Form durch das bischöfliche Generalvikariat abgelehnt worden, daß nach menschlichem Ermessen keine Hoffnung mehr bestand, sie zu erreichen.

Das Verfahren gegen mich vor dem geistlichen Gericht nahm seinen Fortgang, und es wurde Termin zur Hauptverhandlung gegen mich anberaumt, und ich zu der Hauptverhandlung geladen. Nur noch wenige Tage trennten mich von diesem Termin, an dem das Urteil meiner Absetzung ohne Zweifel gefällt worden wäre. Dennoch vertraute ich auf die mir gemachte Voraussage, daß ich im Frieden mit meiner Religionsgemeinschaft auf dem Wege der Beurlaubung meine Pfarrei verlassen würde.

Da erhielt ich noch in letzter Stunde vom geistlichen Gericht ein Telegramm, daß auf Weisung des Bischofs das Verfahren gegen mich einstweilen eingestellt sei. Bald folgte ein Brief des Bischofs, in dem er die von mir nachgesuchte Beurlaubung genehmigte und anfragte, wann ich meine Pfarrei zu verlassen wünschte. Ich gab den Tag an, der mir schon seit langem als Tag meines Abschiedes aus meiner Pfarrei vorausgesagt worden war: 31. Dezember 1925.

 

 

1. 3. 4 Unglaublich – aber wahr!

In der Pfingstwoche des Jahres 1924 fuhr ich nach Graz in der Steiermark. Auf der Strecke Passau-Wien war ich allein mit einem jungen Manne im Eisenbahnabteil. Ich saß ihm gegenüber und las in einem Buch. Da sah ich, wie der Kopf des jungen Mannes sich plötzlich vornüberneigte, als ob er eingeschlafen sei. Aber in demselben Augenblick richtete er sich wieder in die Höhe, saß da mit geschlossenen Augen, nahm sein Notizbuch aus der Tasche und beschrieb darin eine Seite. Dann riß er das Blatt heraus und gab es mir mit den Worten:

"Nimm dies und verwahre es! An einer anderen Stelle wird dir gesagt werden, was es bedeutet."

Ich besah die Schrift, konnte jedoch die Zeichen nicht verstehen. Dann kam der junge Mann wieder zu sich. Er wußte nichts davon , daß er geschrieben hatte; auch nicht, daß er mir das Blatt gegeben und kein Wort von dem, was er mir gesagt. Auch er konnte die Zeichen nicht lesen, die auf dem Blatt standen. Nach meiner Rückkehr von Graz in meine Pfarrei trug ich das beschriebene Blatt 14 Tage lang in meiner Tasche. Da kam ich an einem Samstagabend in die Familie meines Sprechmediums. Der Junge war allein im Zimmer. Nach einigen Augenblicken fiel er in "Trance" und sagte:

"Zeige mir den Zettel, den du bei dir trägst und der dir auf der Reise nach Graz übergeben wurde."

Ich gab ihm das Blatt. Er las es und sprach:

"Morgen nachmittag wird ein Jude zu dir kommen. Die Menschen sind der Meinung, daß er krank sei. In Wirklichkeit wird er von einem bösen Geist hart gequält und so im Banne gehalten, daß er fast kein Wort hervorbringen kann. Sobald er kommt, rufst du diesen Jungen, durch den ich spreche. Alles andere überlasse mir. Du wirst dabei Großes erleben. Dieser Zettel wurde von dem Schutzgeist des Juden durch jenes Medium bei deiner Reise nach Graz geschrieben. Der Schutzgeist des Juden ist ein verstorbener Onkel aus Köln. Auch der böse Geist, der den Juden quält, ist ein verstorbener Verwandter."

Am anderen Nachmittag gegen 16 Uhr schellte jemand an der Pfarrhaustüre. Ich öffnete und erschrak bei dem Anblick eines Mannes, dessen Glieder sich verzerrten und dessen Kopf wie in einem beständigen Nervenzucken hin- und herging. Er wollte sprechen, brachte jedoch kein Wort hervor. Ich faßte ihn an der Hand und führte ihn in mein Zimmer. Sofort ließ ich den Jungen rufen. Dieser kam, fiel in Gegenwart des Juden in Trance, stand auf, streckte seine Hand wie zur Beschwörung gegen den Mann und redete in einer Sprache, die ich nicht verstand. Der Jude wurde von einer unsichtbaren Gewalt einigemal hin- und hergeworfen. Dann fühlte er sich frei , begann vor Freude zu weinen und konnte ohne Stockung reden. Er erzählte mir, daß er genau wisse, was soeben mit ihm vorgegangen sei. Er selbst sei hellsehend und könne die Geister erkennen, die um ihn seien, sowohl die guten, als auch die bösen. Sein guter Geist sei ein Onkel aus Köln. Der böse sei ein Verwandter, den er in diesem Leben nicht gekannt habe. Der böse habe ihn abhalten wollen, zu mir zu gehen, und habe ihm unterwegs die schändlichsten Schimpf- und Lästerworte in hebräischer Sprache zugerufen. Er nannte mir einige dieser hebräischen Beschimpfungen. Jetzt hoffe er, für immer von diesem bösen Begleiter befreit zu sein . Er wisse auch, welcher Geist es gewesen, der ihn heute befreit habe. Damit nahm er sein Gebetbuch aus der Tasche und zeigte mir ein hebräisches Gebet zu einem hohen Himmelsfürsten. Der Jude hatte recht gesehen. Dieser Geist war es. Während ich noch mit dem Juden sprach, fiel der Junge wiederum in Trance und wandte sich zu mir mit den Worten:

"Was ich dir jetzt sage, hört dieser Mann da nicht. Ihm werden die Sinne gehalten, daß er nichts versteht. Was du heute hier erlebt hast, ist zu deiner Belehrung geschehen und auch diesem Manne zur Belehrung. Er wird nur kurze Zeit vom Bösen befreit bleiben. Der Böse wird bald wiederkehren und ihn weiter quälen bis zu seinem Tode. Das ist sein gerechtes Schicksal. Er hat es verdient. Zu dir wird er nicht wieder kommen. Er wird die Kraft dazu nicht mehr aufbringen."

Ich fragte nun den Mann, ob er verstanden habe, was soeben geredet worden sei. Er gab zur Antwort, daß er nichts gehört habe.

Tief erschüttert verabschiedete ich mich von diesem armen Menschen. - Er kam nicht mehr wieder.

 

 

1. 3. 5 Schriftliche Beweise für die planmäßig vorgenommenen Fälschungen an den Schriftwerken der ersten Jahrhunderte.

Oft war ich durch die verschiedenen Medien darauf hingewiesen worden, daß an den Urkunden der ersten christlichen Zeit so viele Fälschungen vorgenommen worden seien. Ich fragte mich immer wieder, ob denn kein wissenschaftliches Werk existiere, das den Versuch mache, die Fälschungen aufzudecken. Es war mir kein derartiges Werk bekannt. Auch konnte mir niemand ein solches angeben. In unseren Sitzungen fragte ich absichtlich nicht danach. Denn es war mir gesagt worden, daß mir alles das zugeleitet würde, was für mich von Nutzen sein könne.

Da wurden mir eines Tages zwei Lieferungen eines Werkes zugeschickt. Sie waren noch nicht aufgeschnitten. Dabei lag ein Brief von einer Dame, die ich erst einmal in meinem Leben gesehen hatte.

Der Brief lautete:

 
  "Die anliegenden Schriften hat mir vorgestern Frau Dr. H. aus F. für Sie mitgegeben. Sie mußte sie Ihnen plötzlich schicken, ohne sie gelesen zu haben."

An ihr vollzieht sich ein ganz Gewaltiges. Sie sollten baldmöglichst sie aufsuchen."

N.N.      

Die Frau Dr. H., die mir die Schriften plötzlich schicken mußte, kannte ich weder persönlich noch dem Namen nach.

In diesen mir zugeschickten Schriften waren außerdem zahlreiche Hinweise auf die planmäßig vorgenommenen Fälschungen der Schriftwerke der ersten Jahrhunderte enthalten, so daß ich darin alles bestätigt fand, was mir durch die in diesen Dingen vollständig unerfahrenen Medien über diesen Punkt gesagt worden war. Diese Feststellung war mir eine große Genugtuung.

 

 

1. 3. 6 Spirituelle Erlebnisse in den Vereinigten Staaten

Eine Bestätigung sowohl der allgemeinen Wahrheit des Geisterverkehrs als auch mancher Einzelwahrheiten auf diese Gebiete erlebte ich bei einem Aufenthalt in Amerika. Hier ist der Spiritismus weit verbreitet unter der Bezeichnung "Spiritualismus". Überall bestehen sogenannte "Spiritualistische Kirchen". Ich benutzte nun zunächst die Gelegenheit, die Handhabung des "Spiritismus" in diesen Kirchen kennenzulernen. Zu diesem Zwecke besuchte ich eine Anzahl spiritistischer Gottesdienste. Da fand ich leider bestätigt, was mir so oft durch die Medien in Deutschland gesagt worden war, die mich immer wieder darauf hingewiesen hatten, daß die guten Geister Gottes überall da fernbleiben, wo es sich bei den Teilnehmern an spiritistischen Versammlungen mehr um irdische Zwecke handle als um ein inneres Fortschreiten auf dem Wege zu Gott.

Solche Versammlungen seien dann der Tummelplatz jener Geistwesen, die sich in den niederen Sphären befänden, ohne deshalb gerade zu den ausgesprochenen bösen Geistern zu gehören. Meistens seien es verstorbene Angehörige, Freunde und Bekannte der Versammlungsteilnehmer, die im Jenseits selbst noch nicht weit fortgeschritten seien und denen daher die irdischen Anliegen ihrer menschlichen Hinterbliebenen mehr am Herzen lägen, als deren geistiges Vorankommen. Denn die Anziehungskraft des heidnischen Götzendienstes bestehe gerade darin, daß die Menschen durch die bei dem Götzendienst tätigen Medien über ihr irdisches Fortkommen und ihre irdische Zukunft Auskunft erhoffen.

Etwas geistig Hohes und Erhebendes trat mir in keiner dieser Kirchen entgegen, so sehr ich mich auch danach sehnte. Meistens war vielmehr das, was ich darin erlebte, von einer Art, welche die Sache des Spiritismus eher schädigen, als ihr von Nutzen sein konnte. Auch hatte ich den Eindruck, daß die Besucher wohl nur wegen der Botschaften, die sie in ihren irdischen Anliegen zu erhalten hofften, an diesen Zusammenkünften teilnahmen. Ebenso scheint die Geldfrage bei den Leitern dieser Kirchen keine untergeordnete Rolle zu spielen. Es wird eine feste Eintrittsgebühr erhoben, die selten weniger als einen halben Dollar beträgt, so daß dem Unbemittelten der Besuch unmöglich gemacht ist. - Das alles bestätigte mir die Wahrheit dessen, was mir in Deutschland über den heutigen Spiritismus, auch wenn er unter äußeren religiösen Formen vor sich geht, so eindringlich gesagt worden war. Ich gewann die Überzeugung, daß diese Art des Spiritismus die Menschheit ihrem Gott nicht viel näher bringen wird. Es ist nicht der Spiritismus der ersten Christen.

Doch sollte ich in Amerika auch das Hohe des Geisterverkehrs kennenlernen und darin eine Bestätigung des früher von mir selbst Erlebten erfahren.
 
 
 

Während meines Aufenthaltes in New York wohnte ich bei einer deutschen Familie Niemann, 148 E. 18. Straße. – Ich gebe den Namen und die genaue Adresse dieser Familie deshalb an, weil sie bei den folgenden Erlebnissen die Hauptrolle spielt und mir gestattet hat, ihren Namen zu nennen. Grundsätzlich unterlasse ich es sonst in diesem Buche, Namen anzuführen, damit niemand infolge der Veröffentlichung dieser Schrift von übelwollenden Mitmenschen Unannehmlichkeiten zu erdulden hat.

Mit Herrn Niemann hatte ich nie über Spiritismus gesprochen, sondern ihm bloß etwas von den Erlebnissen in den spiritistischen Kirchen New Yorks mitgeteilt. Er selbst gehörte keiner Religionsgemeinde an. Der Gottesglaube schien bei ihm ausgelöscht zu sein. Die Vorgänge in den spiritistischen Versammlungen, von denen ich ihm erzählt hatte, hielt er für Schwindel und Geldmacherei.
   

Doch entschloß er sich eines Abends aus Neugierde, mich in eine solche Kirche zu begleiten. Wie jedem in der Kirche Anwesenden, wurde auch ihm eine Botschaft erteilt. Das, was ihm da gesagt wurde, erwies sich in allen Teilen als zutreffend, obschon das Medium ihn zum erstenmal sah und selbstverständlich nicht wußte, wer er war. Dabei wurde ihm auch mitgeteilt, daß er selbst eine große mediale Veranlagung habe, die er doch weiter ausbilden möge.

Nach Hause zurückgekehrt, fragte mich Herr Niemann, was die Hellseherin mit der Ausbildung seiner medialen Veranlagung meine. Nun erklärte ich ihm die Zusammenhänge und erbot mich, mit ihm und seiner Frau zusammen das eine- oder anderemal in der Woche einen kurzen Gottesdienst zu halten. Damit war ja auch mir von neuem Gelegenheit gegeben, das in Deutschland Erlebte auf seine Richtigkeit zu prüfen, an der ich freilich in keiner Weise mehr zweifelte.

Ich hielt die Gottesdienste in derselben Weise, wie ich es früher in meiner Pfarrei in dem kleinen Kreis getan hatte, von dem ich bereits berichtet habe. Hier nun, jenseits des Ozeans, in einer Familie, die den Gottesglauben preisgegeben, aber ehrlichen und aufrichtigen Willens war, die Wahrheit anzunehmen, sah ich zunächst die Ausbildung der Medien in derselben Weise vor sich gehen, wie ich das bei den Medien meiner früheren Umgebung beobachtet hatte. Es waren also dieselben Gesetze der medialen Entwicklung, dort wie hier.

Schon am ersten Abend begann bei Herrn Niemann das mediale Schreiben, bei dem er zwar wußte, daß er schrieb, aber nicht, was er schrieb. Die einzelnen Abschnitte des Niedergeschriebenen zeigten verschiedene Handschriften und waren auch von verschiedenen Namen verstorbener Angehöriger und Freunde unterzeichnet, deren Herr Niemann sich erst wieder erinnerte, als er ihren Namen auf seiner Niederschrift an diesem Abend vor sich sah. Sie teilten ihm mit, er sei in dem, was er jetzt tue, auf dem rechten Wege. Er möge darauf fortfahren.

Herr Niemann war sprachlos, als er zu sich kam und das las, was mit seiner Hand in verschiedenen Schriftzügen geschrieben worden war.

Nachher hielt Herr Niemann in meiner Abwesenheit den Gottesdienst mit seiner Frau allein. Er schrieb wiederum, wie das erstemal, worüber sich seine Frau sehr wunderte. Denn sie war im Stillen der Meinung, ich hätte ihren Mann hypnotisiert und ihm durch Gedankenübertragung das eingegeben, was er niedergeschrieben. Nun hatte sie den Beweis, daß ihre Annahme unrichtig war, weil das mediale Schreiben auch dann in derselben Weise vor sich ging, wenn ich nicht zugegen war. Außerdem hätte sie sich schon das erstemal sagen müssen, daß mir die Namen der Verstorbenen nicht bekannt sein konnten, die unter der ersten Niederschrift standen, und ich daher auch nicht imstande war, sie auf den Schreibenden zu übertragen. Sie erhielt aber in derselben Sitzung einen noch überzeugenderen Beweis. Plötzlich wurde sie nämlich selbst von einer unsichtbaren Macht gezwungen, den Bleistift zu ergreifen und zu schreiben, während ihr die Tränen über die Wangen rannen. Im Gegensatz zu ihrem Manne wußte sie, was sie schrieb. Es war bei ihr dasselbe, was ich bei dem einen Jungen in meiner Pfarrei erlebt hatte. Wie diesem, so wurden auch der Frau Niemann die Gedanken, die sie niederschreiben sollte, mit aller Macht eingegeben. Sie war also ein "Inspirationsmedium" wie jener Junge. Auch sie war nicht in der Lage, am Schluß ihrer Niederschrift das noch einmal wiederzugeben, was ihr inspiriert worden war.

Die Ausbildung dieser beiden Medien ging von Woche zu Woche weiter. Herr Niemann schrieb noch eine kurze Zeit, dann aber begann seine Ausbildung als "Sprechmedium" mit all den äußeren Erscheinungen, die ich bei dem Sprechmedium in meiner früheren Pfarrei erlebt hatte. Der Geist, der durch ihn sprach, kam stets mit dem Gruß: "Der Friede Gottes sei mit euch!" oder, wenn er besondere Belehrungen erteilen wollte, mit dem Gruß: "Gottes Wort sei mit euch!"

Eine Bestätigung der Wahrheit dessen, was durch diesen Geist uns mitgeteilt wurde, erhielten wir eines Tages in einer uns alle erschütternden Weise. Ich hatte in Deutschland einen sehr lieben Freund. Er war ein einfacher Mann aus dem Volke und lebte auf dem Lande in einem kleinen Dorfe. Vor meiner Amerikareise hatte ich mich noch persönlich von ihm verabschiedet.

Da wurde am 20. Juli 1930 bei einem unserer Gottesdienste durch den aus Herrn Niemann sprechenden Geist gesagt, daß mein Freund in Deutschland schwer erkrankt sei und bald sterben werde. Die Botschaft lautete wörtlich:

"Dein Freund H. S. ist schwer erkrankt. Er leidet an einer schleichenden Krankheit. Du wirst ihn auf dieser Erde nicht mehr sehen." –

Als ich wegen dieser Worte erschrak und mir die Tränen in die Augen traten, tröstete er mich mit den Worten:

"Dein Freund ist ein edler Mensch. Bei uns ist er gut aufgehoben. Wenn du ihm schreiben willst, dann tue es gleich, dann wird ihn dein Brief noch am Leben treffen." –

Darauf schien er sich noch einmal zu vergewissern, ob mein Brief noch rechtzeitig ankäme, indem er den Kopf nach der Seite drehte, als wenn er mit jemand verhandelte und sich erkundigte. Dann wandte er sich wiederum an mich mit den Worten:

"Ja, der Brief kommt noch rechtzeitig an. Aber zögere nicht länger damit!"

Am folgenden Tage schrieb ich einen Brief an meinen Freund und fügte ihm, gewissermaßen zum Abschied, mein Bild bei. Von dem, was mir über seinen bevorstehenden Tod gesagt worden war, schrieb ich selbstverständlich nichts. Ich drückte im Gegenteil meine Freude aus, ihn bald wiederzusehen, und bat ihn, mich bei meiner Rückreise in Bremen abzuholen.

Am 20. August 1930 erhielt ich von meiner Schwester, die in Deutschland in der Nähe meines Freundes wohnte, einen Brief, datiert vom 11. August 1930, der mit folgenden Worten begann: "Leider muß ich Dir mitteilen, daß Dein bester Freund H. S. aus O. gestorben ist. Wie ich hörte, soll er am Montag noch einen Brief von Dir bekommen haben mit Deinem Bilde. Da konnte er Dich noch einmal sehen und Dir Lebewohl sagen. Er soll sehr geweint haben, da Du ihm geschrieben, er möge Dich, wenn Du zurückkommst, in Bremen abholen. Jetzt ist er schon in der Ewigkeit."

An dem Tage, als ich den Brief von meiner Schwester erhielt, hatten wir in unserem kleinen Kreise einen Gottesdienst. Seit jenem Abend, an dem mir der bevorstehende Tod meines Freundes angekündigt worden war, hatte der durch Herrn Niemann sich kundgebende Geist nicht mehr gesprochen. An diesem Abend trat er nun in das Medium ein und sprach nach dem von Frau Niemann aufgenommenen wörtlichen Stenogramm folgendes:

"Gottes Wort sei mit euch! Amen! – Daß ich heute durch ihn spreche, ist nur eine Ausnahme, um deine Bitte zu erfüllen." (Ich hatte nämlich während des Tages still für mich gebetet, Gott möge mir einige Worte des Trostes sagen lassen.) "Es ist dir ein Leid widerfahren, das du als Mensch sehr schwer nimmst. Doch sein nicht traurig! Ihm (dem verstorbenen Freunde) geht es viel, viel besser. Und dir zur Belohnung: Er steht an deiner rechten Seite, dir zugewandt, dir freundlich zulächelnd und mit der rechten Hand über deinen Kopf streichelnd. Er läßt vielmals grüßen. Du sollst es nicht so schwer nehmen. Vielleicht später wirst du ihn hören." (Er meinte damit, daß der Verstorbene später vielleicht durch das Medium selbst mit mir spreche.) "Noch nicht. – Sein letzter Kampf war nicht so schwer. Er wollte dich gern noch einmal sehen und sprechen. Das Erste kann er jetzt (nämlich das Sehen). Das Zweite (nämlich das Sprechen) noch nicht. Er starb im Gebete zu Gott. –

O ihr armen Menschenkinder! Es ist hier so schwer für euch. Doch bleibet treu! Wanket nicht und stolpert nicht, so bleibt die Belohnung nicht aus. Und viele, denen es hienieden nicht so gut ging wie manch anderen, die stehen drüben viel höher als die, die hier ihre Herrscher waren. Der 'Stoff' macht nicht glücklich." (Unter Stoff meint der Geist das Geld. Das Wort "Geld" spricht er nie aus, sondern bezeichnet es mit "Stoff".) "Also nimm es nicht so schwer! Ach, wenn du ihn sehen könntest! Daß er sehr hoch ist, kannst du daran erkennen, daß er hier ist. Er hat noch eine kleine Läuterung, dann ist er in der elften Sphäre. Er überspringt die zehnte. Er gehört zu den wenigen Menschen, die rechte Kinder Gottes sind und waren."

Dann betete der Geist mit aufgehobenen Händen des Mediums:

"Himmlischer Vater, sei uns gnädig! Neige dein Angesicht herab zu uns! Erfülle ihn, der hier in Trauer und Schmerz um den verlorenen Freund sitzet, mit Trost! Gib ihm den Frieden und die Heiterkeit, daß er den Schmerz überwindet. Lasse ihn, den Abgeschiedenen, der ein Muster war unter den Menschen, gnädig zu dir kommen! Nimm ihn auf in deinen Kreis, damit er schnell sich entwickelt und Gnade und Segen wirkt für die Menschheit. Vater, den du ausersehen, er kommt zu dir. Laß ihn das Werk dann vollbringen, für das er dann ausersehen ist. Sei gnädig, Vater, und segne sie beide! Amen!"

In den darauffolgenden Gottesdiensten schrieb Frau Niemann unter der geistigen Einwirkung meines verstorbenen Freundes Dinge, die sie als Mensch nicht wissen konnte. So wurde in einer Niederschrift auf einen Spaziergang hingewiesen, den ich vor langen Jahren mit dem nun verstorbenen Freunde durch ein kleines Hunsrücktal gemacht hatte. Dabei hatten wir uns über Gott und die großen Jenseitsfragen unterhalten. Ich selbst erinnerte mich erst wieder an diese Begebenheit, als ich sie in der medialen Niederschrift der Frau Niemann las. Das Tal war darin mit dem richtigen Namen angegeben, den nur die Leute kennen, die in der Gegend des Tales wohnen.

Auch in den Jahren, wo mein Freund noch lebte, erhielt ich durch ihn so gewaltige Beweise von der Wahrheit dessen, was mir im Verkehr mit der Geisterwelt mitgeteilt worden war, daß sie allein genügt hätten, mich zu überzeugen. Als ich nämlich infolge meiner geistigen Erlebnisse meine religiöse Überzeugung von Grund auf ändern mußte, dachte ich mit tiefem Schmerz daran, daß ich wegen meiner veränderten religiösen Einstellung auch diesen treuen Freund verlieren würde. Denn er war ein guter Katholik. Als ich nun bei einer Sitzung in Deutschland dem sich kundgebenden Geist meine Befürchtung aussprach, erhielt ich die Antwort:

"Deine Furcht, den Freund zu verlieren, ist unbegründet. Denn wir selbst werden ihn belehren, ohne daß du ihm Aufklärung zu geben brauchst."

Es dauerte nicht lange, da suchte mich mein Freund auf und erzählte mir von den merkwürdigen Visionen, die er geschaut hatte. Es waren ihm darin eine Reihe grundlegender Wahrheiten gezeigt worden, die mit seinem katholischen Bekenntnis in Widerspruch standen. So vor allem durch eine Vision auf dem Kirchhof die Wahrheit, daß es auch für die Verdammten einmal eine Amnestie geben und alles wieder zu Gott zurückkehren werde. Dann über die verschiedenen Schicksale der Geister der Verstorbenen. Er erhielt dabei auch die entsprechenden Belehrungen. Auch wurde ihm die Aufgabe gezeigt, die ich persönlich in meinem Leben zu erfüllen hätte. Diese Erlebnisse, über die man ein eigenes Buch schreiben könnte, wirkten auf ihn so überzeugend, daß ich mich damit begnügen konnte, ihm einfach die Richtigkeit seiner Visionen zu bestätigen.

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