Thema: | Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit (6) |
5.2 Carlos Mirabelli, das brasilianische Medium
(Zeitschrift für Parapsychologie, Jahrgang 1927, S. 450 - 462.)
Im Jahre 1927 erschien in Santos (Brasilien) ein Werk unter dem Titel: "O Medium Mirabelli." Es enthält einen Bericht von 74 Seiten über die Phänomene, die bei einem Medium Mirabelli festgestellt wurden. Die Erscheinungen spielten sich sämtlich bei Tageslicht oder doch hellem künstlichem Licht ab. Manchmal waren bis zu 60 Zeugen dabei anwesend, die den ersten wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kreisen Brasiliens angehörten.
Da die Berichte das Unglaublichste enthalten, was je auf diesem Gebiet erlebt worden ist, so hat sich die Schriftleitung der "Zeitschrift für Parapsychologie" an das brasilianische Konsulat in München gewandt und ihm die Frage vorgelegt, ob die in dem Buch "O Medium Mirabelli" angeführten Persönlichkeiten, die jene Erscheinungen als echt bezeugen, dem Konsul durch ihr Ansehen und ihren Ruf bekannt seien. Der Konsul bejahte die Frage unbedingt und fügte noch hinzu, daß ihm 14 der angeführten Zeugen persönlich bekannt seien, darunter der gegenwärtige Präsident der Republik, der als Vorsitzender eines Schiedsgerichtes über das Medium Mirabelli tätig gewesen war. Dann der im aktiven Dienst befindliche Staatssekretär Reynaldo Porchat, der Senator Muniz Sodre und der Professor der Medizin Olegario de Moura von der Universität Sao Paulo. Der Konsul erklärte, wenn auch nur diese vier Männer, die nicht nur große Gelehrte, sondern auch erprobte Charaktere seien, sich für eine Sache einsetzten, so hätte er nicht das Recht, ihren Wahrnehmungen einen Zweifel entgegenzusetzen.
Das Medium Mirabelli wurde von 557 Zeugen beobachtet.
Unter diesen befanden sich 452 Brasilianer und 105 Ausländer. Es waren 2 Universitätsprofessoren, 72 Ärzte, 18 Apotheker, 12 Ingenieure, 36 Rechtsanwälte, 8 Übersetzer, 3 Landwirte, 22 Zahnärzte, 5 Chemiker, 20 Literaten, 89 Staatsmänner, 25 Offiziere, 52 Börsianer, 128 Kaufleute, 9 Industrielle, 18 Journalisten, und 32 gehörten verschiedenen Berufen an. Auch viele Mitglieder geistlicher Orden wohnten den Sitzungen bei.
Mirabelli ist ein Universalmedium.
Seine Odkraft reicht für alle Phänomene aus, die es im Geisterverkehr gibt.
Beim medialen Schreiben Mirabellis wurde von den ihn kontrollierenden Gelehrten folgende Vorsichtsmaßregel angewandt. Das Medium wurde von zwei Teilnehmern in den Sitzungssaal geleitet und dort einer peinlichen Untersuchung seines Körpers und seiner Kleider unterworfen. Auf einen kleinen Tisch, der weder Schubladen noch Fächer hatte, wurde Papier und Bleistift gelegt. Mirabelli, der sich vor solchen Sitzungen in starker Erregung befindet, nimmt bei hellem Licht auf einem Stuhl Platz. Kontrolleure und Teilnehmer bilden um ihn einen Kreis und verfolgen genau alle seine Bewegungen. Der Leiter der Sitzung bittet um Ruhe, bis sich der geistige Führer des Mediums meldet.
Das Medium in höchster Ekstase fleht mit lauter Stimme um göttlichen Beistand und stimmt dann im Trancezustand einen religiösen Hymnus an. Die Hand ergreift einen Bleistift, schleudert ihn wiederholt von sich, ergreift ihn wieder und kommt dann in ein fieberhaftes Schreiben. Der Bleistift eilt ohne Unterbrechung blitzschnell über das Papier. Während des Schreibens hebt Mirabelli den Blick empor, seufzt auf, ohne daß sich die Schnelligkeit des Schreibens mindert. Dann wendet das Medium mit strahlendem Antlitz seine Augen nach oben, wo es seinen geistigen Führer zu sehen behauptet, der ihm beim Schreiben die Hand führt, und spricht liebevoll mit ihm. Der neben dem Medium stehende Sekretär nimmt die beschriebenen Blätter weg und ordnet sie.
Nun ändert sich manchmal der Zustand des Mediums, geht von Ekstase
in Apathie über und wird wieder ein anderer: Mirabelli scheint seiner
Sinne nicht mehr mächtig. Er lacht, weint, singt, ruft irgendwelche
Namen, antwortet auf Fragen, dreht und windet sich wie ein Seiltänzer,
spuckt rücksichtslos um sich, nimmt unzüchtige Stellungen ein,
versucht sich den Schädel einzurennen, Chemikalien zu trinken, schäumt
und schlägt um sich. Dann tritt Beruhigung ein, und die Sitzung kann
geschlossen werden.
Die eben geschilderten Vorgänge bedürfen zunächst einer Erklärung. Der Erregungszustand, in dem sich das Medium vor Beginn einer solchen Sitzung befindet, rührt daher, daß es von einer großen Anzahl von Geistwesen umgeben ist, die es stark umdrängen, gute und böse. Diese wissen, daß jetzt das Schreiben beginnen soll. Sie drängen sich mit Gewalt heran, um dem Medium die Hand zu führen. Es entspinnt sich ein Kampf zwischen den guten und bösen Geistwesen. Diesen Kampf zeigt das Ergreifen, Wiederwegschleudern und Wiederergreifen des Bleistifts. Bekommt das Böse für einige Minuten die Oberhand, dann benutzt es den Körper des Mediums zur Vollführung der oben geschilderten Häßlichkeiten in Wort und Tat.
Welche Gewalt die bösen Geistermächte bisweilen auch den guten Geistern gegenüber entfalten, um sie an ihrem Vorhaben zu hindern, zeigen uns die Berichte der Bibel. Als der hohe Geist Gabriel zu Daniel geschickt wurde, um ihm die Zukunft zu enthüllen, suchte der böse Geist, dem die Herrschaft über das götzendienerische Perserreich übertragen war, ihn daran zu hindern und kämpfte mit ihm 21 Tage, bis Fürst Michael dem Erzengel Gabriel zu Hilfe kam und ihn von dem Ansturm der bösen Mächte befreite. (Daniel 10, 13)
In einer an einem Nationalfeiertag abgehaltenen Versammlung, bei der das Medium und viele andere Personen anwesend waren, hörten diese sowohl wie auch Anwesende und Leute aus der Nachbarschaft Trommelwirbel und Trompetenblasen im Marschtempo. Gleichzeitig schlugen Gläser und Flaschen, die sich in dem Saal befanden, ohne menschliche Berührung aneinander und brachten Töne von vollendeter Harmonie hervor, welche mit bewunderungswürdiger musikalischer Technik einen Militärmarsch wiedergaben.
Mirabelli spielte Billard, ohne das Queue zu berühren. Dieses spielte für sich selbst. Ein Totenkopf bewegte die Kiefer; ein ihm aufgesetzter Hut hob sich, als ob er zum Gruß gelüftet würde.
Alle diese Tatsachen sind von einwandfreien Zeugen beglaubigt. Die Originalschrift betont ausdrücklich, daß zweifelhafte Phänomene von vornherein aus der Veröffentlichung herausgelassen wurden.
In einer Sitzung in Sao Vicente, bei der eine größere Anzahl
von Teilnehmern anwesend war, im Beisein der Ehrengäste Dr. Mario
Alvin und Dr. Annibal des Meneses, ereignete sich folgendes:
Mirabelli saß auf einem Stuhl und wurde von allen Anwesenden scharf
beobachtet. Plötzlich bewegte sich der Sessel und verschob sich samt
dem Medium von seinem Platz, und zwar, wie dies ausdrücklich festgestellt
wurde, ohne Nachhilfe der Beine Mirabellis. Dieser wandte seine Augen zum
Himmel, breitete die Arme aus und schien verzückt. Nach einigen Minuten
stillen Gebetes machte der Stuhl wieder einen heftigen Ruck und hob sich
einige Zentimeter vom Boden. Unter gespannter Aufmerksamkeit wurden Füße,
Arme und Seiten des Mediums beobachtet. Der Stuhl erhob sich mit dem Medium
immer höher in die Luft, schwebte hin und her und erreichte endlich
eine Höhe von zwei Metern vom Fußboden. Die Anwesenden nahmen
sofort eine Nachprüfung des Sitzungszimmers vor. Die Erhebung (Levitation)
dauerte ausgezählte 120 Sekunden. Die Kontrolleure begleiteten den
ohne Stützpunkt in der Luft schwebenden Stuhl. Dieser bewegte sich
in einer bestimmten Richtung fort und war schließlich 2,30 Meter von
seinem ursprünglichen Platz entfernt und senkte sich dann langsam zu
Boden. Das Medium war unterdessen in Trance und sprach mit verschiedenen
Geistwesen. Nach dem Erwachen erinnerte sich Mirabelli an nichts.
Wie bereits in dem Kapitel über die "Medien" gesagt worden ist, sind die
physikalischen Phänomene in den meisten Fällen eine Wirkung niedriger,
wenn auch nicht immer böser Geistwesen. Gute Geister geben sich zu solchen
Experimenten, wie sie in dem vorigen Abschnitt als physikalische Phänomene
Mirabellis angeführt wurden, im allgemeinen nicht her. Ausnahmsweise beteiligten
sie sich an derartigen Dingen, wenn damit ein gottgewollter Zweck verbunden
ist, zum Beispiel einem gottsuchenden Menschen ein Beweis von der Existenz jenseitiger
Geistwesen erbracht werden soll.
Mirabelli befand sich mit verschiedenen Personen auf dem Bahnhof da Luz und war im Begriff, sich nach Santos einzuschiffen, als er plötzlich nicht mehr zu sehen war. Etwa 15 Minuten später wurde aus Sao Vicente, einer 90 Kilometer von da Luz entfernten Stadt, telefoniert, und es stellte sich heraus, daß das Medium genau zwei Minuten nach seinem Verschwinden aus Sao Paulo in Sao Vicente anwesend war.
Gelegentlich einer Sitzung der Untersuchungskommission zu Ehren des Dr.
Enrico de Goes, in Anwesenheit vieler Gelehrter, verschwand Mirabelli
aus dem Sitzungsraum, ohne seine Fesseln gelöst zu haben und ohne eine
Plombe an Fenstern und Türen zu verletzen. Man fand das Medium in einem
Nebenzimmer auf einem Sofa liegend, noch in Trance eine religiöse Hymne
singend.
Diese sogenannten "Apporte" gehören in das Gebiet der Dematerialisierung und Rematerialisierung der Materie. Sie wird an der einen Stelle aufgelöst und in Odform verwandelt, in diesem Zustand durch Wände und verschlossene Türen transportiert und an einem anderen Ort wieder zur festen Materie verdichtet. Die Bibel enthält mehrere Beispiele desselben Vorganges. Der Prophet Habakuk, der aus weiter Ferne an die Löwengrube zu Daniel gebracht wurde. Der Jünger Philippus, der an einer Stelle plötzlich verschwand und in demselben Augenblick in einer weit entlegenen Stadt war, sowie die Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis bei verschlossenen Kerkertüren. – Das alles ist nach denselben Gesetzen der Auflösung und Wiederverdichtung der Materie vor sich gegangen wie bei dem Medium Mirabelli.
Es war in einer Sitzung im Laboratorium der Studienkommission in Santos unter dem Vorsitz der Herren Dr. Estanislau de Camargo, Alberto Riveira und J. F. Schmid. Anwesend waren zahlreiche angesehene Persönlichkeiten. Es war vormittags 9 Uhr. Der Versuchsraum war 10 mal 11 Meter groß. Er lag im Erdgeschoß. Die Straßenfenster waren durch eiserne Riegel abgeschlossen. Der Fußboden bestand aus schmalen Brettern, die eines nach dem anderen darauf untersucht wurden, ob sie nicht für betrügerische Manipulationen zugerichtet seien. Es wurde alles in Ordnung befunden und festgestellt, daß man nur dann ins Zimmer dringen könne, wenn man die dicken Mauern oder die in Stein eingelassenen Türen einrennen würde.
Mirabelli saß auf einem Stuhl. Er erbleichte, als Zeichen, daß Tieftrance eintrat. Seine Augen wurden herausgetrieben und er wand sich, als ob ihn jemand an der Gurgel drosselte. Starker Schweißausbruch trat auf. Plötzlich hörte man von einem Tisch des Saales her drei Schläge, und eine kindliche Stimme rief: "Papa!" – Dr. Ganymed de Souza, einer der Anwesenden, erklärt tief ergriffen, er erkenne die Stimme seines Töchterchens, das in der Hauptstadt an der Grippe gestorben war. Während alle in höchster Spannung warteten, erblickte man endlich an der Seite des Mediums die Gestalt eines Mädchens. Der Vater, kaum mehr seiner Sinne mächtig, tritt aus dem Kreis, ruft seine Tochter an, geht zu ihr hin und schließt sie in die Arme. Unter Schluchzen versicherte Dr. de Souza immer wieder, daß er seine Tochter umarme und daß das Kleid, welches die Erscheinung trage, dasselbe Kleid sei, mit dem man sein Kind in das Grab gelegt hätte.
Während dieses Vorganges lag Mirabelli wie im Todeskampf. Er war zusammengekauert, wachsfarben, mit vollkommener Muskelerschlaffung, schwacher und pfeifender Atmung. Der Puls war kaum zu fühlen.
Coronel Octavio Viana erhob sich, um sich ebenfalls von der Wirklichkeit der Erscheinung zu überzeugen. Auch er nahm die Kleine in die Arme, fühlte ihr den Puls, schaute ihr in die tiefen unergründlichen Augen, stellte Fragen an sie, die sie mit monotoner, trauriger Stimme, aber sinngemäß beantwortete. Viana bestätigte ebenfalls die Echtheit der Erscheinung. Dr. de Souza frischte Kindheitserinnerungen seiner Tochter auf und erhielt verständnisvolle Antworten.
Die Erscheinung wurde fotografiert.
Ein Bild davon ist dem Bericht der Untersuchungskommission beigegeben.
Nach der fotografischen Aufnahme begann das Kind im Raume zu schweben. Es erhob sich in die Luft und tummelte sich wie ein Fisch in seinem Element. Die Teilnehmer waren aufgestanden und gingen hinter der Erscheinung her, die mit der Hand leicht erreichbar war. Das Medium machte mit seinen Unterarmen die Bewegungen des schwebenden Kindes gleichzeitig mit. Nachdem das Mädchen noch einige Sekunden in der Luft schwebend gesehen worden war, verschwand es plötzlich. Es hatte sich 36 Minuten bei Tageslicht unter einwandfreien Bedingungen einer Versammlung gebildeter Männer gezeigt, welche bezeugen, daß sie ein ausgebildetes menschliches Wesen vor sich hatten. Dr. Ganymed de Souza verlor sein Kind zum zweitenmal – so tief hatte ihn das Erlebnis ergriffen.
Das Protokoll dieses Vorganges ist von zehn Doktoren der Wissenschaft, die dabei anwesend waren, zur Beglaubigung der Richtigkeit unterschrieben.
Nachdem das Medium die ungeheure Nervenanspannung des eben geschilderten Phänomens überwunden hatte, blieb es noch lange zitternd und erschöpft. Es war noch nicht wieder bei Kräften, da kam aus einem Schrank, in dem sich ein für Studienzwecke bestimmter Totenschädel befand, heftige Schläge. Der Totenschädel wurde von einer unsichtbaren Kraft wütend hin- und hergeschleudert, als ob er sein Gefängnis sprengen wollte. Ein Teilnehmer näherte sich dem Schrank, um ihn zu öffnen. Aber dessen Türen sprangen plötzlich von selbst auf. Der Totenschädel kam heraus und stieg unter greulichem Zähneklappern in die Luft.
Dr. Ganymed de Souza wunderte sich im Stillen, daß nicht auch das zum Kopf gehörige Skelett sich zeige. Wie zur Antwort bildeten sich sofort der Halswirbel, dann Brustkorb und Arme, die Wirbelsäule, Beckenknochen, die Beine und schließlich die Füße mit allen Knochen. Das Medium, an beiden Armen gehalten, stößt eine Menge schaumigen Speichel aus und schlägt auf seinem Stuhl wütend gegen sich selbst. Alle Schlagadern scheinen gestaut und pochen heftig. Mirabelli verbreitet einen starken Leichengeruch, der die Anwesenden in hohem Maße belästigt und das Zimmer derart verpestet, daß selbst frische Luft ihn nicht vertreibt. Das Skelett stellt sich auf die Beine und schickt sich an, mit unsicheren, großen Schritten durch das Zimmer zu gehen. Scheint es zu stürzen, so bringt es sich wieder ins Gleichgewicht.
Dr. Ganymed de Souza sucht sich durch Berührung von der Echtheit der Erscheinung zu überzeugen. Er beklopft die harten schmierigen Knochen, empfindet einen Nervenschlag und kehrt wieder an seinen Platz zurück.
Das Medium krümmt und windet sich auf seinem Stuhl und ist nur mit Mühe festzuhalten.
Das Skelett setzt seinen unheimlichen Rundgang fort.
Die Teilnehmer, angeregt durch das Beispiel des Dr. Ganymed de Souza, überwinden ihren Abscheu, erheben sich einer nach dem anderen und berühren diese düstere Verkörperung des Todes und des Nichts. Alle sind erschüttert. Der Leichengeruch bleibt bestehen. Das Skelett beginnt langsam, in ausgezählten Minuten, sich aufzulösen, anfangend bei den Füßen, bis schließlich nur mehr der Schädel in der Luft schwebt, der nun nicht mehr mit den Kinnladen klappert, sondern auf den Tisch fällt und dort liegenbleibt.
Alles das geschah um 9.45 Uhr vormittags bei strahlender Sonne unter einer fast polizeimäßigen Kontrolle in Gegenwart vieler gebildeter Persönlichkeiten und währte 22 ausgezählte Minuten.
Während die Anwesenden noch das vorhergehende Erlebnis besprachen, geriet das Medium wieder in einen Erregungszustand und behauptete, im Zimmer die Gestalt des Bischofs Dr. Jose de Camargo Barros zu sehen, der beim Schiffbruch der "Syrio" ums Leben gekommen war. Die Unterhaltung wurde schnell abgebrochen und Mirabelli unter die vorschriftsmäßige Kontrolle genommen, welche die Herren Ataliba de Aranha und Odassio Sampaio übernahmen.
Süßer Rosenduft erfüllte das Zimmer.
Das Medium fiel in Trance.
Innerhalb des Zirkels wurde plötzlich ein feiner leichter Nebel gesehen, auf den sich alle Augen richteten. Der Nebel teilte und verdichtete sich, glänzte wie eine goldene Wolke, aus der sich langsam in ausgezählten Minuten eine Gestalt ablöste, die lächelnd, das bischöfliche Barett auf dem Haupte, angetan mit allen Insignien seiner Würde, sich vom Stuhl erhob und mit lauter, allen vernehmbarer Stimme seinen Namen: Dr. Jose de Camargo Barros nannte. Die Anwesenden vergewisserten sich, daß sie keiner Täuschung zum Opfer fielen.
Dr. Ganymed de Souza erhob sich, näherte sich furchtlos mit mehreren Schritten der Erscheinung und blieb ihr gegenüber stehen. Diese sagte nichts, lächelte dem Forscher zu, der nun ganz an sie herantrat, sie berührte, sie gründlich abklopfte, gegen die Zähne schlug, mit dem Finger den Gaumen prüfte, um das Vorhandensein von Speichel festzustellen. Er horchte Herz und Atmung ab, legte sein Ohr auf den Bauch des Bischofs, um sich von der Tätigkeit der Eingeweide zu überzeugen, untersuchte Nägel und Augäpfel, deren Blutäderchen er noch besonders prüfte, und kehrte auf seinen Platz zurück. Kein Zweifel – es war ein Mann, der hier weilte.
Die übrigen Beobachter folgten dem Beispiel des Dr. Ganymed de Souza, und allen zeigte sich der geheimnisvolle Gast gleich gefällig. Alle überzeugten sich, daß kein frivoles Spiel mit ihnen getrieben wurde, sondern daß tatsächlich ein menschliches Wesen mit menschlichen Organen vor ihnen stand. Der Bischof unterhielt sich mit den Anwesenden in reinem, gewähltem Portugiesisch. Zum Schluß sagte er:
"Nun geben Sie wohl acht, wie ich verschwinde!"
Er begab sich zu dem Stuhl des Mediums, welches in Tieftrance lag. Die Teilnehmer verfolgten gespannt jede einzelne Bewegung, damit ihnen nicht das Interessanteste des Phänomens, nämlich die Dematerialisation, entginge.
Bei dem immer noch in Trance befindlichen Medium angelangt, beugte sich
der Bischof über Mirabelli, legt ihm die Hände auf und betrachtete
ihn eine Weile schweigend. Die Anwesenden bildeten um die beiden einen Kreis.
Der materialisierte Körper des Bischofs zuckte mehrmals heftig zusammen,
begann zu schwinden und wurde immer kleiner. Das Medium, in kaltem Schweiß
gebadet, röchelte laut. Die Erscheinung verkürzte sich auf etwa
30 Zentimeter und verschwand dann mit einer Plötzlichkeit, die nicht
zu beschreiben ist. Wieder erfüllte starker, süßer Rosenduft
den Raum. Mirabelli kam langsam zu sich. Die Nachuntersuchung ergab keine
natürliche Erklärung des Vorgefallenen.
In Santos, dem Sitz der Akademie, wurde um 15.30 Uhr eine Nachmittagssitzung gehalten. Die Ergebnisse dieser Sitzung sind durch 60 Unterschriften bestätigt.
Nachdem zuerst die Gestalt einer mit den Anwesenden plaudernden Frau erschienen und wieder verschwunden war, hob sich nach wenigen Minuten eine Glocke in die Luft und läutete mit silberhellem Ton. Mirabelli erwachte aus der Trance und behauptete, neben dem Tisch eine ehrfurchtgebietende Gestalt zu sehen, die in weißes Linnen gekleidet und von einer glänzenden Aura umgeben sei. Die Glocke in der Luft läutete unaufhörlich. Verschiedene abseits sitzende Anwesende erhoben sich und näherten sich dem eigentlichen Zirkel, der durch die Untersuchungskommission gebildet wurde.
Nun vernahm man einen Lärm, als ob jemand mit den Absätzen hart auf den Boden auftrete. Da verkündeten die Herren Oberst Soares und Dr. Octavio Moreira Cavalcanti die Anwesenheit des verstorbenen Dr. Bezerra de Meneses, der als hervorragender Kliniker in aller Andenken stand. Die Erscheinung wandte sich zu den Anwesenden, sprach mit ihnen über seine Person und bestätigte ihnen seine Gegenwart. Die Sprache und die bestimmte Art des Auftretens machte auf alle einen tiefen Eindruck. Das Megaphon trug seine Stimme durch den ganzen Raum. Es gelangen verschiedene fotografische Aufnahmen.
Die Herren Dr. Assumpcion und Dr. Mendonca näherten sich nun der verhüllten Gestalt und unterwarfen sie einer eingehenden Untersuchung, welche 15 Minuten dauerte und den Beweis lieferte, daß es sich um eine mit allen natürlichen Organen versehene, anatomisch genau gebaute menschliche Gestalt handle. Hierfür bürgen die anwesenden Gelehrten mit ihren Namen.
Nachdem die Geisterverkörperung den Anwesenden die Hand gedrückt hatte, kündigte sie ihr Verschwinden an. Sie schwebte wie ein Flugzeug durch die Luft. Zuerst verschwanden die Füße, dann die Beine, schließlich der Unterleib. Nur Brust, Arme und Kopf waren noch sichtbar.
Dr. Archimedes Mendonca, der wie die übrigen Anwesenden den Vorgang mit heftiger Spannung verfolgt hatte, näherte sich dem noch vorhandenen Rumpf der Materialisation und griff danach. Da fiel er wie leblos zu Boden, während das Gebilde völlig verschwand. Dr. Mendonca kam im Nebenzimmer wieder zu sich. Er behauptete, eine klebrige Masse zwischen den Fingern gefühlt zu haben, ehe ihm die Sinne schwanden.
Mirabelli befand sich nach dem Erwachen in einem Zustand starker Erschöpfung.
Seine Fesseln erwiesen sich als unversehrt. Ebenso die Plomben der Türen
und Fenster.
Der Bericht der Untersuchungskommission enthält 34 Abbildungen, von denen die ersten drei die Versuchsbedingungen die Verschnürung Mirabellis sowie die Überwachung durch die Kommission darstellen. Außerordentlich merkwürdig ist die Aufnahme, bei welcher Mirabelli in weißem Kostüm sich mitten in dem vierzehnköpfigen Untersuchungskomitee befindet. Seine Unterarme sind dematerialisiert. Links sieht man nichts und rechts nur einen leichten Schatten an deren Stelle.
Am interessantesten aber sind die 18 Bilder der Geisterverkörperungen. Bei den meisten befindet sich die materialisierte Gestalt mit dem Medium zusammen auf der Platte. In einzelnen Fällen wurde die Gestalt allein aufgenommen. In einigen Fällen sitzt die Verkörperung mit dem Medium und den Versuchsleitern um den Tisch, und man könnte glauben, es handle sich um eine lebendige Person, die zu dem Kreise der Kommission gehöre.
Die Schriftleitung der Zeitschrift für Parapsychologie sagt mit Recht.
An anderer Stelle ist auf die wichtige Tatsache hingewiesen worden, daß die hohen Geister, wenn sie im Auftrag Gottes den Menschen Kundgebungen vermitteln sollen, das erforderliche Od in unbegrenztem Maße zur Verfügung gestellt bekommen, so daß sie auf menschliche Medien nicht angewiesen sind. Aber die Gesetze ihrer Kundgebungen sind dieselben.
Das Sprechen und Schreiben Mirabellis in den vielen fremden Sprachen und über die mannigfachsten Themata geschieht durch die verschiedenen Geistwesen, die sich des Mirabelli bloß als Werkzeug bedienen. Die Apporte kommen dadurch zustande, daß die Geisterwelt mit Hilfe der Odkraft des Mediums die Kraftströme erzeugt, die zur Auflösung der Materie und zu ihrer Wiederverdichtung erforderlich sind. Die Materialisierung und Dematerialisierung der Geister erfolgen unter Anwendung derselben Kraftströme und unter Verwendung des Ods und der körperlichen Materie des Mediums.
In dem deutschen Auszug des brasilianischen Berichtes ist leider nicht erwähnt, wie groß der Gewichtsverlust des Mediums während der Zeit der Geisterverkörperungen gewesen ist.
Die betäubenden Schläge, welche diejenigen erlitten, die das in Auflösung begriffene Phantom berührten, kamen von den odischen Kraftströmen her, welche die Auflösung bewirkten. Dieselbe Einwirkung der Kraftströme würden diejenigen an sich erfahren haben, die den Versuch gemacht hätten, die sich bildenden Verkörperungen zu berühren. Bei vollendeter Materialisation sind die Ströme ausgeschaltet, und ihre Berührung hat keinerlei nachteilige Folgen.
Daß bei den materialisierten Geistwesen alle Organe des menschlichen Körpers vorhanden waren, ist darin begründet, daß der Geist diese Organe geistig besitzt. Er braucht sie mit Hilfe des menschlichen Ods bloß entsprechend zu verdichten, um sie in der materiellen Form eines menschlichen Leibes sichtbar zu machen. Derselbe Vorgang vollzog sich ja auch bei Mirabelli selbst, als er aus dem Sitzungsraum durch verschlossene Türen hindurch verschwand und nachher in einem anderen Zimmer lag. Das Verschwinden aus dem verschlossenen Raum war nur möglich, indem sein materieller Körper in einen Odkörper aufgelöst wurde. Dieser Odkörper wurde dann in dem anderen Zimmer wieder zum festen Körper materialisiert in derselben Weise und nach denselben Gesetzen, wie bei den materialisierten Geistern die Verkörperung vor sich ging.
Der liebliche Duft des Ods der hohen Geister im Gegensatz zu dem Leichengeruch
der materialisierten tiefen Geister ist durch das, was in der Odlehre über
den Odgeruch gesagt wurde, hinreichend klar.