Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes
Christus - sein Leben und sein Werk (5)
   


 

7. 4 Das Leiden Christi in seiner Bedeutung für die Erlösung

Alle Gesandten Gottes haben bei Erfüllung ihres Auftrages von der Menschheit Schweres zu erdulden gehabt. Alle hatten einen bitteren Leidensweg zu gehen. Sie waren die Gefäße, in denen Gottes Licht und Wahrheit leuchtete. Aber die im Banne der Finsternis liegenden Menschen konnten das Licht nicht vertragen. Es schien ihnen zu hell in ihren von Sünden kranken Augen. Sie wandten sich von dem Lichte ab und suchten die menschlichen Gefäße zu vernichten, die als Leuchter für das Licht Gottes dienten.

So war es zu allen Zeiten.

So ist es auch heute und so wird es so lange bleiben, als es sündenkranke Menschenaugen gibt, die es schmerzt, wenn ihnen das Licht der Wahrheit vorgehalten wird. Die bösen Mächte und die von ihnen geknechteten Menschen hassen das Licht und die Lichtträger und bieten ihre ganze Kraft zum Vernichtungskampfe gegen sie auf.

Wie furchtbar mußte daher vor allem auch das Wüten sein, das gegen den größten Lichtträger, der je zur Erde kam, von seiten des Bösen einsetzte, um ihn unschädlich zu machen!

Wie bitter mußte der Leidensweg werden, den Christus zu gehen hatte!

Das, was Christus innerlich unter den Anfechtungen des Bösen zu erdulden hatte, entzog sich den Augen der Menschen. Darum berichtet auch die Bibel nichts darüber. Sie bringt bloß die so wenig sagende Erzählung von der Versuchung Jesu in der Wüste. Und doch waren diese Angriffe Satans so furchtbar, daß alle früheren Gottgesandten zum Abfall von Gott gebracht worden wären, wenn Gott den Höllenmächten gestattet hätte, mit solcher Stärke gegen sie vorzugehen, wie er es ihnen bei Jesus erlaubte.

Aber auch die körperlichen Leiden, die er bis zu seinem letzten Atemzug am Kreuze zu erdulden hatte, waren derart, daß ihnen die anderen Gottgesandten, vor allem in Verbindung mit den gleichzeitigen Seelenqualen, nicht hätten standhalten können.

Für Christus hatte sein Leidensweg allerdings eine wesentlich höhere Bedeutung als für die anderen Propheten Gottes. Für diese war mit dem Abschluß ihres Menschenlebens ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie Gott treu blieben. Für Christus war sein menschliches Leiden jedoch bloß die Erfüllung eines Teiles seiner Aufgabe. Den Hauptteil dieser Aufgabe hatte er nach seinem irdischen Tode als Geist durch einen Sieg über die Mächte der Finsternis zu lösen. Der Kreuzestod war bloß die Vorbedingung für diesen Sieg. Zwar nicht der Kreuzestod als solcher, sondern das Ertragen des Kreuzestodes, ohne dadurch zum Abfall von Gott gebracht zu werden. Christus hätte ja, schon am Kreuze hängend, noch im letzten Augenblick an Gott verzweifeln und dem Bösen verfallen können. Dann wäre er zwar auch am Kreuze gestorben, aber als ein von Satan Besiegter und von Gott Abgefallener. Bis dahin stand er in der Verteidigung gegen das furchtbare Trommelfeuer höllischer Angriffe.

Konnte jedoch Christus weder durch die seelischen Anfechtungen noch durch die furchtbaren körperlichen Leiden als Mensch von den Höllenmächten niedergekämpft werden, dann begann im Augenblick des irdischen Todes Jesu der zweite Teil des Befreiungskampfes. Er, der als Mensch in der Verteidigung gegen die Höllenmächte stand, ging nun als Geist zum Angriff gegen sie vor, um den endgültigen Sieg über sie zu erringen. Er stieg zum Entscheidungskampfe in die Hölle hinab. 'Abgestiegen zu der Hölle!'

Doch möchte ich zunächst noch bei dem ersten Teil dieses wichtigsten Kampfes, der je ausgefochten wurde, etwas länger verweilen. Ich möchte mit dir die menschlichen Leidensstunden Christi durchgehen, die ihr die 'Passion' nennt. Ihr Menschen würdigt ja viel zu wenig das unsagbare Leiden, das dieser gottgesandte Kreuzträger zu eurer Rettung erdulden mußte.

Am Abend vor seinem Tode befand er sich mit seinen Jüngern im Abendmahlsaale.

Das Ostermahl, das er mit ihnen hielt, war zugleich ein Abschiedsmahl. Aber wer vermag den Seelenschmerz zu ermessen und nachzuempfinden, der ihn hier durchzitterte! – Er wußte durch die Geisterboten Gottes, daß bereits alle Vorbereitungen zu seiner Gefangennahme und beschleunigten Hinrichtung getroffen waren. Er wußte, daß einer seiner Jünger Verhandlungen mit den Hohen Priestern geführt und sich gegen einen Verräterlohn von 30 Silberlingen bereiterklärt hatte, ihnen seinen Meister in die Hände zu liefern. Und dieser Verräter lag in diesem Augenblick mit ihm an demselben Tisch. Sie saßen nämlich nicht, wie ihr annehmt und eure Bilder es darstellen, an einem langen Tisch, sondern lagen auf Tierfellen, deren Köpfe zu einem Ruhepolster erhöht waren, zu je drei an kleinen, niedrigen Tischchen, mit dem einen Arm sich auf das Polster stützend und mit dem anderen die Speisen essend, die vor ihnen standen. Mit Christus zusammen an demselben Tischchen lagen Johannes und Judas: Johannes zu seiner Linken mit seinem Haupt nahe an der Brust des Meisters, an der anderen Seite Judas. Dieser wagte nicht, seine Augen zum Meister zu erheben und sehnte sich nach dem Augenblick, wo er unauffällig den Saal verlassen konnte.

Wie schnitt es dem Meister ins Herz, diesen seinen Jünger als Verräter vor sich zu sehen, dessen furchtbaren Tod er vorauswußte. 'Es wäre ihm besser, wenn er nicht geboren wäre.' – Jesu Augen füllten sich mit Tränen, als er ihn immer wieder anschauen mußte. Sein Herz hing mit Liebe auch an diesem verlorenen Bruder. Vor seinem Geist stieg das Bild auf, das schon nach wenigen Stunden Wirklichkeit werden sollte: Judas in Erkenntnis seiner Freveltat mit Verzweiflung im Herzen und einem Strick in der Hand vor dem Baume stehend, an dem er sich erhängte, und neben ihm Luzifer, um den Geist des von ihm Verführten mit sich in die Tiefe zu nehmen. – Der Meister schüttelte sich vor Entsetzen bei diesem Bilde.

Und die anderen Apostel?

Werden sie ihm in seinen schweren Marterstunden tröstend und helfend zur Seite stehen?

Er sah den Schicksalsfilm der nächsten zwölf Stunden sich vor seinem geistigen Auge abrollen. Er sah sie alle von ihm fliehen, aus Angst für das eigene Leben, sah einen Petrus in Todesangst zitternd vor einer Türhüterin stehen und die Zugehörigkeit zu seinem Meister unter einem Eidschwur ableugnen. Er sah die Teufel sich schon an der Tür des Abendmahlsaales drängen, um seine Jünger beim Verlassen des Saales in Empfang zu nehmen und sie in dieser Nacht an ihrem Meister irrewerden zu lassen, damit sie dem für den Tod Bestimmten keine Stütze sein und ihm keinen Beistand leisten konnten. –

'Satan, hat verlangt, euch sieben zu dürfen wie den Weizen.' –

Warum hatte Satan dies verlangt?

Gott offenbarte ihm, daß Christus, falls er in dem nun beginnenden Todesleiden standhaft bliebe, nachher als Geist im Verein mit den himmlischen Legionen gegen die Hölle zum Angriff schreiten, ihn – den Fürsten der Hölle – besiegen und ihm einen wesentlichen Teil seiner Herrscherrechte entziehen werde.

Satan erbebte bei dieser Kunde.

Nun verlangte er von derselben Gerechtigkeit Gottes, die ihm einst das unbeschränkte Recht über die gefallenen Geister eingeräumt hatte, für diesen Entscheidungskampf vollständige Neutralität von seiten Gottes. Gott sollte seine Hand von Jesus wegziehen und ihm auch keine menschliche Hilfe gewähren, andererseits aber der Hölle in allem freie Hand lassen. Würde Gott dieser Forderung nachgeben, so hoffte Luzifer, bei Anspannung aller seiner Kräfte diesen Jesus von Nazareth im letzten Augenblick doch noch mürbe machen und zur Verzweiflung treiben zu können.

Gott erfüllte das Verlangen Satans mit der einzigen Ausnahme, daß er sich eine Stärkung der rein körperlichen Lebenskraft Jesu vorbehielt. Denn ohne diese Stärkung wäre Christus schon im Garten Gethsemane gestorben, und sein Leidensschicksal hätte sich nicht vollenden können.

Alles seelische und körperliche Leid der Erde sollte nach dem Verlangen Luzifers auf wenige Stunden zusammengedrängt über dem Haupte seines Gegners zusammenschlagen und gleichzeitig die Hölle mit ihrer ganzen Macht auf ihn und seine Getreuen eindringen dürfen. So sollte dem Alleinstehenden, vom eigenen Jünger Verratenen, von den übrigen im Stich Gelassenen und ohne Hilfe Gottes der Hölle Preisgegebenen das Ende eines Judas bereitet werden.

Schon jetzt, als Jesus nach dem Weggang des Judas Brot und Wein als Sinnbild seines Sterbens den Aposteln darreichte und die Abschiedsworte an sie richtete, da blutete sein Herz aus tausend Wunden. Er war Mensch wie ihr und hatte auch in dieser und den folgenden Stunden vor anderen Menschen nichts voraus. Im Gegenteil, ihm fehlte überdies noch alles das, was sonst den Menschen in ihren Leidensstunden als Quelle des Trostes und der inneren Aufrichtung zu dienen pflegt.

Nun geht er in die dunkle Nacht hinaus zum Garten Gethsemane.

Die Nacht ist keines Menschen Freund, vor allem keines Leidgequälten. Die Jünger, an denen schon die bösen Geistermächte am Arbeiten sind, gehen in banger Erwartung der Dinge, die da kommen sollen, schweigend neben ihm her. Auch er schweigt unter dem Drucke tiefster Seelenqual.

Im Garten an der einsamen Stelle, die er sich für sein Gebet um Stärke auserwählt, wartet schon Luzifer mit seinen stärksten Höllenmächten, um den Kommenden mit vereinten Kräften seelisch niederzuringen. Jetzt ist ja die Stunde, die Gott dem Fürsten der Finsternis zugebilligt.

Menschliche Worte vermögen das nicht wiederzugeben, was die Hölle in dieser einen Stunde an Schrecknissen über ihr Opfer ausgegossen hat. Wie einst derselbe Luzifer bei der Versuchung in der Wüste diesem Menschensohn alle Reiche der Welt in ihrer Herrlichkeit zeigte, um ihn damit zum Abfall zu verlocken, so führt er ihm jetzt zu demselben Zwecke das Furchtbarste und Häßlichste vor Augen, das es in dieser Menschheit gibt. Er läßt die Gott lästernde und dem Bösen verfallene Menschheit in allen Einzelbildern des Unglaubens und Lasters an seinen Augen vorüberziehen. Bild folgt auf Bild... grauenhaft!

Dann zeigt er Jesus die angeblichen 'Früchte' seiner vieljährigen Tätigkeit unter dem jüdischen Volke als dem Volke Gottes, zeigt hohnlachend auf seine Jünger, von denen der eine als Verräter mit einer Horde im Anzug ist, während die anderen nicht weit von ihm liegen und schlafen und in dieser qualvollen Stunde kein liebes Wort für ihren Meister finden und nicht eine Stunde mit ihm wachbleiben können.

'Und für eine solche Menschheit willst du zur Besiegelung deiner Lehre sterben?', hört er Luzifer höhnen. 'Für diese Menschheit, die deinen Vater verlästert und dich als einen Narren verhöhnen wird, wenn du dein Leben für solche Verbrecher hingibst. - Und wie wirst du sterben?' -

Und nun drehte er den Leidensfilm vor dem hellsehenden Auge seines an allen Gliedern zitternden Opfers: Die Gefangennahme, die Flucht der Jünger, die Verleugnung des Petrus, das blutdürstige Geheul jenes Volkes, das ihm noch vor wenigen Tagen das Hosanna zugerufen, das Todesurteil, die Geißelung, die furchtbaren Mißhandlungen, die Dornenkrönung, den Kreuzweg, die Kreuzigung – alles in den schauerlichsten Bildern, nur um ihn zu einem seelischen Zusammenbruch und zur Verzweiflung zu bringen. Und gleichzeitig hämmerten die Geister der Trostlosigkeit und der Verzweiflung die entsetzlichsten Gedanken in den Geist dieses von allen Verlassenen.

Seine Pulse rasten, sein ganzer Leib erzitterte im höchsten Fieberschauer, das Herz drohte zu zerspringen. Todesangst befiel ihn, und mit dem Angstschweiß wurden auch Blutstropfen durch die Poren hindurchgepreßt und rannen zur Erde.

Die Jünger schliefen, während sich das Furchtbare bei ihrem Meister abspielte.

Die Bilder der Leidensgeschichte Jesu hat euere Bibel in wenigen Strichen gezeichnet, die euch das wirkliche Erleben dessen nicht nahebringt, was an seelischen und körperlichen Martern dem Erlöser bereitet worden ist.

Auch sind manche der schlimmsten Qualen in eurer Bibel überhaupt nicht erwähnt. So sind die entsetzlichen Stunden mit Stillschweigen übergangen, die Jesus in den unterirdischen Kellern der Statthalterei hat zubringen müssen. In diese nassen, von den abscheulichsten Tieren wimmelnden dumpfen Verließe hatten die Soldaten Jesus nach seiner Geißelung, Dornenkrönung und Verhöhnung geschleppt, nachdem sie vorher die zahllosen tiefen Wunden des von den Geißelhieben zerfetzten Leibes voll Salz gestreut und ihm die Hände gebunden hatten, damit er sich nicht durch Entfernung des Salzes eine Linderung der unmenschlichen Qualen verschaffen konnte.

Nie hat ein Mensch eine solche Marter zu erdulden gehabt, wie dieser menschgewordene Gottessohn.

Die Hölle hat durch ihre irdischen Werkzeuge bei ihm das Äußerste versucht, weil sie ihn als den größten Gegner erkannte, der auf die Erde kommen konnte. Aber das, was sie ihm an leiblichen Schmerzen bereitete, kam dem nicht gleich, was er an seelischen Leiden zu tragen hatte. Und zwar lasteten die körperlichen und seelischen Qualen gleichzeitig auf ihm. Dazu fehlte ihm bis zum letzten Augenblick jeder menschliche Trost und, was noch schlimmer war, auch jede göttliche Hilfe. Gott zog seine stärkende Hand von ihm weg und überließ ihn hilflos den Mächten der Hölle. Der Schrei des am Kreuze mit dem Tode Ringenden: 'Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?' verrät die ganze Größe dessen, was er im Augenblick höchster irdischer Qual an tiefster innerer Verlassenheit zu erdulden hatte.

Es ist unrichtig, wenn eure Bibel berichtet, daß unter dem Kreuze die Mutter Jesu mit Johannes gestanden habe.

Auch dieser äußere Trost war ihm versagt.

Von allen, die ihn am meisten liebten, war keiner bei der Kreuzigung anwesend. Sie hätten den Anblick nicht ertragen können. Oder wo wäre eine menschliche Mutter, die zusehen könnte, wie ihr Kind ans Kreuz genagelt wird. Und dazu soll nach eurer Annahme Maria unter dem Kreuze sogar gestanden haben. Wäre sie dort gewesen, so hätte sie sicherlich nicht gestanden, sondern wäre ohnmächtig zusammengebrochen.

Darum ist es auch unrichtig, daß Jesus vom Kreuze herab zu seiner Mutter und zu Johannes die Worte gesprochen haben soll: 'Mutter, siehe deinen Sohn - Sohn, siehe deine Mutter!' - Wohl hat er ähnliche Worte an seine Mutter und an Johannes gerichtet, als er nach dem von Pilatus verkündeten Todesurteil aus der Statthalterei heraustrat und seine Mutter und Johannes im tiefsten Seelenschmerz sich an ihn klammerten, bis die Soldaten sie wieder von ihm wegrissen.

Zur Gerichtssitzung waren Mutter und Jünger gekommen.

Die Mutter hatte immer noch auf einen günstigen Ausgang gehofft. Sie mußte immer wieder an das Opfer Abrahams denken, dessen Sohn Gott auch noch im letzten Augenblick, als schon das Schlachtmesser gezogen war, vor dem Tode bewahrte.

Auch bei euch bleibt keine Mutter von der Gerichtssitzung fern, bei der es sich um Leben und Tod des Kindes handelt. Aber auch keine Mutter geht mit auf den Richtplatz, um zu sehen, wie ihr Kind hingerichtet wird.

Der Anblick seiner vor Schmerz und Entsetzen taumelnden Mutter schnitt Jesus tief in die Seele. Er wollte sie der Qual, das Leiden ihres Sohnes mitanzusehen, nicht länger aussetzen. Darum bat er Johannes, sie mit sich in sein Haus zu nehmen, bis alles vorüber sei, und er redete seiner Mutter liebevoll zu, mit Johannes zu gehen und Gott um Stärke in dieser schweren Stunde zu bitten. Denn was jetzt mit ihm geschehe, sei der Wille seines himmlischen Vaters. Sie werde ihn nach drei Tagen wiedersehen.

Johannes kam dem Wunsche des Meisters nach und brachte diese mit tausend Schmerzensschwertern durchbohrte Mutter, die sich nur mit äußerster Kraftanstrengung aufrecht halten konnte, in seine Wohnung. Er nahm sie nicht von dieser Stunde an zu sich, wie eure Übersetzung lautet, sondern er nahm sie aus dieser qualvollen Stunde heraus mit sich in sein Haus. Dorthin kamen nach und nach alle Getreuen Jesu. Später, als man annehmen konnte, daß die Kreuzigung vorüber sei, gingen einige, darunter auch Maria Magdalena, an einen Platz, von wo aus sie die Kreuzigungsstätte sehen konnten, und berichteten nachher den Tod Jesu.

Die Mutter Jesu blieb bei Johannes nur so lange, als sie in Jerusalem weilte. Nachher ging sie wieder nach Nazareth. Dort waren ja ihre anderen Kinder und dort hatte sie ihr Heim. Selbstverständlich ging sie oft nach Jerusalem zu den Aposteln, solange diese dort wohnten, besonders zu Johannes.

Wie Christus während seines Lebens durch die Kraft Gottes als Gottgesandter bestätigt wurde, so auch in seinem Tode. Die Sonne verfinsterte sich drei Stunden lang. Es war keine natürliche Finsternis, sondern eine durch Gottes Kraft bewirkte.

Und in dem Augenblick, wo Christus seinen Geist aufgab, zerriß der Vorhang des Tempels von oben bis unten zum Zeichen, daß die Scheidewand zwischen dem Reiche Gottes und dem Reiche Satans durch den Tod Jesu gefallen sei. – Die Erde erbebte und die Felsen zersprangen.

Aber was eure Bibel im Matthäus-Evangelium berichtet, daß nämlich die Toten aus den Gräbern gekommen und vielen in Jerusalem erschienen seien, ist eine Fälschung eines ursprünglich richtigen Textes. Dieser lautete:

'Da zerriß der Vorhang im Tempel von oben bis unten in zwei Stücke, die Erde erbebte, die Felsen zersprangen, die Gräber wurden auseinandergerissen und viele Leichen der Entschlafenen wurden herausgeschleudert. Viele, die aus der Stadt herausgekommen waren, konnten die Leichen dort liegen sehen.'
In diesem richtigen Text wird also der ganz natürliche Vorgang berichtet, daß durch die Erdstöße die in die Felsen gehauenen Grabkammern auseinandergerissen und die Leichen an die Oberfläche geschleudert wurden. Da nun viel Volk zu dem Schauspiel der Kreuzigung aus der Stadt herausgeströmt war, konnten diejenigen, die an den auseinandergesprengten Grabstätten vorbeikamen, die herausgeschleuderten Leichname dort liegen sehen. Hier hast du wieder eines von den zahlreichen Beispielen, wie man in der Vergangenheit die Heiligen Urkunden aus ganz bestimmten Absichten fälschte. Um für diese Lehre in der Bibel eine Beweisstelle zu schaffen, hat man außer anderen Stellen auch diese Bibelstelle gefälscht, indem man folgende Änderungen an dem richtigen Text vornahm: Anstatt der Worte: 'Die Leichen der Entschlafenen wurden herausgeschleudert' setzte man die Worte: 'Die Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt.' Aber eine noch größere Schwierigkeit hatte man bei dieser Fälschung zu überwinden. Es wäre nämlich nach der Lehre der Kirche nicht möglich, daß Leiber von Verstorbenen auferstehen konnten, noch bevor Christus auferstanden war. Denn Christus stand ja als erster von den Toten auf. Darum setzte man hinzu: 'Sie kamen nach dessen Auferstehung in die Heilige Stadt und erschienen vielen. '

Dabei spielt es keine Rolle, ob sie am Karfreitag oder am Ostersonntag den Leuten in Jerusalem erschienen sein sollen. Und dann - wo haben sich denn diese schon am Karfreitag angeblich auferstandenen Leiber während der nächsten Tage aufgehalten? Und wo sind sie nach dem Ostersonntag hingegangen? Sind sie wieder in die Gräber zurückgekehrt oder was ist aus ihnen geworden? – Es ist merkwürdig, daß den drei anderen Evangelisten nichts von dieser Auferstehung von Leibern der Toten am Karfreitag bekannt ist. Aber auch Matthäus hat in Wirklichkeit nichts dergleichen berichtet, wie du aus meinen Richtigstellungen ersiehst.

 

 

7. 5 Abstieg in die Hölle und Sieg

Jesus war tot.

Sein Geist hatte sich im irdischen Sterben von der materiellen Hülle getrennt.

Als Mensch war er allen Angriffen der Hölle gegenüber standhaft geblieben. Somit hatte er den ersten und wichtigsten Teil seiner Messias-Aufgabe gelöst. Er war von der Hölle nicht besiegt worden. Damit war er selbst aber noch nicht Sieger über den Feind, dem er standgehalten hatte. Denn wenn zwei miteinander kämpfen und der eine wehrt alle Angriffe des anderen ab, dann ist er damit noch nicht Sieger. Um den Sieg zu erlangen, muß er den anderen angreifen und ihn niederringen, so daß jener sich für besiegt erklärt.

So war es auch bei Christus.

Als Mensch hatte er alle Angriffe seines gewaltigen Gegners abgeschlagen. Das war alles, was er als Mensch tun konnte.

Jetzt aber, wo er frei war vom irdischen Körper, konnte er als Geist auch zum Angriff gegen seinen Feind, den Fürsten der Finsternis, vorgehen. Er stieg hinab zur Hölle im Vertrauen auf die alles überwindende Kraft Gottes, die er sich durch seine Standhaftigkeit in der Gottestreue als Mensch verdient hatte.

Gott sandte ihm nun die himmlischen Heerscharen als Kampfgenossen. Es begann ein Ringen, das demjenigen ähnlich war, das sich damals abspielte, als Luzifer mit seinem Anhang gegen die himmlischen Legionen am Tage der großen Revolution im Geisterreiche Gottes kämpfte. Der jetzige Kampf spielte sich im Reiche Satans ab. Es war sowohl ein Einzelkampf zwischen Christus und Luzifer, als auch ein Massenkampf zwischen den himmlischen Legionen und denen der Finsternis. Dieses gewaltige Ringen pflanzte sich fort bis in die tiefsten Sphären der Hölle, wohin Luzifer und sein Anhang zurückweichen mußte.

Da - als die Niederlage der Höllenmächte nicht mehr zweifelhaft war, traten auch viele von denen, die bisher ihre Vasallen waren, aber ihren Abfall von Gott bereuten, auf die Seite der himmlischen Heerscharen und kämpften mit diesen zusammen gegen ihre bisherigen Unterdrücker. Und die Zahl dieser Überläufer wuchs von Sekunde zu Sekunde.

Als Luzifer sah, daß alles verloren war, flehte er um Schonung. Er, der einst bei der Versuchung in der Wüste dem Gottessohne die Reiche der Welt angeboten hatte, stand jetzt bebend vor demjenigen, dem er damals den Glauben an die Gottessohnschaft rauben wollte. Jetzt zitterte er bei dem Gedanken, dieser Jesus von Nazareth werde ihm die ganze Herrschaft entziehen, und es sei jetzt der Augenblick gekommen, wo er mit seinem Anhang in die Tiefe der Finsternis eingeschlossen würde. Denn die Weissagung war ihm bekannt, wonach eine Zeit kommen werde, da er als Fürst des Totenreiches mit seinen Höllenmächten in die Tiefe geschleudert, zur vollständigen Ohnmacht verdammt und der Herrschaft über die gefallenen Geschöpfe Gottes beraubt würde.

Christus eröffnete ihm jedoch, daß ihm seine Herrscherrechte nicht ganz entzogen, sondern bloß auf die beschränkt würden, die ihm der Gesinnung nach angehörten. Aber die, welche aus seinem Reiche zu Gott zurückwollten, müsse er freigeben. Er dürfe sie nicht mehr als seine Untertanen betrachten. Wohl stehe es ihm frei, sie durch Betörung und Verführung an sich zu fesseln, aber nicht mehr mit Gewalt wie bisher.

Satan willigte ein - mußte einwilligen.

Er hatte viel härtere Bedingungen erwartet.

Die Urkunde seiner Herrscherrechte, die ihm Gott einst ausgestellt, wurde so geändert, wie Christus als Sieger es wollte. Und Gott, in dessen Namen der Sieger die Abmachungen mit Luzifer traf, ist der gerechte und allmächtige Hüter, der die genaue Einhaltung dieses Friedensvertrages garantiert. Seiner Macht ist ja alles unterworfen. Auch die Hölle. Seinen Befehlen müssen auch die gehorchen, die ihm feindlich gegenüberstehen.

Damit war das große Rettungswerk der Erlösung zum Abschluß gebracht.

Der Erlösungsplan Gottes hatte in seinen wesentlichen Teilen die Verwirklichung gefunden. Die zwischen dem Reiche der Finsternis und dem Reiche Gottes gähnende Kluft war überbrückt. Jeder, der von jetzt an aus der Fremdenlegion Satans nach der alten Heimat Gottes zurückkehren wollte, konnte über diese Brücke gehen. Kein Wächter des Höllenreiches durfte ihm das Überschreiten der Grenzen verwehren.

Umjubelt von seinem Geisterheer, zog Christus aus der Residenz Satans hinauf in die Sphäre des einstigen Paradieses. Und die Cherubinen, die seither die Paradiesessphäre bewacht hatten, senkten ihre flammenden Schwerter zum Willkommensgruß vor Christus, ihrem König und Herrn, und seinem siegreichen Geisterheer. Hier im Paradies blieben sie bis zu dem Tage, als Christus an ihrer Spitze in die Himmelsgefilde einzog.

Doch während dieser Zeit waren weder Christus noch seine Geisterschar untätig. Es galt, schon von hier aus der ganzen Schöpfung Gottes den Sieg des Erlösers zu verkünden und alle, die guten Willens waren, zur Heimkehr zu mahnen.

Christus selbst leitete die Belehrung dieser zahllosen Geschwister, damit schon jetzt möglichst viele den Heimweg fänden. Darauf weist Petrus in seinem Brief mit den Worten hin:

1. Petrus 3, 19 – 20:
'Als Geist ist Christus hingegangen und hat den Geistern im Gefängnis die Botschaft gebracht, solchen, die einst ungehorsam gewesen, als Gottes Langmut geduldig wartete in den Tagen Noahs, während die Arche hergestellt wurde.'

Da kam der Tag, an dem Christus zu seiner im Paradies harrenden Geisterschar aufstieg, nachdem er sich von seinen irdischen Freunden verabschiedet und ihnen seine Aufträge erteilt hatte.

Es war der Tag seiner Himmelfahrt.

Als Sieger zog er an der Spitze eines großen Geisterheeres in das Reich Gottes ein.

 

 

7. 6 Der Rückweg der erlösten Seelen zu Gott

Nach der großen Erlösungstat Christi bleibt es nunmehr den von Gott abgefallenen Geschöpfen überlassen, ob sie von der Erlösung Gebrauch machen wollen.

Ob sie es tun oder nicht, das hängt von ihnen selbst ab.

Christus hat die Brücke zur Heimat gebaut.

Was haben es sich eure Gefangenen im Weltkrieg nach Friedensschluß kosten lassen, um zur Heimat zu gelangen! Aus den fernsten Steppen Sibiriens wanderten sie mit blutenden Füßen Woche um Woche, um die Grenzen ihres Vaterlandes zu erreichen.

So müssen auch die Gefangenen Satans sich aufmachen, um den Weg zu finden, der zur Heimat Gottes führt.

Christus steht ihnen in den Strapazen der Heimkehr durch seine Geisterwelt hilfreich zur Seite. Seine Boten zeigen ihnen den Weg, stärken, ermuntern, trösten sie, richten sie immer wieder auf, wenn die Heimkehrenden auf dem Weg ermatten und straucheln. Nur dürfen sie nicht wieder umkehren in die Knechtschaft des Feindes durch Abfall von Gott, sonst dauert es um so länger, bis sie von neuem zu dem Entschluß kommen: 'Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen!'

Die einen brauchen zu diesem Heimweg nur ein einziges Menschenleben.
 
 

Andere quälen sich Hunderte,

wieder andere Tausende von Jahren,

fern von Gott, auf der Suche nach dem Golde des Glückes in den Falschmünzerstätten der Finsternis, von den Irrlichtern Satans aus der einen Irre in die andere gelockt.
 
 

Es ist ihre eigene Schuld, daß sie öfters von neuem Mensch werden müssen und so spät den Weg des Lichtes finden, gebaut von der Liebe Gottes und seines Sohnes, des großen Retters der gefallenen Schöpfung."
 

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