Für den Leser ausgesucht

- 30 - August 1970 Für den Leser ausgesucht Auszug aus: "Die Bedrohung des christlichen Abendlandes" von Hugo Petzold. Die Menschen sind im allgemeinen mehr oder weniger Triebwesen. Nicht Wissen, Einsicht und Vernunft allein entscheiden über ihr Tun und Lassen, sondern im hohen Maße ihre Wünsche, Triebe und Leidenschaften. Diese aber werden, wie auch beim Tier, durch Sinneseindrücke geweckt und angeregt. Die Sinneseindrücke teilen sich der Eindrucksfähigkeit der Seele mit und gelangen in das sogenannte Unterbewußtsein. Je häufiger ein Eindruck wiederholt wird und je stärker er in Wort und Bild sich suggestiv mitteilt, um so stärker ist sein Einfluß auf das seelische Unterbewußtsein. Dieses ist aber zugleich die Sphäre der unterbewußten Triebe und Wünsche. Gerade dieser Umstand macht die Eindrücke so gefährlich. Menschen mit von Natur schwachem sittlichemWillen erliegen schließlich der Reizüberflutung und dem Appell an ihre Wünsche und Triebe. Diesen psychologischen Tatbestand macht sich die moderne Reklame- und Werbetechnik zu nutze. Das ständige Wiederholen einer suggestiven Parole oder eines Bildes kommt einem seelischen Zwang gleich und führt zur seelischen Enthemmung. Hier liegt, nebenbei gesagt, auch die Gefahr der kriminalistischen Berichterstattung unserer Tagespresse. Würde es sich bei der Werbung und Reklame um die Förderung des Absatzes nützlicher Konsumgüter handeln, könnte kein Schaden entstehen. Bekanntlich aber entwickelt gerade die Alkohol- und Tabak-Industrie deren Erzeugnisse der Befriedigung der Genußsucht dienen und zu schweren Schädigungen der Volksgesundheit führen, ein Übermaß an suggestiver Werbung. Wie in jener alten biblischen Schilderung von der Verführung der ersten Menschen, wird eine solche Werbung zu einer neuzeitlichen Versuchung und Verführung von erschreckenden Ausmaßen.

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