Das Buch der Geister

- 1 - PSYCHOWISSENSCHAFTLICHE GRENZGEBIETE Ausgesuchte Veröffentlichungen aus verschiedenen Bereichen psychowissenschaftlicher Forschung Internet: http://www.psychowissenschaften.de Allan Kardec Das Buch der Geister Die Grundsätze der spiritistischen Lehre von der Unsterblichkeit der Seele, der Natur der Geister, ihre Beziehung zu den Menschen; die Sittengesetze, das irdische und das künftige Leben und die Zukunft der Menschheit. Nach Kundgebung höherer Geister durch verschiedene Medien. Allan Kardec, mit bürgerlichem Namen Leon Hippolyte Denizard Rivail, wurde am 3. Oktober 1804 als Sohn einer altbekannten Advokatenfamilie geboren. Er wurde aber nicht Advokat, da er sich schon seit frühester Jugend zum philosophischen Studium hingezogen fühlte. In der Pestalozzischule zu Yverdon /Schweiz erzogen, wurde er einer der hervorragendsten Schüler Pesta- lozzi's und eifriger Verbreiter seines Erziehungssystems. Mit ganz besonderer Intelligenz begabt, durch Charakter und Fähig- keiten zum Unterrichten befähigt, lehrte er mit 14 Jahren bereits zurückgebliebene Mitschüler. Hier entwickelte er auch seine großen Ideen, die ihn später bekannt machen sollten. Kardec gehört zu den Pionieren der Geister- und Jenseitsforschung. Er starb am 31. März 1869 und wude auf dem berühmten Pariser Prominentenfriedhof Père-Lachaise bestattet. Vorwort Ob die internationale Jenseitsforschung ohne die grundlegenden Werke Allan Kardecs zu dem geworden wäre, was sie heute ist, nämlich zu einem nicht mehr übersehbaren, bedeutungsvollen Faktor im Geistesleben vieler westlicher Kulturnationen, kann mit Recht bezweifelt werden. Man darf ohne Übertreibung sagen, daß mit der erstmaligen Veröffentlichung des "Le Livre des Esprits" (Buch der Geister) am 18. April 1857 in Paris der moderne Spiritismus jene kräftigen Anfangsimpulse bekam, die bis heute nachwirken. Eine besonders durchgreifende und nachhaltige Wirkung hatten die Kardecschen Werke in den romanischen Ländern Europas, später in Südamerika, wo heute noch die Kardecschen Bücher als Quellen- und Standardwerke der praktischen Geist- und Jenseitsforschung überragende Geltung haben und diese Rolle voraussichtlich auch noch in den kommenden Jahrzehnten spielen werden. Die Geist- und Jenseitsforschung der letzten hundert Jahre im deutschen Sprachgebiet hat sich vor- wiegend an der einschlägigen anglo-amerikanischen Fachliteratur orientiert, besonders seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Viele theoretische und praktische Vorkämpfer der spiritistischen Bewegung - denn um eine solche handelt es sich - wurden zu Opfern der Verfolgungen aller Okkultisten im sogenannten Dritten Reich, haben ihr mutiges Bekenntnis zu den kosmischen und geistigen Grund- wahrheiten des Spiritismus mit ihrem Leben bezahlt. Darüber hinaus wurden alle Bücher und Schrift- en geistes- und grenzwissenschaftlichen Charakters beschlagnahmt und vernichtet. So kam es, daß seit 1945 die Werke Allan Kardecs nur noch ganz vereinzelt hier und da antiquarisch auftauchten. Wer sie besaß, hütete sie wie einen kostbaren Schatz und gab sie nicht her. Da nun inzwischen eine neue Nachkriegsgeneration herangewachsen ist, die - trotz vieler gegenteiliger Behauptungen - an dem Problem "Persönliches Weiterleben des Menschen nach dem Tode - oder nicht?" ernsthaft interessiert ist, hat man sich entschlossen, die beiden Hauptwerke Kardecs: "Das Buch der Geister" und "Das Buch der Medien" neu herauszubringen, weil diese Bücher das bieten, was der moderne Mensch sucht: eine klare, logische und sachliche, rein auf Tatsachen fußende Darstellung der Ergebnisse der Jenseitsforschung unter besonderer Berücksichtigung der Praxis. Der Mensch der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts kann mit romantischen Träumereien und

- 2 - kirchlichen Glaubensbefehlen (Dogmen) nicht mehr viel anfangen, er will sich den großen Fragen nach Ewigkeit, Jenseits, göttlicher Gerechtigkeit, Lebenssinn und -ziel mit naturwissenschaftlicher Exaktheit und Gründlichkeit nähern, will die Möglichkeit haben, selbst zu prüfen, zu untersuchen und zu experimentieren. Die praktische Geist- und Jenseitsforschung, an der schätzungsweise 200 Millio- nen Menschen in aller Welt aktiv oder passiv mitwirken, bietet ihm Gelegenheit dazu. Die beiden Hauptwerke Allan Kardecs können ihm als ausgezeichnete Handbücher dienen. Wenn seit ihrer ersten Veröffentlichung auch schon mehr als hundert Jahre vergangen sind, so sind sie doch keineswegs veraltet, sondern die in ihnen dargelegten Grunderkenntnisse und Forschungsmethoden haben heute noch uneingeschränkt Geltung. Wer war Allan Kardec? Er hieß mit bürgerlichem Namen Hyppolyte Leon Denizard Rivail und hat neben vielen pädagogischen Schriften etwa ein Dutzend rein spiritistischer Werke geschrieben, die allein in Brasilien (1957) über 200 Auflagen erlebten, davon das hier vorliegende "Buch der Geister" 25 Auflagen mit 226.000 Exemplaren, das "Buch der Medien" mit ebenfalls 25 Auflagen und 201.000 Exemplaren. Schon aus diesen Zahlen ist ersichtlich, welch nachhaltigen Eindruck Allan Kardec auf alle seine Leser gemacht hat, wie er sie zu überzeugen und innerlich mitzureißen verstand. Allan Kardec ist auch der einzige Spiritist in der ganzen Welt, dem zu Ehren im Jahre 1957 anläßlich der hundertsten Wiederkehr der ersten Herausgabe seines "Buches der Geister" die brasilianische Postverwaltung eine Gedenkbriefmarke in fünf Millionen Exemplaren mit dem Bild Kardecs herausgab. Das war ein Dank der Brasilianer für den Mann, der durch seine Bücher die geistigen Grundlagen schaffen half, auf denen in Brasilien (und letztlich in ganz Süd- und Mittelamerika) der Spiritismus zu einer regelrechten Volksbewegung werden konnte. Diese Tatsachen sind im deutschen Sprachgebiet weitgehend unbekannt, sind aber mit ein Grund dafür, daß man sich zur Neuherausgabe der beiden Kardecschen Hauptwerke entschlossen hat. Noch kurz einiges Persönliche über den großen Pionier des praktischen Spiritismus: Allan Kardec lebte in Frankreich von 1804 bis 1869, war ein hervorragender Schüler Pestalozzis und ein bedeu- tender, vielsprachiger Pädagoge, später spiritistischer Forscher und Schriftsteller. Der Nobelpreisträger Charles Richet würdigte seine Bedeutung für den Spiritismus mit den Worten: "Man muß vorbehaltlos die intellektuelle Energie Allan Kardecs anerkennen. Er stützt sich immer auf das Experiment, so daß man sein Werk nicht nur als eine grandiose homogene Theorie, sondern auch als eine eindrucksvolle Zusammenfassung von Tatsa- chen anerkennen muß." Mrs. Ann Blackwell, die Kardec persönlich gekannt und seine Hauptwerke ins Englische übersetzt hat, hinterließ der Nachwelt (laut "Geschichte des Spiritismus" von Conan Doyle) folgende Beschreibung: "Allan Kardec war von kleiner Statur, robust und firm, mit rundem, breitem Kopf, gut ausgeprägten Zügen und hellgrauen Augen, mehr einem Deutschen als einem Franzosen gleichend. Er war aktiv und hartnäckig, aber von ruhigem, vorsichtigem, realistischem Temperament, fast kalt, skeptisch von Natur und Erziehung, logisch und präzis in seinen Argumenten, überaus praktisch in seinen Ideen und Handlungen und somit abgeneigt jedem Mystizismus und Enthusiasmus. Er sprach langsam und überlegt, ohne jede Affek- tiertheit, aber mit unzweifelhafter Würde, die seinem ehrlichen und ernsthaften Charakter entsprach. Er suchte keine Diskussionen, ging ihnen aber auch nicht aus dem Wege, regte auch niemals von sich aus zu Gesprächen über die Dinge an, denen er sein Leben gewid- met hatte. Er empfing liebenswürdig die zahlreichen Besucher, die aus aller Welt zu ihm kamen, um mit ihm über seine Ideen zu sprechen. Manchmal nahmen seine Züge einen strahlenden, wohlgefälligen Ausdruck an, obgleich man ihn bei seiner ernsthaften Veran- lagung niemals hat lachen sehen." Unter den Tausenden von Besuchern waren Leute von sozialer, literarischer, künstlerischer und wissenschaftlicher Bedeutung. Kaiser Napoleon III., der aus seinem Interesse für den Spiritismus kein Geheimnis machte, ließ ihn verschiedene Male rufen und unterhielt sich in den Tuilerien oft lange mit ihm über sein "Buch der Geister".

- 3 - Zur Orientierung für die deutschen Leser nachstehend die Titel der Kardecschen spiritistischen Werke: Das Buch der Geister Das Buch der Medien Das Evangelium im Lichte des Spiritismus Das Gebet Was ist der Spiritismus? Himmel und Hölle Die Genesis Der spiritistische Anfänger Posthume Werke Möge das hier vorliegende "Buch der Geister" und das ihm folgende "Buch der Medien" dem deutsch- sprachigen Geist-und Grenzwissenschaftler Antwort auf all die Fragen geben, die ihm von anderer Seite nicht oder nur ungenügend beantwortet werden können. Ich zitiere zum Schluß noch die Worte eines führenden deutsch-brasilianischen Spiritisten: "Wäre man in Deutschland zu Beginn des Jahrhunderts geistig und seelisch schon so weit gewesen wie Brasilien, hätte man die beiden Weltkriege mit ihren entsetzlichen Folgen vermeiden können." Viele werden dieser Meinung nicht ohne weiteres beipflichten, fest steht aber, daß der forschende Spiritismus keine Angelegenheit für abergläubische Schwarmgeister oder Hintertreppen-Sektierer ist, sondern eine Wissenschaft im echten Sinne des Wortes, ein Forschungsgebiet von lebensentschei- dender Bedeutung für den Einzelmenschen wie für die Völker. Nur wenn der Mensch in der Lage ist, seine Rolle und Aufgabe innerhalb der menschlichen Gesellschaft an Hand logischer und beweisbarer geistig-seelischer Grundgesetze klar zu erkennen und wohlbegründet danach zu handeln, wird er mit den Problemen fertigwerden, die unser technisch-naturwissenschaftliches Übergangszeitalter an ihn stellt, das gebieterisch nach einer Synthese zwischen Glauben und Wissen verlangt. Möge die Neuherausgabe der beiden Kardecschen Werke mit dazu beitragen, daß dieses hohe Ziel erreicht wird. Hans Geisler Schriftleiter der Monatszeitschrift "Die andere Welt" Hinweise zu diesem Buch Spiritismus: Physikalische Manifestationen, welche die Existenz von Geistwesen beweisen. Spiritualismus: Die höhere Form des Spiritismus, welche sich ausschließlich mit Belehrungen durch autorisierte Geistlehrer und Lichtboten beschäftigt. Einfachheitshalber wird in diesem Buch auch der Spiritualismus mit Spiritismus bezeichnet.

- 4 - Einleitung in die spiritistische Lehre Zur Bezeichnung neuer Dinge bedarf man neuer Worte, will man der Verwirrung und Vieldeutigkeit entgehen. Die Worte spirituell, Spiritualist, Spiritualismus haben bereits eine bestimmt abgegrenzte Bedeutung. Ihnen eine neue für die "Geisterkunde" beizulegen, hieße die schon ohnehin zahlreichen Ursachen für die Mehrdeutigkeit noch vermehren. Spiritualismus ist der Gegensatz zum Materialis- mus. Jede Ansicht, daß der Mensch noch etwas anderes ist als bloße Materie, ist Spiritualismus. Daraus folgt aber noch nicht, daß der Spiritualist an die Existenz von Geistern und die Möglichkeit eines Verkehrs mit der sichtbaren Welt glaubt. Diesen Glauben zu bezeichnen, bedienen wir uns der Ausdrücke Spiritist und Spiritismus, da sie an die etymologischen Formen und ureigene Bedeutungen erinnern. Wir behaupten demnach, daß die spiritistische Lehre, genannt der Spiritismus, die Bezie- hungen der materiellen Welt zu den Geistern oder Wesen der unsichtbaren Welt zur Grundlage hat. Die Anhänger des Spiritismus nennen wir Spiritisten. Das "Buch der Geister" enthält also die spiritistische Lehre, fußt aber auf der spiritualistischen Lehre, die es in bestimmter Erscheinungsform zur Darstellung bringt. Noch einen weiteren Begriff gibt es, der erläutert werden muß, und zwar die Seele. Manche Mei- nungsverschiedenheiten entstanden, da jeder dies Wort für seinen Begriff gebrauchte. Manche meinen, die Seele sei das Prinzip des materiellen Lebens, und ohne Eigenexistenz hört sie mit dem Leben auf. Dies ist der reinste Materialismus. Andere betrachten die Seele als Grundbedingung für Vernunft und Verstand, als universelles Agens, an dem jeder seinen Anteil hat. Nach dieser An- sicht gäbe es für das gesamte Universum nur eine Seele, die sich unter die verschiedenen Lebewesen verteilt. Mit dem Tode des Körpers kehrt jeder Funke zu seinem "Feuerquell" zurück, verliert sich im All wie Flüsse und Ströme im Meere. Nach dieser Ansicht wäre die Universalseele Gott und jedes Wesen ein Teil der Gottheit. Es ist dies eine Abart des Pantheismus. Schließlich ist nach Ansicht Dritter die Seele ein mit Sittlichkeit begabtes, von der Materie unterschie- denes unabhängiges Wesen, das auch nach dem Tode seine Individualität bewahrt. Diese Ansicht ist wohl die verbreitetste, sie findet sich bei allen Völkern vor, ganz gleich, auf welcher Kulturstufe sie sich befinden. Und diese Lehre, nach welcher die Seele Ursache und nicht Wirkung ist, charakterisiert die Spiritualisten. Es ist ein Mangel der Sprache, daß es für diese drei Begriffe nur ein Wort gibt. Wir halten es für das Beste, das Wort Seele in seiner allgemeinsten Bedeutung zu nehmen. Wir verstehen also darunter das immaterielle, individuelle Wesen, das in uns wohnt und unseren Körper überlebt. Selbst wenn dieses Wesen nur ein Produkt unserer Einbildungskraft wäre, müßte man zu seiner Bezeichnung einen bestimmten Ausdruck haben. In Ermanglung eines besonderen Wortes für die beiden anderen Punkte nennen wir Vitalprinzip, Lebensprinzip, das Prinzip des materiellen und organischen Lebens, gleich, was sein Ursprung sein mag, jenes Prinzip, das allen Lebewesen von der Pflanze bis zum Menschen herauf gemeinsam ist. Da in diesem Sinne Leben auch ohne Denkbefähigung vorhanden sein kann, so ist das Vitalprinzip etwas ganz Eigenes, Unabhängiges. Das Wort Vitalität würde nicht die gleiche Vorstellung erwecken. Dem einen gilt das Vitalprinzip für eine Eigenschaft der Materie, nach Ansicht anderer wieder beruht es auf einem speziellen, allgemein verbreiteten Fluidum, von dem jedes Wesen während seines Lebens einen Teil in sich aufnimmt und assimiliert, gleichsam, wie träge Körper Licht in sich aufnehmen. Dies wäre dann das Lebensfluid, das nach Meinung mancher Menschen identisch sein soll mit jenem belebten elektrischen Fluidum, das auch als magnetisches Fluidum oder Nervenfluidum bezeichnet wird. Wie es nun auch sein mag, es ist eine auf Beobachtung beruhende, unbestreitbare Tatsache, daß orga- nische Wesen in sich eine Kraft besitzen, die, solange sie vorhanden ist, das Lebensphänomen hervor- bringt; daß das materielle Leben allen organischen Wesen gemeinsam und unabhängig von der Vernunft und dem Denken ist; daß Intelligenz und Denken Fähigkeiten sind, die gewissen organischen Arten zukommen; endlich, daß unter den mit Intelligenz und Denkfähigkeit begabten Arten eine ist, die ein besonderes Sittlichkeitsgefühl besitzt, das ihr Überlegenheit über alle anderen Arten verleiht. Es ist dies der Mensch. Es ist begreiflich, daß bei Annahme einer mehrfachen Bedeutung die Seele weder den Materialismus noch den Pantheismus ausschließt. Der Spiritualist kann sehr wohl den Begriff Seele nach einer der

- 5 - beiden ersten Definitionen auffassen. Er müßte dann allerdings dem besonderen immateriellen Wesen einen anderen Namen geben. Wir sehen, das Wort Seele ist ein Proteus, den jeder nach seiner Weise wandeln kann. Und das eben ist die Quelle so vieler Streitigkeiten. Verwirrung ließe sich auch vermeiden, wenn man bei der Anwendung des Wortes Seele in den drei genannten Fällen ein unterscheidendes Eigenschaftswort hinzufügte, das den Gesichtspunkt, unter dem man es ins Auge faßte, andeuten müßte. Es wäre dann ein generelles Wort, das zugleich das Prinzip des materiellen Lebens, der Intelligenz und des Sittlichkeitsgefühls bezeichnete. Man könnte es durch ein besonderes Attribut unterscheiden, das man dem Worte hinzufügt. Dann könnte man beispiels- weise sagen Vitalseele, Lebensseele für das Prinzip des materiellen Lebens, Intellektseele für das Intel- ligenzprinzip und Geistseele für das Prinzip unserer Individualität nach dem Tode. Es ist zwar alles nur eine Wortfrage, aber eine höchst wichtige! Danach wäre die Vitalseele allen organischen Wesen gemeinsam, Pflanzen, Tieren und Menschen. Die Intellektseele wäre Tieren und Menschen eigen, und Geistseele würde nur dem Menschen zukommen. Da das Wort Seele im Verlaufe dieses Werkes sehr häufig vorkommen wird, war es von Wichtigkeit, den Sinn, den wir ihm unterlegen, genau festzustellen, um von vornherein jedes Mißverständnis auszuschließen. Die spiritistische Lehre hat, wie jede neue Erscheinung, ihre Anhänger und Gegner. Wir wollen jetzt den Versuch machen, auf einige Einwürfe der Gegner zu antworten, indem wir den Wert der von ihnen ins Treffen geführten Argumente untersuchen, ohne jedoch damit den Anspruch zu erheben, jedermann überzeugen zu wollen. Es gibt Menschen, die glauben, daß das Licht ganz allein für sie geschaffen ist. Vergegenwärtigen wir uns zunächst in aller Kürze die Reihenfolge der Erscheinungen, die dieser Lehre ihr Dasein gegeben haben: Die erste beobachtete Tatsache war die, daß verschiedene Gegenstände in Bewegung gesetzt wurden. Der gewöhnliche Sprachgebrauch bezeichnet dieses Phänomen bekanntlich als Tischrücken. Diese Erscheinung, die zuerst in Amerika beobachtet wurde und sich dann dort neuerding wieder gezeigt hat, war begleitet von merkwürdigen Umständen wie seltsamen Geräuschen, Klopftönen ohne offen zutage tretende Ursachen usw. Von dort verbreiteten sich die Tatsachen rasch über die ganze Welt. Die Phänomene begegneten anfänglich großem Unglau- ben, aber der Umstand, daß sich die rätselhaften Erscheinungen vervielfältigten, ließ bald an ihrer Tatsächlichkeit nicht mehr zweifeln. Wären diese Phänomene auf die Bewegung materieller Körper beschränkt geblieben, ließen sie sich vielleicht durch eine rein physische Ursache erklären. Wir sind weit davon entfernt, alle geheimen Wirkungskräfte der Natur oder alle Eigenschaften der uns bekannten Wirkungskräfte zu kennen. Es wäre zum Beispiel keineswegs unmöglich gewesen, daß durch gewisse Umstände modifizierte Elektrizität oder sonst eine Wirkungskraft die Ursache dieser Bewegung wäre. Indem die Vereinigung mehrerer Personen die Kraft zu mehren schien, fand diese Theorie auch hieran eine Stütze: Man konnte diese Kraftballung als eine Art von galvanischer Säule auffassen, deren Kraft im Verhältnis zur Zahl der vorhandenen Elemente steht. Die Kreisbewegung war nicht absonderlich, sie liegt in der Natur. Alle Gestirne bewegen sich im Kreise. Möglicherweise haben wir hier im Kleinen einen Reflex der Allgemeinbewegung des Univer- sums. Eine bis jetzt unbekannte Ursache könnte ja gelegentlich unter gegebenen Umständen im Kleinen einen Strom hervorbringen nach Art desjenigen, welcher die Welten durch den Raum wirbelt. Freilich war die Bewegung nicht immer kreisförmig, oft war sie ruckweise und ungeordnet, der Gegenstand wurde heftig erschüttert, umgeworfen, in irgendeine Richtung gedrängt, oft sogar gegen alle Gesetze der Statik vom Erdboden erhoben und freischwebend im Raume belassen. Doch findet sich auch in diesen Tatsachen nichts, das sich nicht durch die Einwirkung irgendeines unsichtbaren physischen Agens erklären ließe. Die Elektrizität zieht Körper an und stößt sie ab, schleudert schwers- te Körper fort, wirft Gebäude um und entwurzelt Bäume. Auffallende Geräusche und Klopftöne konnten ja, wenn sie nicht Wirkung der Ausdehnung von Mate- rie oder anderer zufälliger Ursache waren, durch Anhäufung des verborgenen Fluids entstanden sein. Bringt nicht die Elektrizität heftigste Geräusche hervor? Bis hierhin bewegt sich alles auf dem Boden rein physischer und physiologischer Tatsachen. Ohne daß

- 6 - man aus diesem Ideenkreis herauszutreten brauchte, gab es Stoff zu ernsten Studien, die durchaus die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt verdienten. Warum ist dies nicht geschehen? In erster Linie möchte man hier wohl die Banalität des bei den ersten Experimenten benutzten Gegen- standes, der Tische, nennen. Oft ist ein Wort bei den gewichtigsten Dingen von Entscheidung. Ohne daß man berücksichtigte, daß doch die Bewegung einem jeden Gegenstande mitgeteilt werden konnte, drängte sich immer der Gedanke an die Tische in den Vordergrund. Und doch ist der Tisch der be- quemste Gegenstand! Man setzt sich doch viel natürlicher um einen Tisch, als um irgendein anderes Möbelstück. Auch intelligentere Menschen sind oftmals kindisch, es ist gar nicht undenkbar, daß sie es unter ihre Würde hielten, sich mit dem zu beschäftigen, was man allgemein als "Tischrücken" bezeichnete. Kann man etwas gegen die Tatsächlichkeit des Phänomens daraus folgern, daß es sich in nicht immer identischer Weise nach dem Willen und den Wünschen des Beobachters zeigt? Sind nicht auch die elektrischen und chemischen Phänomene gewissen Bedingungen untergeordnet? Darf man sie leugnen, weil sie sich außerhalb jener Bedingungen nicht einstellen? Um nun diese Gesetze kennenzulernen, gilt es, die Umstände zu studieren, unter denen die Tatsachen eintreten, und es kann nur eine langwährende Beobachtung sein, die hier Erfolge bringt. Aber es liegt doch so oft ganz augenscheinlicher Betrug vor, wenden manche Menschen ein. Zunächst fragen wir solche Leute, ob sie denn des Betruges ganz sicher sind und ob sie nicht Wirkungen dafür ansehen, von denen sie sich keine Rechenschaft ablegen konnten. Selbst wenn dies das eine oder andere Mal vorgekommen wäre, es wäre kein Grund, die Tatsachen selbst zu leugnen. Darf man die Physik leugnen, weil es Scharlatane gibt, die sich den Titel "Physiker" zulegen? Man sollte auch den Charakter der Personen berücksichtigen und ihr etwaiges Interesse an einer Täuschung. Übrigens läge in einer Mystifikation, die sich über die ganze Erde verbreitet, mindestens eben so etwas Außerordent- liches, als in dem Phänomen selbst. Hätten die uns beschäftigenden Phänomene sich nur auf die Bewegung von Gegenständen beschränkt, sie wären auf dem Boden physischen Wissens geblieben. Aber sie sollten uns die Spur von sonderbar gearteten Tatsachen aufzeigen. Man glaubte die Entdeckung zu machen, daß der den Gegenständen gegebene Impuls nicht nur das Produkt einer blinden, mechanischen Kraft sei, sondern daß bei dieser Bewegung eine intelligente Ursache im Spiele sein müßte. Nachdem sich dieser Gedankengang durchgesetzt hatte, sah man ein ganz neues Beobachtungsfeld vor sich, auf dem vorher der Schleier vieler Geheimnisse lag. Gibt es wirklich eine intelligente Naturkraft? Dies war nun die Frage. Und wenn eine solche Kraft existiert, was ist es für eine, was ist ihr Wesen, ihr Ursprung? Steht sie über der Menschheit? Alle diese Fragen ergaben sich aus der ersten. Die ersten intelligenten Kundgebungen fanden mittels der Tische statt, die sich hoben und durch Aufstoßen mit dem Fuße eine bestimmte Anzahl von Schlägen gaben, so auf eine gestellte Frage nach Übereinkunft mit ja oder nein antwortend. Auch dies konnte eine Zufallswirkung sein. Später aber erhielt man durch die geklopften Buchstaben vollständigere Antworten, indem der bewegliche Gegen- stand durch eine bestimmte Anzahl von Stößen auf einen bestimmten Buchstaben des Alphabets hin- wies. So gelang es, Worte und Sätze als Antwort auf gestellte Fragen herauszubringen. Die Richtigkeit dieser Antworten, ihre korrekte Beziehung zur Frage erregten Erstaunen. Das geheimnisvolle Wesen, das in solcher Weise antwortete, erklärte auf Befragen in Bezug auf seine Natur, daß es ein Geist oder Genius wäre, gab sich einen Namen und lieferte mannigfache Auskunft hinsichtlich seiner Beschaf- fenheit. Dieser Umstand verdient ganz besondere Beachtung! Niemand hat, wie ersichtlich, den Be- griff der Geister erdacht, etwa als Erklärungsmodus für das Phänomen. Das Phänomen selbst enthüllte das Wort. Das geschilderte Korrespondenzmittel war lang und unbequem. Der Geist, - man beachte auch diesen Umstand! - gab ein anderes an. Er gab den Rat, an ein Körbchen oder sonst einen Gegenstand einen Bleistift anzubringen. Das Körbchen wurde auf einen Bogen Papier gestellt, und durch die gleiche verborgene Macht, welche die Tische dreht, in Bewegung gesetzt. Der Bleistift zeichnete nun von selbst Charaktere, Buchstaben, Worte und Sätze, ja, ganze Abhandlungen von mehreren Seiten. Es ergaben sich Abhandlungen über die höchsten Fragen der Philosophie, speziell über Ethik, Meta- physik, Psychologie usw. und zwar mit solcher Geschwindigkeit, als würde mit der Hand geschrieben.

- 7 - Da der Gegenstand, an den man den Bleistift befestigte, nur ein Instrument ist, sind seine Gestalt und Beschaffenheit völlig gleichgültig. Wesentlich ist die handliche Lage. So bedienen sich manche eines kleinen Brettchens. Korb wie Brettchen können nur unter dem Einfluß bestimmter Personen in Bewegung gesetzt werden, die eine spezielle Kraft besitzen und die man als Medien, Vermittler zwischen den Geistern und den Menschen bezeichnet. Die Bedingungen, unter denen sich diese Kraft entwickelt, sind physiologischer und ethischer Art und noch nicht ganz erforscht. Man findet Medien jeden Alters, Geschlechtes, und auf allen Stufen geistiger Entwicklung. Fähigkeiten können durch Übung weiterentwickelt werden. Später entdeckte man, daß Körbchen wie Brettchen nur ein ausschaltbares Anhängsel bildeten. Das Medium nahm den Bleistift direkt in die Hand und begann unter einem unwillkürlichen, fast fieberhaf- ten Impulse zu schreiben. So erfolgten die Mitteilungen noch geschwinder, leichter und vollständiger. Es ist heute die verbreitetste Methode. Die Erfahrung führte zur Feststellung mehrerer anderer Varianten medialer Befähigung. Es ergab sich, daß Mitteilungen gleicher Art durch Wort, Gehör, Gesicht und Gefühl, ja, sogar durch direkte Hand- schrift der Geister, also ohne Zutun der Hand des Mediums oder eines Bleistiftes, erfolgen können. Nach Feststellung dieser Tatsachen blieb noch ein wesentlicher Punkt zur Klärung übrig, nämlich die Rolle des Mediums bei diesen Antworten und der Anteil, den es möglicherweise auf mechanischem oder ethischem Wege daran nimmt. Zwei sehr wichtige Umstände, die einem aufmerksamen Beob- achter nicht entgehen dürften, können zur Lösung dieser Frage führen. Der erste Punkt ist die Art und Weise, in der sich Körbchen oder Brettchen unter dem Einflusse des Mediums bewegt, nämlich durch bloßes Auflegen der Finger auf den Rand. Nähere Untersuchung ergibt hierbei die Unmöglichkeit irgendwelcher Leitung oder Führung. Ganz offenkundig zeigt sich diese Unmöglichkeit, wenn sich zwei oder drei Personen zugleich an das nämliche Körbchen setzen. Es müßte dann eine Überein- stimmung der Bewegung und der Gedanken stattfinden, um sich hinsichtlich der Antwort auf die gestellte Frage zu verständigen. Eine andere merkwürdige Tatsache vermehrt die Schwierigkeit: die völlige Änderung der Schrift bei jedem sich kundgebenden Geiste. So oft aber der nämliche Geist wiederkommt, ist auch die ihm eigene Schrift wieder da. Der zweite Umstand bezieht sich auf die Beschaffenheit der Antworten selbst, die in der Regel, besonders wenn es sich um abstrakte oder wissenschaftliche Fragen handelt, weit über die Kenntnisse und oft sogar über die Fassungskraft des Mediums hinausgehen. Übrigens hat das Medium von dem, was unter seinem Einflusse geschrieben wird, meist keine Kenntnis. Oftmals versteht und begreift es die gestellten Fragen gar nicht, besonders, wenn sie dazu noch in einer dem Medium fremden Sprache gestellt sind oder gar nur innerlich gedacht werden. Erfolgt in solch einem Falle die Antwort in der gleichen, dem Medium unbekannten Sprache, so muß dieser Vorgang allen, die mit der spiritistischen Theorie nicht vertraut sind, als ein Wunder erscheinen. Oft tritt auch der Fall ein, daß das Körbchen aus eigenem Antriebe ohne vorausgegangene Frage über irgendeinen beliebigen, ganz unerwarteten Gegenstand oder Thema schreibt. Oftmals tragen diese Antworten eine solche Weisheit und Tiefe in sich, enthüllen so hohe und erhabe- ne Gedanken, daß sie nur von einer höheren Intelligenz, die von reinster Sittlichkeit durchdrungen ist, ausgehen können. Andere Male sind sie so leichtfertig, frivol und alltäglich, daß die Vernunft sich gegen die Annahme sträubt, sie könnten aus der gleichen Quelle hervorgegangen sein. Dies kann sich nur mit der Verschiedenheit der sich kundgebenden Intelligenzen erklären. Stehen sie inmitten der Menschheit oder außerhalb derselben? Dieser Punkt ist aufzuklären. Und diese Aufklärung, von Geistern selbst gegeben, bietet dieses Buch. Wir haben es also hier mit Wirkungen zu tun, die außerhalb unseres gewohnten Beobachtungskreises liegen. Diese Wirkungen haben natürlich eine Ursache. In dem Augenblick, wo sie uns die Tätigkeit einer Intelligenz oder eines Willens enthüllen, verlassen sie das Gebiet rein physischen Geschehens. Man hat in dieser Hinsicht mehrere Theorien aufgestellt, die wir nun untersuchen wollen, ob sie alle beobachteten Tatsachen begründen und erklären.

- 8 - Die Wesen bezeichnen sich also mit dem Namen "Geister" oder "Genien" sowie oftmals als Wesen, die bereits als Menschen auf der Erde gelebt haben. Sie bilden die geistige Welt, indessen wir während unseres Lebens die körperliche Welt bilden. Nehmen wir nun in aller Kürze die charakteristischen Punkte der von ihnen mitgeteilten Lehre zusammen, um mit größerer Leichtigkeit auf bestimmte Einwendungen antworten zu können. • "Gott ist ewig, unwandelbar, unmateriell, einig, allmächtig, allgerecht und allgütig. Er hat das Weltall erschaffen, das alle belebten und unbelebten Wesen, materielle und immaterielle, um- faßt. Die materiellen Wesen bilden die sichtbare Welt, die Körperwelt, die immateriellen Wesen die unsichtbare Welt, die Geisterwelt. Die geistige Welt ist die normale, ursprüngliche und ewige Welt, die vor allem physischen Sein war und alles Materielle überdauern wird. Die Körperwelt ist von untergeordneter Bedeutung. Sie könnte in ihrer Existenz aufhören und brauchte nie existiert zu haben, ohne die Wesenheit der geistigen Welt zu verändern. Die Geister legen für gewisse Zeit eine vergängliche, materielle Hülle an, deren Zerstörung, für gewöhnlich Tod genannt, sie wieder in Freiheit setzt." • "Unter den vielerlei Arten körperlicher Wesen ist die Ordnung 'Mensch' zur Verkörperung solcher Geister bestimmt, die eine gewisse Entwicklungsstufe erreicht haben. Dies bedingt sittliche und intellektuelle Überlegenheit über die anderen Ordnungen. Die menschliche Seele ist ein verkörperter Geist, der Körper ist des Geistes Hülle. Der Mensch besteht aus drei Teilen: 1.) aus dem Körper, dem materiellen Wesen, das dem Tier entspricht und durch das nämliche Lebensprinzip belebt wird; 2.) aus der Seele, dem immateriellen Wesen, dem in den Körper inkarnierten Geiste; 3.) aus dem Bande, das Seele und Körper eint, dem zwischen Materie und Geist vermittelnden Prinzip. Somit hat der Mensch zwei Naturen: durch den Körper nimmt er an der Natur der Tiere teil, deren Instinkte er besitzt, und mit seiner Seele nimmt er an der Natur der Geister teil." • "Das Band, der Perisprit, das Körper und Geist verbindet, ist eine Art halbmaterieller Hülle. Mit Tod bezeichnen wir die Zerstörung der gröbsten Hülle, der Geist besitzt aber noch eine zweite, die für ihn einen ätherischen Körper bildet. Im normalen Zustande ist er uns unsicht- bar, bei Geisterscheinungen aber kann er sichtbar und sogar fühlbar gemacht werden." • "Der Geist ist also durchaus kein nur abstraktes, unbestimmtes und nur gedachtes Wesen: Er ist ein wirkliches, festbestimmtes Wesen, das in besonderen Fällen durch den Gesichts-, Gehör- und Tastsinn erfaßbar wird. Die Geister gehören verschiedenen Klassen an, sie sind weder an Macht noch an Einsicht, noch an Wissen und bezüglich sittlicher Beschaffenheit einander gleich. Die Geister erster Ordnung sind die höheren, die sich von den anderen Geistern durch ihre Vollkommenheit, Kenntnisse, ihre Gottesnähe, die Reinheit ihrer Empfin- dungen und ihre Liebe zum Guten auszeichnen. Dies sind die Engel oder reinen Geister. Die folgenden Klassen entfernen sich allmählich von dieser Vollkommenheit. Die Geister auf den unteren Stufen haben die meisten der menschlichen Laster, Haß, Neid, Stolz usw. Sie gefallen sich im Bösen. Unter ihnen gibt es welche, die weder gut noch schlecht sind. Schelmerei und Leichtfertigkeit sind ihr Naturell. Dies sind die flatterhaften Geister, im Volksmunde als 'Kobolde' bezeichnet." • "Die Geister gehören nicht für alle Zeit zu derselben Ordnung. Nach und nach erheben sie sich und steigen auf der Leiter des Fortschrittes immer mehr empor. Diese Besserung findet durch die Inkarnationen als Mensch statt, die auch als Sühne oder als Mission auferlegt sein kann. Das materielle Leben ist eine Prüfung, welche die Geister zu wiederholten Malen zu bestehen haben, um einen gewissen Grad der Vollkommenheit zu erlangen." • "Beim Verlassen des Körpers kehrt die Seele in die geistige Heimat zurück, von der sie aus- ging, um nach Ablauf kürzerer oder längerer Zeit eine neue materielle Hülle anzunehmen. Zwischendurch befindet sie sich im Zustande des 'Wandelgeistes'. Zwischen dieser Lehre von der 'Wiedereinverleibung' und der 'Seelenwanderung' besteht ein vollkommener Unterschied, auf den noch eingegangen wird. Da der Geist durch mehrere Einverleibungen hindurchgehen muß, ergibt sich, daß wir alle schon mehrere Existenzen hinter uns haben und daß wir noch

- 9 - andere werden bestehen müssen, sei es auf Erden oder auf anderen Weltkörpern. Die Verkörperung der Geister findet stets in der Ordnung 'Mensch' statt. Irrtümlich glaubte man früher, daß Seele oder Geist sich auch in ein Tier verkörpern könne." • "Die verschiedenen materiellen Existenzen des Geistes sind immer vorwärtsschreitende, nie geht die Entwicklung rückwärts. Aber die Geschwindigkeit des Fortschrittes hängt von den Anstrengungen ab, die gemacht werden, um zum Ziele zu gelangen." • "Die Eigenschaften der Seele sind die des Geistes, der in uns einverleibt ist. So ist der tugend- hafte Mensch die Verkörperung eines guten Geistes, der sündige Mensch die eines unreinen Geistes. Die Seele hatte ihr individuelles Bewußtsein vor ihrer Einverleibung. Sie behält dies Bewußtsein auch nach der Trennung vom Körper. Bei der Rückkehr in die geistige Welt findet sie alle die wieder, die sie auf Erden gekannt hat, und alle früheren Existenzen stellen sich nach und nach mit der Erinnerung an ihre guten und schlechten Taten wieder im Gedächtnis ein." • "Der verkörperte Geist steht unter dem Einfluß der Materie. Der Mensch, der diesen Einfluß durch Erhebung und Läuterung der Seele überwindet, wird einmal zu den guten Geistern gehören. Wer sich von Leidenschaften beherrschen läßt und alle Freuden in der Befriedigung grober Begierden sucht, nähert sich dagegen den unreinen Geistern, weil er der animalischen Natur das Übergewicht einräumt." • "Die verkörperten Geister bewohnen die verschiedenen Himmelskörper im Raume. Die nicht verkörperten Geister, die 'Wandelgeister', bewohnen keine bestimmte und begrenzte Gegend im unendlichen Raume, sondern finden sich überall, an unserer Seite uns betrachtend und unaufhörlich umdrängend. Eine ganz unsichtbare Bevölkerung lebt und webt um uns herum." • "Die Geister üben auf die sittliche und selbst auf die physische Welt unablässigen Einfluß aus. Sie wirken auf Gedanken und Stoff und bilden eine besondere Naturkraft, die wirkende Ursa- che für manche ungeklärten Erscheinungen, die ihre Lösung erst jetzt im Spiritismus finden." • "Die Beziehungen der Geister zu den Menschen sind artgemäß. Die Guten regen uns zum Guten an, die Bösen zur Sünde. Sie sind offen oder versteckt. Versteckte Beziehungen zeigen sich im guten oder bösen Einfluß ohne unser Wissen, offenliegende in materiellen Kundge- bungen durch Wort, Schrift usw. Die Manifestationen sind freiwillige oder hervorgerufene. Im allgemeinen kann man alle Geister anrufen, ob sie nun ein lichtvolles oder dunkles Erden- dasein gehabt haben, auch ganz gleich, in welcher Epoche sie lebten. Wir können von ihnen auf verschiedenen Wegen Rat, Belehrung und Enthüllungen erlangen, soweit sie uns solche machen dürfen. Die Geister werden nach dem Maße der Sympathie, die sie dem Kreise der Anrufenden entgegenbringen, angezogen. Höhere Geister gehen gern dorthin, wo Liebe zur Tugend, der Wunsch nach Belehrung und Streben nach sittlicher Besserung vorhanden ist. Ihre Gegenwart verdrängt niedere Geister, die nur Lügen, Nichtigkeiten und Foppereien im Sinne haben. Die Unterscheidung zwischen guten und bösen Geistern ist nicht schwer. Schon an ihrer Sprache, ihren Ratschlägen, ihrer Ausdrucksweise kann man sie erkennen. Sittlichkeit und Weisheit, Abgeschmacktes und Bosheit stehen sich hier kennzeichnend gegenüber. Wer daher ernste Mitteilungen erwartet, erhält sie nur in den Kreisen inniger geistiger Gemein- schaft. Die Sittenlehre höherer Geister findet sich zusammengefaßt im Christuswort: 'Handele gegen andere so, wie du wünschest, daß sie gegen dich handeln mögen.' In diesem Grundsatz hat der Mensch die genaue Richtschnur für sein Verhalten allen Wesen gegenüber." • "Weiter lehren die höheren Geister, daß Egoismus, Stolz und Sinnlichkeit diejenigen Eigen- schaften sind, die uns am meisten an die Stofflichkeit binden; daß der Mensch, der schon auf Erden weltliche Nichtigkeiten verachtet und Nächstenliebe übt, sich von der Materie frei macht; daß ein jeder von uns sich nach den Mitteln, die Gott ihm gab, nützlich machen soll; daß der Starke und Mächtige die Stütze und der Schutz des Schwachen sein soll, denn wer seine Kraft von Gott mißbraucht, übertritt das göttliche Gesetz. Sie lehren ferner, daß, da in der geistigen Welt nichts verborgen bleiben kann, der Heuchler entlarvt sein wird, daß die un- vermeidliche Gegenwart derer, gegen die wir uns vergingen, eine der uns erwartenden Strafen

- 10 - ist, daß je nach der niederen oder höheren Stellung der Geister Strafen und Belohnungen zugemessen werden, die auf Erden unbekannt sind. Endlich aber lehren sie uns noch, daß es auf Erden keine Fehltritte gibt, die nicht wieder gutzumachen wären, die nicht gesühnt werden könnten. Das Mittel oder den Weg zur Sühne findet der Mensch in den verschiedenen Existenzen, die ihm je nach Wunsch und Anstrengung das Fortschreiten zur Vollkommenheit ermöglichen, seinem Endziele." Dies ist eine kurze Zusammenfassung der spiritistischen Lehre, wie sich diese nach den Kundgebun- gen höherer Geister darstellt. Und nun wollen wir sehen, welche Einwände dagegen erhoben werden. In den Augen vieler Leute ist die Opposition der gelehrten Körperschaften eine starke Voraussetzung gegen den Spiritismus, doch kann das Urteil der Wissenschaft nicht unwiderruflich sein. Sobald die Wissenschaft aus der äußerlichen Beobachtung der Tatsachen heraustritt, sobald es sich darum han- delt, diese Tatsachen zu würdigen und zu erklären, ist das Feld für die Vermutung weit geöffnet. Da bringt ein jeder sein System mit, dem er Geltung verschaffen möchte und das er daher mit aller Leidenschaftlichkeit verficht. Tatsachen sind das wahre Kriterium für unser Urteil, sie sind der unwi- derlegliche Beweis. Wo Tatsachen fehlen, da ist der Zweifel die Meinung des Weisen. Die gewöhnlichen Wissenschaften beruhen auf den Eigenschaften des Stoffes, mit dem man nach Belieben experimentieren kann. Die spiritistischen Phänomene dagegen beruhen auf der Wirkung von Intelligenzen, die ihren freien Willen haben und uns alle Augenblicke beweisen, daß sie nicht zur Befriedigung unserer Launen zu haben sind. Die Beobachtungen können daher nicht in der gleichen Weise wie bei der Stofflichkeit angestellt werden, sie verlangen besondere Bedingungen und einen anderen Ausgangspunkt. Wollte man sie unseren gewöhnlichen Experimentiermethoden unterwerfen, dann würde man genötigt sein, Analogien anzunehmen, die gar nicht bestehen. Die eigentliche Wissenschaft als solche ist bei der Entscheidung über die Frage des Spiritismus nicht zuständig. Sie hat sich damit gar nicht zu beschäftigen und ihr Urteil, gleichgültig ob günstig oder ungünstig, kann hier schlechterdings von keinem Gewicht sein. Hieraus ergibt sich, daß der Spiri- tismus gar nicht vor das Forum der Naturwissenschaft gehört. Wenn die spiritistischen Lehren im Volke verbreitet, wenn sie von den Massen angenommen sein werden, – und diese Zeit dürfte nicht mehr allzufern sein, – so wird es damit ebenso stehen wie mit allen neuen Anschauungen, die anfangs auf Widerstand stießen: Die Gelehrten werden sich dem Augenscheine fügen, sie werden persönlich durch die Macht der Tatsachen dahin geführt werden. Irrtümer Einzelner, die um der Irrenden selbst willen bedauerlich sind, können natürlich anderweitige Verdienste nicht schmälern. Aber bedarf es denn eines offiziellen Zeugnisses, um gesunden Men- schenverstand zu haben? Gibt es denn nur Dumm- und Schwachköpfe außerhalb der akademischen Lehrstühle? Noch einmal wiederholen wir, daß, wenn die uns beschäftigenden Tatsachen innerhalb der mecha- nischen Körperbewegung geblieben wären, die Untersuchung über die physische Ursache des Phäno- mens der Wissenschaft zufallen müßte. Doch sobald es sich um eine Kundgebung außerhalb der Gesetze der Menschheit handelt, tritt die Untersuchung aus dem Rahmen der materiellen Wissenschaft heraus, denn sie kann dann weder ziffernmäßig noch auf mechanischem Wege zu ihrem Ausdruck gelangen. Fügen wie hier gleich hinzu, daß das Studium einer Lehre, wie es die spiritistische ist, die uns mit einem Male mitten in eine Reihe so neuer und großer Dinge und Tatsachen hineindrängt, mit Erfolg nur von ernsten, festen und vorurteilsfreien Leuten vorgenommen werden kann, die von dem aufrichtigen Wunsche geleitet sind, zu einem Resultat zu gelangen. Wir können Menschen, die von vornherein leichtfertig und ohne vorherige experimentelle Arbeiten urteilen, Menschen, die ihren Studien weder Ordnung noch Regelmäßigkeit noch die nötige innere Sammlung widmen, diese Quali- fikation nicht zuerkennen. Ein wirklich ernsthaftes Studium zeichnet sich durch Ordnung und Beharrlichkeit aus. Ist es da zu verwundern, wenn man auf an und für sich ernste Fragen keine Antwort erhält, wenn diese nur so aufs Geradewohl wie aus der Pistole geschossen inmitten einer Menge alberner und nichtssagender Fragen hingeworfen werden? Jedermann, der sich ein Wissen zu eigen machen will, muß ein methodisches

- 11 - Studium mitbringen, er muß mit dem Anfange anfangen und der Verkettung und Entwicklung der Ideen folgen. Will man sich in der Schule der Geister unterrichten, so muß man unter ihrer Leitung einen richtigen Kursus durchnehmen, man muß, gerade wie unter Menschen, seine Lehrer wählen und dann hingebungsvoll und mit Fleiß arbeiten. Wir haben bereits gesagt, daß höhere Geister nur in ernsthafte Vereinigungen gehen, namentlich in solche, in denen eine vollkommene Gedankengemeinschaft herrscht und die Teilnehmer im Streben nach dem Guten ihren Vereinigungspunkt finden. Leichtfertigkeit und müßige Fragen entfernen sie, wie sich auch unter den Menschen vernünftige Leute dadurch abgestoßen fühlen. Dann bleibt das Feld dem Schwarm der Lügengeister, der leichtfertigen Geister, geöffnet, die immer auf dem Anstande stehen, ihre Scherze anzubringen und sich auf unsere Kosten zu belustigen. Man sei tätig, rührig und beharrlich im Arbeiten: sonst lassen höhere Geister den Lernenden im Stiche, gerade wie es bei Menschen ein Lehrer mit seinen nachlässigen Schülern macht. Die Bewegung der Gegenstände ist eine feststehende Tatsache. Die Frage ist nur die, ob man in dieser Bewegung eine sinnvolle Kundgebung zu erblicken hat oder nicht, und im Falle der Bejahung, welches die Quelle dieser Kundgebung ist. Wir sprechen nicht von der Verständnis verratenden Bewegung gewisser Gegenstände, noch von den Wortmitteilungen, noch von jenen Mitteilungen, die direkt durch das Medium gegeben werden. Derartige Kundgebungen, die für alle, die gesehen und gründlich überlegt haben, über jeden Zweifel erhaben sind, scheinen beim ersten Anblick doch mit dem Willen des Mediums in gewissem Kontakt zu stehen. Sie brauchen daher in einem Neuling nicht notwendigerweise Überzeugung begründen. Wie aber soll man sich die Beschaffenheiten der Antworten erklären, die völlig außerhalb der Vorstellungen und Kenntnisse des Mediums liegen? Und dabei ist noch zu beachten, daß es sich nicht etwa um einsilbige Antworten handelt, sondern oft um mehrere Seiten, die mit erstaunlicher Geschwindigkeit, sei es als freies Thema, sei es über einen bestimmten Gegenstand, niedergeschrieben werden. Unter der Hand eines Mediums, das von schöner Literatur nichts versteht, erstehen manchmal Gedichte von einer Schönheit und Erhabenheit, daß die besten Dichter sie gern als Kinder ihres eigenen Geistes wünschten. Was diese Tatsachen aber noch seltsamer erscheinen läßt, ist der Umstand, daß sie überall vorkommen und die Medien sich ins Unendliche mehren. Man sehe und beobachte, vor allem oft, lange, und unter den verlangten Bedingungen. Was antworten nun die Gegner dieser augenscheinlichen Gewißheit gegenüber? Ihr seid, heißt es, die Opfer von Scharlatanerie oder der Spielball von Illusionen. Dazu sei aber bemerkt, daß das Wort Scharlatanerie da aus dem Spiele bleiben muß, wo es nichts zu verdienen gibt, denn Scharlatane treiben ihr Geschäft nicht gratis. Es könnte sich also höchstens um eine Mystifikation handeln. Aber durch welches wundersame Zusammentreffen hätten sich die Mystifizierenden über die ganze Welt hin verständigt, derart einstimmig zu handeln, gleiche Wirkungen hervorzubringen und über gleiche Themen und Gegenstände in den verschiedensten Sprachen, wenn auch nicht wörtlich, so doch dem Sinne nach, identische Antworten zu geben? Weiter fügt man hinzu, man könnte, falls wirklich kein Betrug vorliegen sollte, das Opfer einer Selbst- täuschung sein. Jeder gute Logiker wird hier einräumen, daß die Qualität der Zeugen ein gewisses Gewicht hat und ihre Aussagen entsprechend unantastbar sind. Man wende diesen Umstand nun auf den vorliegenden Fall an und frage sich, ob die spiritistische Lehre, die heute bereits Millionen von Anhängern hat, diese etwa aus der Zahl der Unwissenden ausgewählt hat? Die Phänomene sind so außerordentlich, daß wir den Zweifel durchaus verstehen können. Was wir aber nicht verstehen können, ist, daß manche Zweifler Anspruch auf den gesunden Menschenverstand erheben, aber ohne Rücksicht auf gesellschaftlichen Anstand oder den sittlichen Wert ihrer Gegner, alle als Schwachköpfe bezeichnen, die nicht ihrer Ansicht sind. Es gibt allerdings einige Einwürfe, die wenigstens auf den ersten Blick verständlich erscheinen. Einer dieser stützt sich auf die Ausdrucksweise gewisser Geister, die der erhabenen Würde nicht angemes- sen erscheint, die man bei übernatürlichen Wesen voraussetzen müßte. Aber man beachte hier die kurze Zusammenfassung der Lehre, die wir eingangs gaben, dann wird sofort klar werden, daß die Geister selbst gar keinen Hehl daraus machen, an Kenntnissen und moralischen Eigenschaften ungleich zu sein, auch, daß man nicht alles, was sie sagen, wörtlich nehmen darf. Hier ist es Sache

- 12 - Einsichtiger, zwischen Gut und Schlecht zu scheiden. Wer aber aus dieser Tatsache den Schluß zieht, daß wir es überhaupt nur mit boshaften Wesen zu tun haben, hat keinerlei Kenntnisse von der Erhabenheit der Mitteilungen, die in Vereinigungen erfolgen, wo sich nur höhere Geister kundgeben. Wollte man aufgrund dieser Umstände über die Geisterfrage ein Urteil fällen, so wäre dies genau so wenig zutreffend, als wenn man den Charakter eines Volkes nach einigen übelbeleumdeten seiner Menschen beurteilen wollte. Auch in der Welt der Geister gibt es eine gute und eine schlechte Gesell- schaft. Möchten doch solche Unwissenden recht gründlich das studieren, was in der Elite der Geister vor sich geht, sie werden dann bald überzeugt sein, daß die himmlische Gemeinde noch andere Elemente enthält, als nur die Hefe des Volkes. Eine andere Ansicht wieder meint, daß man in den spiritistischen Mitteilungen und in allen materiellen Tatsachen, zu denen sie Anlaß geben, nur das Eingreifen einer teuflischen Macht, einen neuen Proteus erblickt, der alle möglichen Gestalten annimmt, um uns besser täuschen zu können. Wir halten sie einer wirklich ernsten Kritik für nicht wert. Was wir soeben gesagt haben, enthält auch die Wider- legung dieser Ansicht. Wie kann man überhaupt glauben, daß Gott es nur dem Geiste des Bösen gestattet, sich kundzutun, um uns zu vernichten, ohne uns als sicheres Gegengewicht die Ratschläge guter Geister zu geben? Kann Er es nicht, so ist dies ein Unvermögen Gottes, kann Er es und tut Er es nicht, so ist dies unverträglich mit Seiner Güte. Die eine wie auch die andere Unterstellung wäre Gotteslästerung! Man beachte, daß eine Anerkennung der Mitteilung böser Geister die Anerkennung des Prinzips der Kundgebungen überhaupt in sich begreift. Seltsam ist es, wenden wieder andere ein, daß immer nur von Geistern bekannter Persönlichkeiten die Rede ist. Hier liegt die Frage nahe, wie es kommt, daß nur sie sich kundgeben. Aber diese Frage birgt einen Irrtum in sich, entstanden durch oberflächliche Beobachtung. Unter den Geistern, die aus eige- nem Antrieb kommen, gibt es viel mehr Unbekannte als Berühmte. Sie zeichnen unter irgendeinem Namen, der oftmals nur allegorisch oder charakteristisch ist. Ruft man aber einen Geist, von dem man etwas wünscht, so wendet man sich natürlich lieber an bekannte als an unbekannte, wenn man nicht gerade einen Verwandten oder Freund wünscht. Der Name berühmter Personen macht einen bedeu- tenderen Eindruck, nur deshalb fallen sie mehr auf. Man findet es ferner merkwürdig, daß die Geister hervorragender, großer Männer so ganz vertraulich zu uns kommen und sich oft mit Dingen befassen, die geradezu banal im Vergleich zu ihren irdischen Taten sind. Niemand wird sich hierüber wundern, der bedenkt, daß Macht und Ansehen, das jene Menschen hier besessen haben, etwas ganz Irdisches ist, daher keinerlei Anspruch auf einen höheren Rang in der Welt der Geister gewährt. Hier bestätigen sich die Worte des Evangeliums: Die Großen werden erniedrigt und die Kleinen erhöht werden. Der, vor dem wir zu Lebzeiten demütig das Haupt neigten, kann wie der ärmste Handwerker zu uns kommen. Da er die Erde verließ, hat er auch seine Macht und Größe zurückgelassen und der mächtigste ehemalige Monarch steht vielleicht dort unter dem letzten seiner Soldaten. In diesem Zusammenhang gibt es eine durch Beobachtung erwiesene Tatsache, daß niedere Geister oft bekannte und hochgeehrte Namen annehmen, um zu täuschen. Wer kann prüfen, ob jene, die sich für Sokrates, Cäsar oder Napoleon ausgeben, im Erdenleben wirklich diese Körper belebt haben? Dieser Zweifel regt sich wohl bei vielen Anhängern der spiritistischen Lehre. Sie lassen zwar die Kundgebung gelten, fragen sich aber nach Kontrollmöglichkeiten. Diese sind aber leider schwer zu finden. Man kann hier nur Mutmaßungen aufstellen. Handelt es sich um einen Verwandten oder Bekannten, pflegt seine Sprache vollständig seinem Charakter zu entsprechen, man kann ihn identifizieren. Bei solchen persönlichen Anrufen kommen oft ergreifende Situationen vor. Oft stehen Skeptiker entsetzt vor Enthüllungen, die über sie von Geistern gemacht werden und die sie nie vermuteten. Noch ein anderer Umstand kann die Identität stützen, nämlich die Handschrift. Wir haben schon gesagt, daß die Handschriften des Mediums ständig wechseln und mit bestimmten Geistern jeweils wiederkehren. So wird man auch bei noch nicht allzulange verstorbenen Menschen noch ihre charak- teristische Handschrift wiederfinden. Es sind Unterschriften von vollkommener Übereinstimmung mit ehemals Verkörperten vorgekommen. Dies sei am Rande vermerkt. Nur Geister, die bis zu einem gewissen Läuterungspunkte gelangt sind, haben sich von jedwedem Körpereinfluß befreit. Haben sie diesen Punkt jedoch noch nicht erreicht, bewahren sie die meisten

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