Das Buch der Geister

- 150 - verbinden. Doch diese Spuren verwischen sich mit der Entwicklung des freien Willens. Die ersten Fortschritte sind langsam, da sie noch nicht vom Willen unterstützt werden, sie werden rascher mit der Vervollkommnung des Selbstbewußtseins des Geistes. Frage: (675) Demnach haben sich die Geister, welche sagten, daß der Mensch ein besonderes Wesen in der Schöpfungsordnung sei, geirrt? Antwort: Nein, aber die Frage war damals noch nicht klar gestellt. Der Mensch ist wirklich ein besonderes Wesen, denn er besitzt Fähigkeiten, die ihn von allen anderen unterscheiden, auch hat er eine andere Bestimmung. Das Geschlecht der Menschen ist dasjenige, das Gott für die Inkarnation von Wesen wählte, welche Ihn erkennen können. Frage: (676) Ist der gemeinschaftliche Ursprung der lebenden Wesen im intelligenten Prinzip nicht eine Bestätigung der Lehre von der Seelenwanderung? Antwort: Zwei Dinge können den gleichen Ursprung haben und sich doch später in keiner Weise gleichen. Wer würde Baum, Blätter, Blüten und Früchte im Keime des Kernes, aus dem er geworden, wiedererkennen? Vom Augenblick an, wo das intelligente Prinzip die Stufe erreicht hat, wo es Geist werden und in die Periode der Menschheit eintreten kann, hat es keine Beziehungen mehr zu seinem Urzustande und ist ebensowenig die Seele der Tiere, wie der Baum der Kern ist. Im Menschen ist nichts mehr vor Tiere geblieben als sein Leib und die Leidenschaften, die aus seinem Einfluß und Erhaltungsinstinkt entstehen. Man kann also nicht sagen, daß der und der Mensch die Inkarnation von dem und dem Tiere ist. Folglich ist die Lehre von der Seelenwanderung, wie man sie versteht, ungenau. Frage: (677) Könnte sich der Geist, der den Leib eines Menschen beseelte, in ein Tier inkarnieren? Antwort: Das hieße ja rückwärtsschreiten, aber der Geist schreitet nie zurück. Ein Fluß kann nicht zur Quelle zurückkehren. Frage: (678) So irrig auch der mit der Seelenwanderung verbundene Gedanke sein mag, ist er nicht Folge des dunklen Gefühls der verschiedenen menschlichen Existenzen? Antwort: Dieses Gefühl findet sich zwar in diesem Glauben, wie in so manchem anderen, der Mensch hat es aber, wie die meisten seiner ursprünglichen Anschauungen, entarten lassen. Anmerkung: Der Gedanke der Seelenwanderung wäre wahr, wenn man darunter den Fortschritt der Seele von einem tieferen zu einem höheren Zustand verstände. Aber er ist falsch im Sinne einer direkten Wanderung des Tieres in den Menschen und umgekehrt, was den Gedanken eines Rückschreitens oder einer Verschmelzung in sich schlösse. Die von den Geistern gelehrte Reinkarnation ist auf den aufsteigenden Gang der Natur und den Fortschritt des Menschen innerhalb seines Geschlechts gegründet, was ihm aber nichts von seiner Würde nimmt. Das Alter und die allgemeine Verbreitung der Lehre von der Seelen- wanderung, dazu die hervorragenden Männer, die sich zu ihr bekannten, beweisen, daß das Prinzip der Reinkarnation seine Wurzeln in der Natur selbst hat. Es sind also eher Gründe zu ihren Gunsten als zu ihren Ungunsten vorhanden. Die Frage nach dem Ausgangspunkt des Geistes ist eine jener Fragen, die an den Ursprung der Dinge rühren und deren Geheimnis uns Gott vorenthält. Dem Menschen ist es nicht gegeben, sie vollständig zu lösen. Die Geister selbst sind weit entfernt davon, alles zu wis- sen. Über das, was sie nicht kennen, können sie auch nur persönliche Ansichten haben. So denken zum Beispiel nicht alle über die Beziehungen zwischen Menschen und Tieren gleich. Nach dem einen gelangt der Geist erst zu seiner Menschenperiode, nachdem er sich auf den verschiedensten Stufen der niedrigeren Wesen der Schöpfung heraufgearbeitet und individualisiert hat. Nach anderen wieder hätte der Geist stets dem menschlichen Geschlecht angehört, ohne durch die Schule der Tierheit zu gehen. Die verschiedenen Tiergattungen entstehen nicht in intellektueller Beziehung eine aus der anderen auf dem Wege des Fortschrittes. So wird der Geist der Auster nicht allmählich zu dem eines Fisches, eines Vogels, des Vierfüßlers und Vierhänders. Jede Gattung ist ein

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