Das Buch der Geister

- 150 - nennen. Als das Christentum die Welt mit göttlichem Lichte erleuchtete, konnte es etwas, das in der Natur lag, nicht unterdrücken, aber es führte die Anbetung auf den wahren Gott zurück, dem sie einzig gebührt. Frage: (737) Die Sitte der Menschenopfer reicht bis ins graueste Altertum zurück. Wie kamen die Menschen darauf, daß dies Gott wohlgefällig sein könnte? Antwort: Zunächst weil sie Gott nicht als die Quelle des Guten erkannten. Bei den frühesten Völkern hatte der Stoff die Oberhand über den Geist. Durch tierische Triebe waren sie grausam, denn der moralische Sinn war noch nicht entwickelt. Ferner mußten jene Menschen annehmen, daß ein beseeltes Wesen in den Augen Gottes einen viel höheren Wert habe als ein stofflicher Körper. Dies veranlaßte sie zuerst, Tiere zu opfern und später dann Men- schen, da sie ja glaubten, der Wert des Opfers müsse im Verhältnis zur Wichtigkeit des Geopferten stehen. Frage: (738) Nach dieser Auslegung hätten also die Menschenopfer ihre Quelle nicht im Gefühle der Grausamkeit? Antwort: Nein, sondern in einem irregeleiteten Triebe, Gott wohlgefällig zu sein. Denkt an Abra- ham! Später mißbrauchten die Menschen jenen Trieb, indem sie ihre Feinde opferten. Gott forderte nie ein Opfer, weder Tier noch Mensch. Er kann unmöglich geehrt werden durch die unnütze Vernichtung Seiner eigenen Geschöpfe. Frage: (739) Konnten die in frommer Absicht dargebrachten Menschenopfer Gott wenigstens zuweilen wohlgefällig sein? Antwort: Nein, niemals, aber Gott richtet die Absicht. Waren die Menschen unwissend, konnten sie glauben, mit dem Menschenopfer eine gute Tat zu begehen. In diesem Falle gilt vor Gott nur die Absicht, nicht die Tat. Frage: (740) Was sollen wir von den sogenannten "heiligen Kriegen" denken? Haben sie denselben Grund wie die einstigen Menschenopfer? Antwort: Von den bösen Geistern werden sie entfacht, und indem fanatisierte Völker gegen ihres- gleichen Krieg führen, handeln sie gegen den Willen Gottes, der da sagt, man solle seinen Bruder wie sich selbst lieben. Da alle Religionen und alle Völker unter den verschiedensten Namen den gleichen Gott anbeten, sind diese Kriege nicht zu entschuldigen. Frage: (741) Hatte das Darbringen von Früchten der Erde als Opfer vor Gott mehr Verdienste als Tieropfer? Antwort: Ich sagte bereits, daß Gott die Absicht richte und die Tat selber wenig Gewicht vor ihm habe. Offenbar waren Gott Früchte wohlgefälliger als das Blut der Tiere. Aber wie immer wieder gesagt, ein von Herzen kommendes Gebet ist Gott lieber als alle Gaben, die ihr Ihm darbringen könnt. Frage: (742) Opfert man diese Gaben Gott, indem man sie Notleidenden gibt, tut man dann ein verdienstliches Werk? Antwort: Gott segnet stets, die Gutes tun. Armen und Bedrückten zu helfen ist das beste Mittel, Ihn zu ehren. Euer Gebet und eure Zeremonien lehnt Er nicht ab, aber es könnte da viel Geld nützlicher angewandt werden. Gott liebt die Einfachheit, und der Mensch, der sich an das Äußere hält, ist ein beschränktes Wesen. Das Gesetz der Arbeit Frage: (743) Ist die Notwendigkeit der Arbeit ein Naturgesetz? Antwort: Ja, schon deswegen, weil sie eine Notwendigkeit ist, und indem die Zivilisation Bedürfnis-

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