Das Buch der Geister

- 150 - se und Genüsse des Menschen vermehrt, zwingt sie ihn zu vermehrter Arbeit. Frage: (744) Darf man unter Arbeit nur die stofflich-materiellen Handarbeiten verstehen? Antwort: Nein, der Geist arbeitet so gut wie der Leib. Jede nützliche Beschäftigung ist eine Arbeit. Frage: (745) Warum ist die Arbeit dem Menschen auferlegt worden? Antwort: Als Folge seiner leiblichen Natur. Sie ist Sühne und gleichzeitig Mittel zur Vervollkomm- nung seiner Intelligenz. Nahrung, Sicherheit und Wohlstand verdankt er nur seiner Tätig- keit. Dem, der leiblich zu schwach ist, gab Gott Intelligenz, aber auch sie ist Arbeit. Frage: (746) Warum versorgt die Natur die Tiere mit allen Bedürfnissen? Antwort: Alles in der Natur arbeitet. Auch die Tiere arbeiten wie du, aber ihre Arbeit ebenso wie ihre Intelligenz beschränkt sich auf die Selbsterhaltung. Ich meine damit den Zweck, den sie sich bei ihrer Arbeit vorsetzen. Aber indem sie ihre leiblichen Bedürfnisse befriedigen, sind sie, ohne es zu wissen, die wirksamen Vermittler der Absichten des Schöpfers. Frage: (747) Ist der Mensch auf den unvollkommeneren Welten derselben Notwendigkeit seiner Arbeit unterworfen? Antwort: Die Natur der Arbeit steht im Verhältnis zur Natur der Bedürfnisse. Je weniger stofflich diese sind, desto weniger auch die Arbeit. Glaube aber nicht, daß der Mensch untätig und unnütz sei. Der Müßiggang würde keine Wohltat, sondern eine Strafe sein. Frage: (748) Ist der Mensch, der genügend zur Sicherung seines Daseins besitzt, vom Gesetze der Arbeit befreit? Antwort: Vielleicht von der leiblichen Arbeit, doch nicht von der Pflicht, sich nützlich zu machen, seine Intelligenz und die der anderen zu vervollkommnen, was auch Arbeit ist. Ist der Mensch, dem Gott reichlich Vermögen gegeben, nicht genötigt, sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu verdienen, so ist seine Pflicht, seinesgleichen nützlich zu sein, desto größer. Frage: (749) Gibt es Menschen, denen es überhaupt unmöglich ist, irgend etwas zu arbeiten, deren Dasein also ein unnützes ist? Antwort: Gott ist gerecht. Er verdammt nur den, dessen Dasein aus freien Stücken unnütz ist, denn dieser lebt auf Kosten anderer. Frage: (750) Legt das Naturgesetz Kindern die Pflicht auf, für ihre Eltern zu arbeiten? Antwort: Gewiß, so gut wie die Eltern für die Kinder arbeiten sollen. Darum schuf Gott in der Kindes- und der Elternliebe ein angeborenes Gefühl, daß sich durch diese gegenseitige Liebe die Glieder einer Familie zu helfen und unterstützen verpflichtet fühlen. Frage: (751) Da nach der Arbeit Ruhe ein Bedürfnis ist, ist sie nicht einNaturgesetz? Antwort: Ohne Zweifel, denn Ruhe dient dazu, die verbrauchten Kräfte des Leibes wieder herzustel- len. Sie ist auch notwendig, um der Intelligenz etwas mehr Freiheit zu lassen, sich über den Stoff zu erheben. Frage: (752) Welches sind die Grenzen der Arbeit? Antwort: Die Grenzen der Kräfte. Im übrigen läßt Gott den Menschen frei. Frage: (753) Was ist von jenen zu halten, die ihren Untergebenen ein Übermaß von Arbeit aufbür- den?

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