Das Buch der Geister

- 150 - Antwort: Nein, aber letzteres ist relativ, und jeder könnte seiner teilhaftig werden, wenn man sich recht verstände. Das wahre Wohlergehen besteht darin, daß man seine Zeit nach seinem eigenen Geschmack anwenden kann und nicht zu Arbeiten gezwungen wird, daran er keinen Gefallen hat. Aber der Mensch will das überall vorhandene Gleichgewicht eben stören. Frage: (904) Es gibt Leute, die durch ihre eigenen Fehler in Not und Entbehrung geraten. Kann dafür die Gesellschaft verantwortlich sein? Antwort: Gewiß, wir sagten schon einmal, gerade die Gesellschaft ist oft die erste Ursache solcher Fehler. Und hat sie übrigens nicht über die moralische Erziehung zu wachen? Oft ist es die schlechte Erziehung, welche ihr Urteil fälschte, statt die schädlichen Neigungen bei ihnen im Keime zu ersticken. Frage: (905) Warum gab Gott dem einen Reichtum und Macht, und dem anderen Armut und Elend? Antwort: Um einen jeden auf verschiedene Weise zu prüfen. Übrigens waren es die Geister selbst, die das eine oder andere wählten. Oft unterliegen sie dann. Frage: (906) Welche der beiden Prüfungen ist für den Menschen mehr zu fürchten, die des Unglücks oder die des Glückes? Antwort: Beide sind gleich sehr zu fürchten. Das Elend reizt zum Murren gegen die Vorsehung, Glück und Reichtum zu allen Ausschweifungen. Frage: (907) Wenn der Reiche mehr Versuchungen hat, besitzt er nicht auch mehr Mittel, das Gute zu tun? Antwort: Das eben tut er ja nicht immer. Er wird eigennützig, hochmütig, unersättlich. Seine Bedürf- nisse wachsen mit seinem Reichtum, und nie glaubt er, für sich allein genug zu haben. Anmerkung: Reichtum und Macht lassen alle Leidenschaften entstehen, die uns an den Stoff fesseln und von der geistigen Vervollkommnung entfernen. Darum sprach Jesus: "Ein Kamel wird leichter durch ein Nadelöhr gehen, als daß ein Reicher in den Himmel kommt." Frage: (908) Sind Mann und Weib vor Gott gleich und haben sie dieselben Rechte? Antwort: Schenkte Gott nicht beiden die Erkenntnis des Guten und des Bösen und die Fähigkeit fortzuschreiten? Frage: (909) Woher stammt die niedrigere moralische Stufe des Weibes in gewissen Gegenden? Antwort: Von der ungerechten und grausamen Herrschaft des Mannes über das Weib. Das ist eine Folge der sozialen Einrichtungen und des Mißbrauches der Kraft gegenüber der Schwäche. Frage: (910) Zu welchem Zwecke ist das Weib physisch schwächer als der Mann? Antwort: Damit ihm besondere Verrichtungen zugewiesen werden. Der stärkere Mann ist zu härteren Arbeiten geeignet, das Weib zu leichteren. Beide sollen sich daher gegenseitig helfen, die Prüfungen eines Lebens voll Schmerz und Glück durchzumachen. Frage: (911) Ist das Weib durch seine physische Schwäche nicht naturgemäß in Abhängigkeit vom Manne? Antwort: Gott gab dem einen Stärke, damit er andererseits den Schwachen beschützt, doch nicht, um ihn zu unterjochen. Frage: (912) Haben die Verrichtungen, zu denen das Weib von Natur aus bestimmt ist, eine

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