Das Buch der Geister

- 163 - unseren Beruf in dieser Welt an. Stammen nun nicht viele Übel daher, daß wir diesem Berufe nicht folgen? Antwort: Allerdings, und oft sind es die Eltern, die aus Hochmut oder aus Geiz ihre Kinder die ihnen von der Natur gewiesene Bahn zu verlassen zwingen und dadurch deren Glück schädigen. Sie werden sich vor Gott dafür zu verantworten haben. Frage: (1032) Es gibt Leute, die aller Hilfsmittel entblößt sind, selbst wenn rings um sie herum Überfluß herrscht, und die nur noch den Tod als Lösung vor sich sehen. Was für einen Entschluß sollen sie fassen, sollen sie sich selbst verhungern lassen? Antwort: Man soll nie mit dem Gedanken umgehen, sich selbst verhungern zu lassen. Immer würde man imstande sein, sich zu ernähren, wenn der Hochmut sich nicht zwischen das Bedürfnis und die Arbeit stellen würde. Oft hört man sagen: kein Handwerk bringt Unehre. Man sagt es aber nur anderen gegenüber, nicht zu sich selbst. Einwand: (1033) Offenbar fände man ohne die gesellschaftlichen Vorurteile, von denen man sich einnehmen läßt, immer irgendeine Arbeit, die uns zu leben gäbe, sei sie auch niederer Art. Aber auch unter Leuten ohne Vorurteile gibt es doch welche, die ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können, durch Krankheit oder anderer Ursachen. Antwort: In einer nach Christi Gesetz organisierten Gesellschaft darf niemand Hungers sterben. Frage: (1034) Warum sind die leidenden Klassen der Gesellschaft zahlreicher als die glücklichen? Antwort: Keine ist ganz glücklich. Was man für Glück hält, birgt oft bittere Schmerzen in sich. Leiden findet sich überall. Die Klassen, die du "die leidenden" nennst sind deswegen zahl- reicher, weil die Erde ein Ort der Sünde ist. Wenn der Mensch aus ihr eine Wohnung des Guten und der guten Geister wird gemacht haben, dann wird er hier nicht mehr unglücklich sein. Frage: (1035) Warum haben die Bösen oft einen größeren Einfluß in der Welt als die Guten? Antwort: Wegen der Schwäche der Guten. Die Bösen sind ränkevoll und kühn, die Guten schüch- tern. Frage: (1036) Wenn der Mensch oft der Schmied seines eigenen materiellen Unglücks ist, ist er es auch bei seinen moralischen Leiden? Antwort: Noch viel mehr, denn die materiellen Leiden sind zuweilen vom Willen unabhängig. Aber verletzter Stolz, enttäuschter Ehrgeiz, Neid, Eifersucht, kurz alle Leidenschaften, sind Qualen der Seele. Frage: (1037) Verursacht uns der Verlust geliebter Personen nicht einen umso berechtigteren Schmerz, weil der Verlust ein unersetzlicher und von unserem Willen unabhängiger ist? Antwort: Diese Ursache des Schmerzes trifft den Reichen wie den Armen. Es ist eine Prüfung oder eine Sühne und unser gemeinsames Los. Doch sollte es für euch Trost bedeuten, mit euren Freunden durch die Mittel, die ihr besitzt, in Verbindung treten zu können, bis ihr andere, unmittelbarere und euren Sinnen zugänglichere empfangt. Frage: (1038) Was soll man von der Ansicht jener halten, die die Mitteilungen von jenseits des Grabes als Entheiligung betrachten? Antwort: Es kann hier keine Entheiligung geben, wenn die nötige Sammlung und Andacht vorhan- den ist, und wenn die Anrufung in achtungsvoller und schicklicher Weise geschieht. Beweis dafür ist, daß die euch liebenden Geister mit Freuden kommen. Sie fühlen sich glücklich durch euer Andenken und in der Unterhaltung mit euch. Anmerkung: Die Möglichkeit, mit den Geistern in Verkehr zu treten, ist ein herrlicher Trost, weil sie uns das Mittel verschafft, uns mit jenen Verwandten und Freunden zu

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