Das Buch der Geister

- 165 - Unglück wird auf jene zurückfallen, die es verursachten. Wenn das Licht der Wahrheit seine Seele durchdringt, wird es im Glauben an die Zukunft seinen Trost finden. Frage: (1046) Woher kommt die Todesfurcht, da die Menschen doch eine Zukunft vor sich haben? Antwort: In ihrer Jugend suchte man sie glauben zu machen, daß es eine Hölle und ein Paradies gibt, es aber für sie wahrscheinlicher ist, daß sie in die Hölle kommen, weil das, was in ihrer Natur liegt, für die Seele eine Todsünde sei. Sind sie dann erwachsen und können sich dies alles überlegen, müssen sie es notgedrungen ablehnen und werden Atheisten oder Materia- listen. Man erhält sie im Glauben, daß es außer diesem Leben nichts mehr gibt. Andere, die im Glauben der Kindheit beharrten, fürchten sich dann vor dem ewigen Feuer, welches sie verbrennen soll, ohne sie zu vernichten. Anmerkung: Der fleischliche Mensch, der sich mehr dem leiblichen als dem geistigen Leben hingibt, hat auf Erden leibliche Freuden und Leiden und sein Glück besteht in der flüchtigen Befriedigung seiner Wünsche. Seine ständig von den Wechselfällen des Lebens bewegte Seele ist in fortwährender Angst und Pein. Der Tod schreckt ihn, weil er an seiner Zukunft zweifelt und alle seine Neigungen und Hoffnungen auf der Erde zurückläßt. Der sittliche Mensch, der sich über die künstlichen, durch Leidenschaften erzeugten Bedürfnisse erhebt, hat schon auf Erden Freuden, die der materielle Mensch gar nicht kennt. Die Zügelung der Begierden gibt seinem Geiste Ruhe und Heiterkeit. Glücklich durch das Gute, das er tut, unterliegt er keinen Täuschungen und die Widerwärtigkeiten der Erde gleiten an seiner Seele ab, ohne schmerzhafte Eindrücke zu hinterlassen. Frage: (1047) Werden gewisse Leute diese Ratschläge zum Glücklichsein auf Erden nicht etwas abgedroschen finden? Werden sie nicht meinen, das ganze Geheimnis glücklich zu sein, besteht darin, sein Unglück zu ertragen? Antwort: Es gibt Menschen, die so sprechen, und sogar viele. Aber es ist mit ihnen wie mit gewissen Kranken, denen der Arzt eine Diät verschreibt: sie möchten lieber ohne Arznei geheilt werden und fortfahren dürfen, sich den Magen zu verderben. Frage: (1048) Woher kommt der Lebensüberdruß ohne annehmbare Gründe bei gewissen Indi- viduen? Antwort: Als Folge des Müßiggangs, des Mangels an Glauben und oft als Folge von Übersättigung. Frage: (1049) Hat der Mensch das Recht, über sein eigenes Leben zu verfügen? Antwort: Nein, Gott allein hat dieses Recht. Der freiwillige Selbstmord ist eine Übertretung dessel- ben. Selbstmord Wahnsinniger ist nicht freiwillig. Frage: (1050) Was ist vom Selbstmord aus Lebensüberdruß zu halten? Antwort: Die Unsinnigen! Warum arbeiten sie nicht? Das Dasein wäre ihnen dann nicht lästig geworden. Frage: (1051) Was soll man vom Selbstmord denken mit dem Zweck, dem Elend und den Enttäu- schungen dieser Welt zu entfliehen? Antwort: Arme Geister, die nicht den Mut haben, das Dasein zu ertragen! Gott hilft denen, die da leiden, und nicht denen, die weder Kraft noch Mut besitzen. Die Trübsale des Lebens sind Prüfungen oder eine Sühne, glückselig die, die sie ohne zu murren ertragen. Frage: (1052) Werden diejenigen, die Menschen zum Selbstmord veranlaßten, die Folgen davon zu tragen haben? Antwort: Wehe ihnen! Sie werden sich dafür wie für einen Mord zu verantworten haben. Frage: (1053) Ist der Mensch, der sich in Not befindet und aus Verzweiflung Selbstmord begeht, als

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