Das Buch der Geister

- 150 - Sommer die Kleidung wechseln. Auch die erhabensten Geister nehmen diese Hülle, wenn sie uns besuchen, aus irdischen Stoffen, wie unsere eigenen Geister. Niedere und höhere aber nehmen mit dieser Hülle nur das wahr, was sie sehen, hören und fühlen wollen. Nur eines sind niedere Geister gezwungen zu hören: die Ratschläge guter Geister. Das Gesicht ist stets tätig, doch können sie sich einander gegenseitig unsichtbar machen. In den ersten Augenblicken nach dem Tode ist das Gesicht immer trüb und wirr. Es erhellt sich, je mehr sich der Geist befreit und kann dieselbe Klarheit wie zu Lebzeiten erhalten, abgesehen von seiner Durchdringung von Körpern. Seine Ausdehnung durch den unendlichen Raum, in die Zukunft und in die Vergangenheit, hängt vom Grade der Reinigung und Erhöhung des Geistes ab. Diese ganze Theorie, wird man nun sagen, ist nicht sehr tröstlich. Wir glaubten, einmal unserer Hülle, dieses Instrumentes der Schmerzen entledigt, nicht mehr leiden zu müssen und nun kommst du und verkündest, daß wir abermals leiden müssen. Nenne es wie du es willst, Leiden bleibt Leiden. Ja, es steht in unserem Willen, auch ferner leiden zu müssen, viel und lange, aber wir brauchen auch nicht mehr zu leiden, selbst schon vom Augenblick unseres Todes weg. Die irdischen Schmerzen sind zuweilen unabhängig von uns, viele jedoch sind nur die Folgen unseres Willens. Wieviele Übel, wieviele Schwächen hat der Mensch nicht seinen Ausschweifungen, seinem Ehrgeiz, seinen Leidenschaften zuzuschreiben. Der Mensch, der nichts mißbraucht hätte, der stets einfach in seinem Geschmack, bescheiden in seinen Wünschen gewesen, ersparte sich manche Trübsale. So ist es auch mit dem Geist: seine Schmerzen sind stets die Folgen seiner Lebensweise auf Erden. Sie sind die Folgen der Fesseln, die ihn noch an den Stoff binden, und je mehr er sich vom Einfluß des Stoffes befreit, desto weniger unangenehme Empfindungen hat er. Es hängt also von ihm selbst ab, sich dieses Einflusses schon auf Erden zu entledigen. Er hat seinen freien Willen und somit auch die Wahl, etwas zu tun oder zu lassen. Er bändige seine Leidenschaften, nähre keinen Haß, Neid, Eifersucht, Hochmut mehr, lasse sich nicht von der Eigensucht beherrschen, hege gute Gefühle für andere Menschen und lege den irdischen Dingen nicht mehr Wichtigkeit bei, als sie besitzen. Dann wird er selbst schon in seiner irdischen Hülle gereinigt dastehen, und wenn er sie einmal verläßt, wird er ihren Einfluß nicht mehr verspüren. Er ist dann glücklich und die Ruhe seines Gewissens befreit ihn von jedem morali- schen Schmerz. Wir haben tausende von Geistern befragt, die allen Rangstufen und allen Schichten der Gesellschaft angehört hatten. Wir haben sie studiert in allen Lagen ihres geistigen Lebens, sind ihnen in ihrem jenseitigen Leben Schritt für Schritt gefolgt um die Veränderungen, die in ihren Vorstellungen und Gefühlen vorgingen, zu beobachten. Es waren durchaus nicht die niedrigsten Menschen, die uns die am wenigsten kostbaren Gegenstände des Studiums lieferten. Und immer fanden wir, daß ihre Leiden in Beziehung zu der vorhergehenden Lebensführung standen. Und immer ist die neue Existenz für die, die den rechten Weg gegangen, zur Quelle unaussprechlichen Glückes geworden. Daraus folgt also, daß jene, die leiden, dies Glück nicht wollten und sich ihren Zustand selbst zuzuschreiben haben. Allan Kardec Frage: (269) Hat der Geist im Zustande des Herumirrens bevor er eine neue leibliche Existenz annimmt, ein Bewußtsein für das, was ihm während des kommenden Lebens geschehen wird? Antwort: Er wählt selbst die Art der Prüfungen, die er übernehmen will, und darin eben besteht sein freier Wille. Frage: (270) Also nicht Gott legt ihm die Prüfungen auf als Züchtigung? Antwort: Nichts geschieht ohne Gottes Willen. Indem er dem Geiste die Freiheit zu wählen gab, überließ er ihm die volle Verantwortung für sein Tun und dessen Folgen. Der Weg des Guten und der des Bösen steht ihm offen. Unterliegt er, bleibt ihm der Trost, wieder von vorn anfangen zu dürfen. Man muß auch zwischen dem Werke Gottes und dem Willen des Menschen unterscheiden. Bedroht dich eine Gefahr, so kam sie durch Gottes Willen, aber

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