Das Buch der Geister

- 150 - gedenke. Es ist sein Bild. Das Gebet ist es, das den Akt der Erinnerung heiligt. Es kommt wenig auf den Ort an, wenn das Gebet von Herzen kommt. Frage: (344) Wohnen jene Geister, denen man Standbilder oder Denkmäler errichtet, den Einwei- hungen bei und haben sie daran Vergnügen? Antwort: Viele kommen, wenn sie es können, aber sie sind weniger empfänglich für die Ehre, die man ihnen erweist, als für das Andenken. Frage: (345) Woher kommt manchen Leuten der Wunsch, an einem Orte lieber als an einem anderen begraben zu werden? Kommen sie nach ihrem Tode lieber dahin zurück? Ist dieses auf etwas Stoffliches gelegte Gewicht nicht Zeichen für einen tieferstehenden Geist? Antwort: Vorliebe des Geistes für gewisse Orte bedeutet geringere moralische Höhe. Weiß er nicht, daß seine Seele mit seinen Lieben vereint werden wird, selbst, wenn ihre Gebeine getrennt sind? Frage: (346) Ist die Vereinigung der sterblichen Überreste aller Glieder einer Familie etwas Nichtiges? Antwort: Nein, sie ist ein frommer Brauch und ein Beweis von Sympathie für die, die man liebte. Mag sie den Geistern auch gleichgültig sein, so ist sie doch von Nutzen für die Menschen. Ihre Erinnerungen bekommen mehr Sammlung. Frage: (347) Ist die in das Geisterleben zurückkehrende Seele für die den sterblichen Überresten erwiesene Ehre empfänglich? Antwort: Hat der Geist schon einen gewissen Grad von Vollendung erreicht, so erkennt er die Nichtigkeit all dieser Dinge und hat keine Eitelkeit mehr. Jedoch gibt es Geister, die im ersten Augenblick ihres Todes ein großes Vergnügen an den ihnen erwiesenen Ehren, aber auch Kummer über die Vernachlässigung ihrer Hülle empfinden, denn sie behielten noch einige Vorurteile der Erde an sich. Frage: (348) Wohnt der Geist allgemein seinem Begräbnis bei? Antwort: Sehr oft wohnt er ihm bei, zuweilen befindet er sich dabei noch im Zustande der Ver- wirrung und versteht nicht, was sich begibt. Je nach seinen Gefühlen schmeichelt ihn die Menschenmenge. Frage: (349) Wohnt der Geist des Verstorbenen den Versammlungen seiner Erben bei? Antwort: Fast immer. Gott will es so zu seiner Belehrung und zur Züchtigung der Schuldigen. Hier erlebt er, was ihm Beteuerungen wert waren, jede Gesinnung liegt offen vor ihm. Die Täuschung, die er beim Anblick der Habgier derer empfindet, die sein Erbe teilen, klärt ihn über ihre Gesinnungen auf. Frage: (350) Ist die unwillkürliche Achtung, die der Mensch bei allen Völkern und zu allen Zeiten Toten erweist, eine Wirkung seines dunklen Gefühls von einem künftigen Leben? Antwort: Ja, sie ist die natürliche Folge desselben, sonst wäre jene Achtung gegenstandslos. Die Rückkehr ins leibliche Leben Frage: (351) Kennen die Geister die Zeit, in der sie reinkarniert werden sollen? Antwort: Sie ahnen sie, wie der Blinde das Feuer, dem er sich nähert. Sie wissen, daß sie wieder in einen Leib eingehen müssen, etwa wie ihr wißt, daß ihr einmal sterben müßt, ohne jedoch den Tag zu kennen.

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