Das Buch der Geister

- 150 - auf den Stoff unmittelbar. Im inkarnierten Zustande steht er unter ganz anderen Bedin- gungen und ist genötigt, sich mit Beihilfe besonderer Organe nach außen zu betätigen. Wenn ein Teil oder die Gesamtheit dieser Organe gestört ist, sind sein Tun und seine Eindrücke durch diese Organe unterbrochen. Verliert er die Augen, erblindet er, verliert er das Gehör, wird er taub. Denke dir nun, das Organ, das der Äußerung von Intelligenz und Willen vorsteht, sei ganz oder teilweise angegriffen oder verändert, dann siehst du leicht ein, daß eine Verwirrung daraus entstehen muß, über die der Geist nicht mehr Herr werden kann. Frage: (405) Dann wäre also stets der Leib und nicht der Geist zerrüttet? Antwort: Ja, aber man darf dabei nicht aus dem Auge verlieren, daß beim Wirken des Geistes auf den Stoff dieser wieder zurückwirkt und daß sich der Geist für den Augenblick durch die Veränderung der Organe beeinflußt fühlen kann. Wenn der Wahnsinn lange wirkt, kann es geschehen, daß die Wiederholung derselben Tätigkeit den Geist schließlich so beeinflußt, daß er sich vom Wahnsinn erst nach seiner völligen Trennung vom Stoffe befreien kann. Frage: (406) Wie kommt es, daß der Wahnsinn oft zum Selbstmord führt? Antwort: Der Geist leidet unter seiner Ohnmacht und der Unmöglichkeit, sich frei äußern zu können. Darum sucht er im Tode ein Mittel, um seine Bande zu sprengen. Frage: (407) Wird sich der Geist des Irren nach dem Tode der Störung seiner Fähigkeiten bewußt? Antwort: Er kann sich derselben einige Zeit nach dem Tode bewußt bleiben, bis er ganz vom Stoff befreit ist, so wie der Mensch beim Erwachen noch einige Zeit in der Verwirrung des Schlafes bleibt. Frage: (408) Wie kann die krankhafte Veränderung des Gehirns auf den Geist nach dem Tode zurückwirken? Antwort: Es ist eine Erinnerung, eine Last drückt auf den Geist, und da er nicht für alles Verständnis hatte, was während des Wahnsinns vorging, braucht er Zeit, um sich wieder ins laufende zurückzufinden. Je länger der Wahnsinn während des Lebens gewesen, desto länger auch die Befangenheit und der Druck nach dem Tode. Der vom Leibe gelöste Geist bleibt sich noch einige Zeit des Eindrucks seiner Bande bewußt. Frage: (409) Ist der Geist, der den Leib eines Kindes beseelt, so hoch entwickelt wie der eines Erwachsenen? Antwort: Er kann es sogar noch mehr sein, wenn er weiter fortgeschritten ist. Nur die unvollkom- menen Organe hindern ihn, sich zu äußern. Frage: (410) Abgesehen von der Behinderung durch seine noch unvollkommenen Organe - denkt der Geist in einem noch ganz kleinen Kinde wie ein Kind oder wie ein Erwachsener? Antwort: Wenn er noch Kind ist, so ist es natürlich, daß ihm die noch nicht entwickelten Organe der Intelligenz nicht die volle Anschauung eines Erwachsenen gewähren können. Die Intelli- genz bleibt beschränkt, bis das Alter seine Vernunft gereift hat. Eine die Inkarnation begleitende Verwirrung hört nicht plötzlich mit der Geburt auf, sondern verschwindet allmählich mit der Entwicklung der Organe. Frage: (411) Erlangt der Geist beim Tode des Kindes seine frühere Kraft sofort wieder? Antwort: Er soll es, da er ja von seiner fleischlichen Hülle befreit ist. Aber er erlangt seine ursprün- gliche Klarheit erst, wenn die Trennung eine vollendete geworden ist und kein Band mehr zwischen Geist und Leib besteht.

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