Das Buch der Geister

- 150 - neuen Aufgabe. Er weiß, daß der Geist, der ihm zum Führer in seinem neuen Dasein beigegeben wird, ihm beim Abtragen seiner Fehler Hilfe leisten wird, indem er ihm eine Art dunkles Gefühl von dem Begangenen verleihen wird. Dies Gefühl ist der zuweilen in euch auftauchende strafbare Gedanke oder Wunsch, dem ihr instinktmäßig widersteht. Es ist die Stimme des Gewissens, die zu euch redet. Sie ist die Erinnerung an das Vergangene, sie warnt euch, nicht abermals in die alten Fehler zu verfallen. Unterzieht sich nun der in das neue Dasein eingetretene Geist mutig jenen Prüfungen und überwindet sie, so erhebt er sich und steigt in der Rangordnung der Geister höher, wenn er einst zu ihnen zurückkehrt. Frage: (425) Erkennen die Menschen auf den weiter fortgeschrittenen Welten als die unsrige, wo man nicht zur Beute aller leiblichen Bedürfnisse und Schwachheiten wird, daß sie glück- licher sind als wir? Ob die Bewohner jener Welten sich nicht in ihrer Lage für ebenso unglücklich halten wie wir und sich über ihr Schicksal beklagen, weil sie keine Erinnerung an ein niedrigeres Dasein zum Vergleich haben? Antwort: Die Bedingungen sind verschiedener Art. Unter den Welten, von denen du sprichst, gibt es welche, deren Bewohner eine sehr klare und deutliche Erinnerung an ihre früheren Existenzen haben. Diese verstehen natürlich das Glück, das Gott ihnen beschied, sehr wohl zu schätzen. Aber es gibt auch andere Welten, wo die Bewohner in besseren Verhältnissen leben als ihr und dennoch viel Verdruß und Trübsale haben. Diese wissen ihr Glück nicht zu schätzen, weil sie ja keine Erinnerung an einen noch schlimmeren Zustand haben. Wissen sie ihn aber auch nicht als Menschen zu schätzen, so tun sie es als Geister. Anmerkung: Liegt nicht im Vergessen früherer Existenzen, besonders wenn es mühselige waren, etwas Fürsorgliches, worin sich Gottes Weisheit offenbart? Die Erinnerung an unsere früheren Daseinsformen hätte schwerwiegende Unzuträglichkeiten. In gewissen Fällen könnte sie uns seltsam demütigen, in anderen wieder unseren Stolz entflammen und gerade dadurch unseren freien Willen beeinträchtigen. Gott gab uns zu unserer Besserung genau das, was wir brauchen und was uns genügen kann: Die Stimme des Gewissens und unsere instinktartigen Neigungen. Da wir nicht immer Ursache haben, uns unserer Ver- gangenheit besonders zu rühmen, ist ein Schleier darüber oft besser. Frage: (426) Können uns über unsere früheren Existenzen einige enthüllt werden? Antwort: Nicht immer. Einige wissen jedoch, was sie waren und was sie getan haben. Wäre es ihnen gestattet, hierüber zu sprechen, sie würden sonderbare Enthüllungen über die Vergangen- heit zu machen haben. Frage: (427) Gewisse Personen glauben eine bestimmte Erinnerung an eine unbekannte Ver- gangenheit zu haben. Sie stellt sich ihnen wie das flüchtige Bild eines Traumes dar, das sie vergeblich festzuhalten versuchen. Ist dies nur eine Täuschung? Antwort: Zuweilen ist es Wirklichkeit, oft aber nur eine Selbsttäuschung. Man sollte sich davor hüten, denn es kann die Wirkung einer überreizten Einbildungskraft sein. Frage: (428) Ist die Erinnerung an das frühere Dasein bei den leiblichen Existenzen höherer Art als die unseren eine bestimmtere? Antwort: Ja, in dem Maße, als der Leib weniger stofflich ist, erinnert man sich auch besser. Für die Bewohner einer höheren Welt ist die Erinnerung an das Vergangene eine klarere. Frage: (429) Folgt daraus, daß die instinktartigen Triebe des Menschen eine Erinnerung an seine Vergangenheit sind, und daß er durch Studien derselben die Fehler erkennen kann, die er einst begangen hat? Antwort: Gewiß, wenigstens bis zu einem gewissen Punkt. Man muß dabei auch Rechnung tragen, daß der Geist sich inzwischen gebessert hat, und daß er im Wanderzustande besondere Vorsätze gefaßt haben mag. Er kann in seiner jetzigen Existenz viel besser sein als in der

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