Das Buch der Geister

- 150 - Frage: (442) Man hat zuweilen im Schlafe oder im Halbschlaf Gedanken, die sehr gut scheinen, die aber trotz aller Mühe nicht zurückkehren und aus der Erinnerung schwinden. Woher kommen diese? Antwort: Sie sind das Ergebnis der Freiheit des Geistes, der sich entfesselt und während dieser Zeit über größere Kräfte verfügt. Oft sind es auch Ratschläge, die andere Geister geben. Frage: (443) Und wozu nützen diese, da man sie doch wieder vergißt? Antwort: Diese Gedanken gehören zuweilen mehr der Geisterwelt als der irdischen an. Vergißt der Geist einmal seinen Leib, kehrt der Gedanke im rechten Augenblick wie eine Eingebung wieder. Frage: (444) Kennt der inkarnierte Geist in den Momenten, wo er vom Stoffe frei ist und sich ganz als Geist fühlt, die Stunde seines Todes? Antwort: Oft ahnt er ihn, zuweilen ist er sich desselben ganz deutlich bewußt. Dies gibt ihm dann im wachen Zustande ein dunkles Gefühl davon. Daher kommt es, daß manche Menschen ihren Tod zuweilen mit großer Genauigkeit vorauswissen. Frage: (445) Kann die Tätigkeit des Geistes während der Ruhe oder des Schlafes seines Körpers den Körper auch ermüden? Antwort: Ja, der Geist ist gewissermaßen am Leibe befestigt wie der angebundene Luftballon an seinem Pfahle, daher wirkt der Geist erschütternd auf den Leib zurück und kann ihn schließlich ermüden. Frage: (446) Aus der Tatsache, daß die Seele während des Schlafes frei wird, können wir wohl folgern, daß wir zur gleichen Zeit ein doppeltes Dasein führen: das leibliche mit seinen äußeren und das seelische mit seinen inneren Erfahrungen. Ist das richtig? Antwort: Im Zustande der Befreiung weicht das Leben des Leibes dem der Seele. Genaugenommen sind es aber nicht zwei Existenzen, sondern zwei Seiten oder Wandlungen derselben Existenz, denn der Mensch führt kein doppeltes Leben. Frage: (447) Können sich zwei bekannte Personen während des Schlafes auch besuchen? Antwort: Ja, und auch viele andere, die sich nicht zu kennen glauben, kommen zusammen und tauschen sich aus. Du kannst, ohne es zu wissen, Freunde in einem anderen Lande besitzen. Der Besuch von Freunden, Bekannten und Verwandten im Schlafe kommt so häufig vor, daß man sagen kann, du bist jede Nacht unterwegs. Frage: (448) Was kann der Nutzen dieser nächtlichen Besuche sein, da man sich ja doch nicht daran erinnert? Antwort: Gewöhnlich bleibt davon doch ein Ahnen beim Erwachen zurück, und oft sind sie die Quelle von Gedanken, die einem unerklärlich wie vom Himmel gefallen kommen. Frage: (449) Kann der Mensch solche geistigen Besuche durch seinen Willen zustande bringen? Könnte er beim Einschlafen sagen: Diese Nacht will ich als Geist der und der Person begegnen, mit ihr sprechen und ihr dies und jenes sagen? Antwort: Der Vorgang ist folgender: Der Mensch schläft ein, sein Geist wacht auf. Dieser ist aber oft sehr weit davon entfernt, das auszuführen, was der Mensch beschloß, denn des Menschen Leben interessiert den stoffbefreiten Geist kaum oder wenig, soweit es sich um höhere Geister handelt. Die anderen aber bringen ihre nächtliche Geisterexistenz auf ganz andere Weise zu: Entweder geben sie sich ihren Leidenschaften hin oder bleiben in Untätigkeit. Möglich ist es also, daß der Geist seinen Entschluß ausführt. Daß er aber im Wachzustande dazu gewillt ist, beweist noch nicht, daß er es auch tut.

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