Das Buch der Medien

- 107 - Ein Mittel, das man oft mit gutem Erfolge anwendet, um sich von der Echtheit der Identität bei verdächtigen Geistern zu überzeugen, besteht darin, ihn im Namen des allmächtigen Gottes bestätigen zu lassen, daß er wirklich jener ist, für den er sich ausgibt. Es ereignet sich oft, daß ein Geist mit erborgtem Namen vor solcher Gotteslästerung zurückschreckt. Nachdem er angefangen hat zu schreiben: "Ich bestätige im Namen des ..." bleibt er plötzlich stehen, macht vielleicht im Zorn bedeutungsvolle Striche oder zerbricht den Bleistift. Und wenn er ein guter Heuchler ist, umgeht er die Frage durch einen gedanklichen Vorbehalt, indem er zum Beispiel schreibt: "Ich versichere euch, daß ich die Wahrheit sage", oder: "Ich versichere euch im Namen Gottes, daß ich es bin, der mit euch redet" usw. Aber es gibt auch Geister, die nicht so gewissenhaft sind und alles beschwören, was man von ihnen will. Einer teilte sich einem Medium mit und behauptete sogar, daß er Gott selbst sei. Das Medium, das sich durch eine so hohe Gunst sehr geehrt fühlte, zögerte nicht, es zu glauben. Als er von uns zitiert wurde, wagte er es nicht, auf seinen Betrug bestehen zu bleiben und sagte: Geist: Ich bin nicht Gott, aber Sein Sohn. Frage: So bist du also Jesus? Das ist aber nicht sehr wahrscheinlich, denn Jesus ist zu hochgestellt, um eine Ausflucht anzuwenden. Wage es also zu behaupten, daß du Christus bist! Geist: Ich sage ja nicht, daß ich Jesus bin, ich sage, daß ich der Sohn Gottes bin, ich bin doch eines Seiner Geschöpfe. Man könnte daraus schließen, daß die Verweigerung eines Geistes, seine Identität im Namen Gottes zu bestätigen, ein offener Beweis ist, daß sein angenommener Name auf Betrug hinausläuft, die Behauptung aber nur eine Vermutung und keinen sicheren Beweis bildet. Unter die Beweise der Identität kann man auch die Ähnlichkeit der Schrift und Unterschrift einreihen, doch abgesehen davon, daß nicht jedes Medium dieses Resultat erhält, ist es auch nicht immer eine hinreichende Gewährleistung. Es gibt in der Geisterwelt genauso Betrüger wie in unserer irdischen, und daher ist es nur eine Mutmaßung der Identität, die erst durch bestimmte Begleitumstände ihre Gültigkeit erhält. So verhält es sich auch mit geheimnisvollen Zeichen, die manche guten Geister als Sigel oder Talisman ausgeben und die von den bösen nicht nachgeahmt werden können. Aber für Geister, die es wagen, im Namen Gottes falsch zu schwören oder eine Unterschrift zu fälschen, kann auch kein sonstwie geartetes Zeichen ein Hindernis sein. • Der beste Beweis der Identität besteht immer in der Sprache und in den zufälligen Umständen. Man könnte nun sagen, wenn ein Geist die Unterschrift fälschen kann, kann er auch ebensogut die Sprache nachahmen. Das ist wahr. Wir haben Geister gehört, die frech den Namen Christus angenommen haben, und um zu hintergehen, ahmten sie den Stil der Evangelien nach. Sie verschwendeten die wohlbekannten Worte: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch...!" Aber wenn man das ohne jede Voreingenommenheit studiert, wenn man den Grund der Gedanken und die Tragweite der Ausdrücke erforscht, wenn man Seite an Seite mit schönen Grundsätzen der Nächstenliebe manches Läppische und Lächerliche sieht, müßte man wohl verblendet sein, um sich täuschen zu lassen. • Gewisse Bestandteile der materiellen Form einer Sprache können nachgeahmt werden, aber nicht der Gedanke. Nie wird Unwissenheit und Laster das wahre Wissen und die echte Tugend nachahmen. Deshalb hat das Medium wie auch der Anrufer den ganzen Scharfsinn und die ganze Urteilskraft nötig, um die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden. Viele, viele Medien schon haben unglaubwürdige Kommunikationen erhalten, die von "Jesus", "Maria" oder von einem "Heiligen" unterzeichnet waren. Wenn die absolute Identität der Geister in vielen Fällen eine Nebenfrage und ohne Bedeutung ist, so verhält es sich anders mit der Unterscheidung von guten und bösen Geistern. Ihre Individualität kann uns gleichgültig sein, aber ihr Charakter niemals. Bei allen belehrenden Kommunikationen muß man daher alle Aufmerksamkeit auf diesen Punkt richten. Nur er kann uns den Maßstab für das Vertrauen geben, das wir einem Geiste schenken dürfen, der sich uns unter irgendeinem Namen kundgibt. Ist er gut oder böse? Zu welcher Stufe der geistigen Stufenleiter gehört er? Das sind die Hauptfragen. Wir haben gesagt, man beurteile Geister wie man Menschen beurteilt, nach ihrer Sprache. Erhält ein Mensch zwanzig Briefe von unbekannten Personen, wird er am Stil, an den Gedanken und an einer

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