Das Buch der Medien

- 117 - ihnen nur die Gewalt seines Willens entgegensetzen kann, streiten sie, und meist sind sie die Stärkeren. Man wundert sich, daß der Name Gottes, den man gegen sie anruft, oft ohnmächtig ist und sie nicht beeindruckt. Der Heilige Ludwig hat den Grund dafür in folgender Antwort gegeben: „Der Name Gottes hat über die unvollkommenen Geister nur im Munde desjenigen einen Einfluß, der sich seiner mit Autorität, bedingt durch seine Tugenden, bedienen kann. Im Munde eines Menschen, der keine moralische Überlegenheit über den Geist besitzt, ist "Gott" ein Wort wie jedes andere. Ebenso verhält es sich mit den heiligen Sachen, die man ihnen vorhält. Die furchtbarste Waffe ist in jenen Händen unwirksam, die sie nicht zu bedienen verstehen." Die Erhabenheit oder Niedrigkeit der Geister deutet uns den Ton an, dessen wir uns schicklich ihnen gegenüber zu bedienen haben. Eines ist einleuchtend: Je erhabener sie sind, desto größere Ansprüche haben sie auf unsere Hochachtung, Verehrung und Unterwürfigkeit. Wir dürfen ihnen als Geister nicht weniger Ehrerbietung bezeugen, als wir es bei ihren Lebzeiten aus irdischen Gründen getan hätten. Auf Erden würden wir ihren Rang und ihre soziale Stellung betrachtet haben, in der Geisterwelt gründet sich unsere Hochachtung nur auf ihre moralische Überlegenheit. Ihre Erhabenheit verachtet die Kindereien unserer schmeichelhaften Form. Nicht durch Worte kann man sich ihr Wohlwollen erwerben, sondern durch die Reinheit der Gefühle. Es wäre daher lächerlich, ihnen Titel zu geben, die unsere Sitten dem Rangunterschiede zugrunde legen und die ihrer Eitelkeit vielleicht zu Lebzeiten hätten schmeicheln können. Da sie erhaben sind, geben sie nichts darauf, es mißfällt ihnen sogar. Ein guter Gedanke ist ihnen lieber als die schmeichelhaftesten Beinamen. Der Geist eines ehrwürdigen Geistlichen, der auf Erden ein Kirchenfürst und ein rechtschaffener Mensch gewesen ist, der das Gesetz Jesu ausübte, antwortete einmal jemandem, der ihm bei einer Anrufung den Titel "Monseigneur" beilegte: "Du solltest wenigstens 'Ex-Monseigneur' sagen, denn hier gibt es nur einen Seigneur (Herrn), nämlich Gott. Glaube mir, daß ich hier Wesen sehe, die mir auf Erden zu Füßen fielen und vor denen ich mich nun selbst beuge." Was die niederen Geister anbelangt, so weist uns ihr Charakter die Sprache zu, die für sie schicklich ist. Unter ihnen gibt es viele, die harmlos und wohlwollend, aber dennoch unwissend und unbesonnen sind. Diese ebenso zu behandeln wie die ernsten Geister, wäre genauso, als sich vor einem Schüler zu verneigen oder vor einem mit einem Doktorhute geschmückten Esel. Ein vertraulicher Ton wäre bei ihnen nicht am unrechten Orte, sie nehmen ihn nicht übel und hören ihn recht gern. Unter den niederen Geistern gibt es viele, die unglücklich sind. Ihre Leiden sollten unser Mitleid wecken, denn das Wohlwollen, das wir ihnen entgegenbringen, ist für sie eine Erleichterung. Sind sie uns schon nicht sympathisch, so sollen sie doch jede Nachsicht finden, wie auch wir sie von den Mitmenschen verlangen. Geister, die ihre Niedrigkeit durch Zynismus in ihrer Sprache, durch Lügen und die Niedrigkeit ihrer Gefühle verraten, sind unserer Teilnahme weniger wert als jene, die Reue zeigen. Aber wir sind ihnen jenes Mitleid schuldig, das wir selbst für den größten Verbrecher fühlen, und das Mittel, sie zum Schweigen zu bringen, ist, sich höher zu zeigen, als sie sind. Sie geben sich nur den Medien hin, von denen sie nichts zu fürchten glauben, denn im rechtschaffenen Menschen finden sie genau wie in den höheren Geistern ihre Meister. Kurz gesagt: Es wäre ebenso unehrerbietig, die höheren Geister wie seinesgleichen zu behandeln, als es lächerlich wäre, für alle ohne Ausnahme die gleiche Verehrung zu hegen. Bewahren wir daher die Hochachtung für die Geister, die sie verdienen, Dankbarkeit für diejenigen, die uns beschützen und beistehen, und für alle andern ein Wohlwollen, denn wir wissen nicht, ob wir es später nicht auch einmal benötigen. Die Mitteilungen, die man von sehr erhabenen Geistern oder von jenen erhält, die einmal große Persönlichkeiten des Altertums darstellten, sind uns durch die erhabenen Belehrungen, die sie enthalten, sehr schätzenswert. Diese Geister haben einen Grad der Vollkommenheit erreicht, der es ihnen gestattet, einen ausgebreiteten Ideenkreis zu erreichen, Geheimnisse zu lösen, die gewöhnliche Sicht der Menschen zu überschreiten und uns infolgedessen besser über viele Dinge zu belehren. Daraus folgt

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