Das Buch der Medien

- 12 - sind dem Spiritismus mehr schädlich als nützlich. Sie sind am allerwenigsten geeignet, zu überzeugen, weil man ihrem Urteile mit vollem Recht nicht traut. Sie sind trotz besten Glaubens Spielball teils von Spottgeistern, teils von Menschen, die ihre Leichgläubigkeit auszubeuten suchen. Das Schlechteste dabei ist, daß sie, ohne es zu wollen, jenen Ungläubigen die Waffen geben, die mehr Gelegenheit zum Lachen als sich zu überzeugen suchen. Die Mittel zur Überzeugung sind außerordentlich verschieden, je nach dem Individuum. Was den einen überzeugt, hat oft beim andern keine Wirkung. Dieser ist durch bestimmte materielle Manifestationen überzeugt, jener durch verständige Mitteilungen. Die größte Anzahl Anhänger gewann der Spiritismus durch Vernunftschlüsse. Wir können behaupten, daß für die meisten, die nicht durch Belehrung vorbereitet waren, die materiellen Erscheinungen nur wenig Gewicht hatten. Ein jeder sieht sie von seinem besonderen Gesichtspunkte aus und erklärt sie sich auf seine eigene Art. Der Materia-list sieht darin eine rein physische Angelegenheit oder einen Betrug, der Unwissende eine übernatürliche oder gar teuflische Sache, während eine vorausgehende Belehrung die vorgefaßten Meinungen zerstört, und wenn schon nicht die Wirklichkeit, so doch wenigstens die Möglichkeit der Sache nachweist. Man begreift sie, bevor man sie gesehen hat. Ist aber bereits die Möglichkeit anerkannt, so ist schon dreiviertel der Überzeugung gewonnen. Ist es nun überhaupt vorteilhaft, einen völlig Ungläubigen überzeugen zu wollen? Wir haben schon gesagt, das hängt ganz von der Ursache ab und von der Art seines Unglaubens. Sehr oft läßt ihn der Eifer, mit dem man ihn zu überzeugen sucht, an seine persönliche Wichtigkeit glauben, und das ist für ihn ein Grund mehr zur Ablehnung. Wer sich weder durch Worte noch durch Taten überzeugen läßt, muß sich der Prüfung des Unglaubens unterziehen. Man muß es in diesem Falle der Vorsehung überlassen, günstigere Umstände für ihn herbeizuführen. Der Spiritismus liegt in der Luft. Er verbreitet sich durch die Kraft der Tatsachen und macht alle glücklich, die sich dazu bekennen. Wenn seine Gegner ihn anwachsen sehen und sogar bei ihren Freunden, werden sie schließlich ihre Absonderung begreifen und werden gezwungen sein, entweder zu schweigen oder sich zu ergeben. Um bei der Darlegung des Spiritismus so vorzugehen, wie man es bei anderen Wissenschaften tun würde, müßte man nach und nach seine ganzen Phänomene vorführen, aber das kann nicht sein. Es ist unmöglich, einen experimentalen Kursus des Spiritismus zu lehren, wie etwa bei Physik und Chemie. Bei den Naturwissenschaften hat man es mit Rohstoffen zu tun, man kann sie nach Willkür behandeln und fast mit Sicherheit ihre Wirkungen lenken. Beim Spiritismus jedoch hat man es mit Intelligenzen zu tun, die ihren freien Willen haben, die uns laufend beweisen, daß sie nicht unseren Launen und Wünschen unterworfen sind. Man kann daher nur beobachten, den Erfolg abwarten, und ihn bei seinem Eintreten ausnutzen. Es ist auch undenkbar, zu glauben, daß die Geister nur darum erscheinen sollten, um sich zu zeigen oder um sich wie Schaugegenstände der Erforschung preiszugeben. Die Phänomene könnten also gerade dann fehlschlagen, wenn man sie benötigt, oder in einer ganz anderen Reihenfolge eintreten, als man es wünschte. Setzen wir noch hinzu, daß zu ihrer Hervorbringung Personen mit besonderer Anlage benötigt werden, und daß diese Anlagen je nach Individuum bis ins Unendliche hin verschieden sind. Da es nun sehr selten ist, daß eine Person alle gewünschten Fähigkeiten besitzt, ist dies eine Schwierigkeit mehr. Man müßte eine ganze Sammlung von Medien zur Verfügung haben. Diesem Übelstande ist mit einem einfachen Mittel vorzubeugen: Man muß mit der Theorie anfangen. Hier werden alle Erscheinungen anschaulich gemacht, man kann davon Bericht geben, ihre Möglichkeiten begreifen, die Bedingungen erkennen, unter denen man sie hervorbringen kann, und auch die Hindernisse erkennen, denen man begegnen kann. In welcher Ordnung sie dann je nach Umständen auftreten, ist gleich, es gibt nichts mehr, was überraschen könnte. Noch ein anderer Vorteil ergibt sich dadurch: es werden demjenigen, der diesen Weg geht, eine Menge von Enttäuschungen erspart. Gegen alle Schwierigkeiten gerüstet, kann er sich in acht nehmen und es vermeiden, Erfahrung auf eigene Kosten zu sammeln. Die beste Methode, Spiritismus zu lehren, ist die, sich zuvor an den Verstand, dann erst an die Augen zu wenden. Das vorstehend erläuterte Studium der Theorie hat noch den Vorteil, die Größe des Zieles und die Tragweite der Wissenschaft unmittelbar zu zeigen. Wer damit anfängt, einen sich drehenden oder klopfenden Tisch anzusehen, ist meist zum Lachen aufgelegt, weil er sich schwerlich denken kann,

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