Das Buch der Medien

- 48 - Frage: Aber warum vermengen sich diese vielen und verschiedenen, vielfältigen Eindrücke nicht? Antwort: Das ist ein unerklärbares Geheimnis, das aber nicht mehr befremdet, als jenes der Tonwellen, die sich in der Luft kreuzen, durcheinanderwirbeln und sich trotzdem voneinander unterscheiden. In einem gesunden, wohlorganisiertem Gehirn sind diese Eindrücke deutlich und bestimmt, in einem weniger günstigen verwischen und verwirren sie sich. Daher stammt das Schwinden des Gedächtnisses oder die Verwirrung der Ideen. Die durch die Augen zum Gehirn gelangten Bilder lassen dort also einen Eindruck zurück, der bewirkt, daß man sich des Bildes erinnert, als ob man es vor sich hätte. Aber es ist immer nur eine ausschließliche Sache des Gedächtnisses, denn man sieht die Bilder nicht. In einem gewissen Zustande der Freiheit aber schaut die Seele ins Gehirn und findet darin diese Bilder wieder, besonders jene, die am meisten überrascht und beeindruckt haben. So geschieht es, daß sie darin Eindrücke religiöser, diabolischer, dramatischer oder weltlicher Szenen und Figuren findet, die sie zu ihrer Zeit in einem Gemälde gesehen, in einer Erzählung gehört hat usw., denn auch Erzählungen lassen ihre Eindrücke und Bilder zurück. Die Seele sieht also, aber sie sieht nur einen Bildeindruck im Gehirn. Im Normalzustande sind diese Bilder flüchtig und von kurzer Dauer, weil alle Teile des Gehirns frei wirken. Doch im Krankheitsfalle ist das Gehirn immer mehr oder weniger geschwächt, es fehlt das Gleichgewicht unter allen Organen. Einige sind besonders aktiv, während andere geradezu gelähmt sind, und daher kommt die Stetigkeit gewisser Bilder. Das ist die wahre Halluzination und die erste Ursache zu fixen Ideen. Wie man sieht, haben wir über diese Anomalie durch ein ganz physiologisches, wohlbekanntes Gesetz Aufschluß gegeben, nämlich jenes der Gehirneindrücke. Aber wir mußten immer die Seele mitwirken lassen. Wenn die Materialisten bisher keine genügende Erklärung dieses Phänomens geben konnten, so daher, weil sie eine Seele nicht zugeben wollen. Auch unsere Erklärung werden sie anfechten, weil wir die Seele als Grund gelten lassen, was bestritten wird. Bestritten durch wen? Nur durch sie, aber zugelassen durch eine gewaltige Anhängerschaft. Doch die Verneinung einiger Weniger kann kein Gesetz machen. Ist unsere Erklärung gut? Gibt sie so, wie sie ist, eine weitgehende Aufklärung über alle Visionen? Gewiß nicht, und wir fordern daher alle Physiologen zu einer Erklärung auf, die alle Visionen umfaßt, denn mit den Schlagworten "Überreizung" und "Aufregung" ist rein nichts gesagt. Wenn also alle Theorien der Halluzinationen ungenügend sind, alle Tatsachen zu erklären, so kommt es daher, daß darin etwas anderes steckt, als die sogenannte Halluzination. Doppelgängerei und Umgestaltung –– Erscheinung der Geister von Lebenden –– Das Zweite Gesicht –– Der heilige Alfons von Liguori –– Der heilige Antonius von Padua –– Kaiser Vespasian –– Umwandlung Die ersteren zwei Phänomene sind Spielarten unsichtbarer Manifestationen, die die Ordnungen der natürlichen Erscheinungen nicht überschreiten. Beide gründen sich auf das Prinzip, daß alles, was von den Eigenschaften des Perisprits nach dem Tode gesagt wurde, auf das Perisprit der Lebenden Anwendung findet. Wir wissen, daß der Geist während des Schlafes teilweise seine Freiheit wiedererlangt, d. h. daß er sich vom Körper absondert. Der Geist hat immer seine halbmaterielle Hülle, mag der Mensch tot oder lebendig sein, und durch dieselben Ursachen, die wir beschrieben haben, kann er die Sichtbarkeit und Greifbarkeit erlangen. Vollkommen wahre Tatsachen können in dieser Beziehung keinen Zweifel übrig lassen. Wir werden davon einige Beispiele anführen, die wir persönlich erlebten und für deren Wahrheit wir uns verbürgen können: Die Frau eines unserer Freunde hat wiederholt nachts gesehen, wie eine Obstverkäuferin, die sie vom Sehen her kannte, mit der sie aber noch nie gesprochen hatte, in ihr beleuchtetes Zimmer trat. Die Erscheinung verursachte ihr einen umso größeren Schrecken, da sie vom Spiritismus noch keine Kenntnis hatte und die Erscheinung sich oft wiederholte. Die Obstverkäuferin war indessen völlig lebendig und schlief wahrscheinlich zu jener Zeit. Während ihr materieller Körper daheim war, befand sich ihre Seele mit dem fluidischen Körper bei dieser Dame. In solchem Falle hätte ein eingeweihter

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