Das Buch der Medien

- 50 - des Geistes sterben kann, und daß es nie passieren kann, daß er bei seiner Rückkehr das Tor verschlossen findet. Der Geist einer lebenden Person, wenn er vom Körper vorübergehend isoliert ist, kann ebenso erscheinen, wie der einer toten Person, und kann allen Anschein der Wirklichkeit haben. Er kann sogar für Momente sichtbar und greifbar werden. Diese Erscheinung ist als Doppelleibigkeit bekannt und hat manchen Anlaß zu Geschichten von Doppelgängern gegeben, von Individuen, deren Gegenwart gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten festgestellt wurde. Hier folgen zwei Beispiele, durch die Kirchengeschichte überliefert: Der heilige Alfons von Liguori wurde schon vor der vorgeschriebenen Zeit heilig gesprochen, weil er sich gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten gezeigt hatte, was für ein Wunder gehalten wurde. Der heilige Antonius von Padua war in Spanien um zu predigen, als zur gleichen Zeit sein Vater in Padua, eines Mordes beschuldigt, zum Richtplatze geführt wurde. In diesem Moment erschien der heilige Antonius, bewies die Unschuld seines Vaters und machte den wahren Mörder namhaft, den später die Strafe erreichte. Es wurde bewiesen, daß der heilige Antonius zu jener Zeit Spanien nicht verlassen hatte. Von uns wurde der heilige Alfons gerufen, und über die obigen Tatsachen befragt. Die Fragen und Antworten waren: Frage: Kannst du uns die Erklärung dieser Erscheinung geben? Antwort: Ja. Wenn der Mensch durch die Tugend vollkommen von der Materie befreit ist, wenn er seine Seele zu Gott erhoben hat, kann er zugleich an zwei Orten erscheinen. Der einverleibte Geist kann bei Herannahen des Schlafes Gott bitten, sich an einen Ort fern vom ruhenden Körper zu übertragen. Sein Geist oder seine Seele, wie ihr es nennen wollt, verläßt den Körper mit einem Teile seines Perisprits und läßt ihn in einem dem Tode verwandten Zustande zurück, denn es blieb im Körper ein Band, das Perisprit und Seele an die Materie bindet. Der Körper erscheint dann an dem gewünschten Orte. Einwand: Dies gibt uns aber keinen Aufschluß über das Sichtbarwerden und die Fühlbarkeit des Perisprits. Antwort: Wenn der Geist sich von der Materie befreit hat und in höhere Stufen der jenseitigen Welt aufsteigt, kann er sich der Materie sichtbar machen. Frage: Ist der Schlaf des Körpers unerläßlich, damit der Geist an einem anderen Orte erscheinen kann? Antwort: Die Seele kann sich teilen, wenn sie sich an einen anderen Ort getragen fühlt, fern vom Körper. Es kann geschehen, daß der Körper nicht schläft, obgleich dies sehr selten ist. Doch dann ist der Körper nie in einem normalen Wachzustande, sondern sein Befinden ist immer mehr oder weniger ekstatisch. Anmerkung: Die Seele teilt sich nicht im genauen Sinne des Wortes, sondern sie strahlt nach verschiedenen Seiten aus, sie kann sich auf diese Art an verschiedenen Orten manifestieren, ohne sich zu teilen. Frage: Was würde einem in Schlaf versunkenen Menschen geschehen, wenn man ihn plötzlich wecken würde, während sein Geist in weiter Ferne sich befindet? Antwort: Dieser Fall kann nicht eintreten, denn wenn jemand die Absicht hätte, ihn zu wecken, würde der Geist sofort in seinen Körper zurückkehren und diesem Vorhaben zuvorkom-men, da er ja die Gedanken liest. Diese gleiche Erklärung ist uns durch die Geister verstorbener und lebender Personen schon mehrmals gegeben worden. Der heilige Alfons erklärt zwar die Tatsache der doppelten Anwesenheit, aber er gibt uns nicht die Theorie des Sichtbarwerdens und der Betastbarkeit der Geister.

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