Das Buch der Medien

- 62 - stift nehmen und sich desselben bedienen, um Buchstaben zu schreiben. Da sie ihm durch die Hand des Mediums, eines Brettchens o. ä. den Impuls geben, können sie dies auch auf eine unmittelbare Art tun. Aber man gelangte bald zu der Erkenntnis, daß ein Bleistift nicht nötig ist und daß ein einfaches Stückchen Papier, gefaltet oder nicht gefaltet, genügt. Man findet auf diesem nach einigen Minuten geschriebene Buchstaben. Hier findet eine Verwandlung des Phänomens statt und bringt uns in eine andere Ordnung der Dinge. Die Buchstaben sind in der Regel mit irgendeiner Substanz gebildet worden. Sobald man dem Geiste diese zum Schreiben verwendbare Substanz nicht geliefert hat, hat er sie selbst gebildet. Wo hat er sie hergenommen? Wir haben die vollständige Theorie dieses Phänomens im VIII. Kapitel gegeben. In diesem Falle bedient sich der Geist weder unserer Substanz noch unserer Werkzeuge. Er schafft sich die Materie und die nötigen Werkzeuge selbst, indem er sein Material aus dem primitiven allgemeinen Elemente schöpft, das er durch seinen Willen Umwandlungen eingehen läßt, um zu der beabsichtigten Wirkung zu gelangen. Er kann also, wie schon früher gesagt, ebensogut einen Rotstift, Druckerschwärze oder gewöhnliche Tinte, wie auch einen schwarzen Bleistift und sogar Buchstaben zum Drucken herstellen, die fest genug sind, um Erhabenheiten zum Abdruck zu bringen, wie wir es gese-hen haben. Die Tochter eines uns bekannten Herrn, ein Kind von 12-13 Jahren, erhielt ganze beschriebene Seiten, mit einer der Pastellfarbe ähnlichen Substanz, von Geistern. Wenn wir die direkte Schrift der Geister vom Gesichtspunkte des Nutzens aus betrachten, können wir sagen, daß ihr größter Nutzen bis jetzt der materielle Beweis einer sehr wichtigen Tatsache war: des Eingreifens einer verborgenen Macht, die darin ein neues Mittel fand, sich uns zu offenbaren. Doch die erhaltenen Mitteilungen sind selten von großem Umfang, sie sind gewöhnlich spontan und beschränken sich auf einzelne Worte, Sätze, und oft auf unverständliche Zeichen. Man hat sie in allen Sprachen erhalten, griechisch, lateinisch, syrisch, in hieroglyphischen Zeichen usw. Aber es kam nie zu so schneller, wechselseitiger Verständigung wie bei der Psychographie oder der Schrift mittelst eines Mediums. Da die Geister Geräusche und Schläge verursachen können, so können sie logischerweise auch Geschrei jeder Art und artikulierte Laute der menschlichen Sprache an unserer Seite oder in der freien Luft hören lassen. Diese Erscheinung bezeichnen wir mit dem Namen "Pneumatophonie". Nach dem, was wir von der Natur der Geister wissen, könnte man denken, daß einzelne von den niederen Geistern sich selbst täuschen und glauben, so wie in ihrem irdischen Leben reden zu können. Man muß sich aber hüten, alle Töne, die keine erkennbare Ursache haben, oder das einfache Ohrensausen für verborgene Stimmen zu halten, oder gar zu glauben, daß uns ein klingendes Ohr anzeigt, daß man irgendwo von uns spricht. Dieses Sausen hat eine rein physische Ursache und ist ohne jede Bedeutung für uns, während die pneumatophonischen Töne Gedanken ausdrücken. Nur daran kann man erkennen, daß ihrem Entstehen eine intelligente Ursache zugrunde liegt. Recht oft passiert es, daß man im Halbschlafe Worte, Namen, oft auch ganze Sätze deutlich aussprechen hört und dies so stark, daß wir sofort aus dem Schlafe aufschrecken. Obwohl es möglich ist, daß dies in manchen Fällen wirklich eine Manifestation ist, hat diese Erscheinung nicht genügend Positives an sich, daß man es nicht auch einer der Theorie der Halluzination ähnlichen Ursache zuschreiben könnte. Anders verhält es sich, wenn man ganz wach ist, denn wenn es wirklich ein Geist ist, der sich so vernehmen läßt, kann man fast immer mit ihm einen Gedankenaustausch pflegen. Die spiritistischen oder pneumatophonischen Töne haben zwei sich sehr unterscheidende Arten ihres Entstehens. Es ist einmal eine innere Stimme, die in unserem inneren Sein, gewissermaßen in unserem Gewissen, ertönt, aber obwohl die Worte deutlich und klar sind, haben sie dennoch kein Material, sind sie nicht begrifflich zu fassen. Ein andermal wieder sind sie äußerlich und deutlich artikuliert, als kämen sie von einer an unserer Seite schreitenden Person her. Auf welche Art sich aber auch die Pneumatophonie äußert, sie ist fast immer spontan und kann nur sehr selten bewußt hervorgerufen werden.

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