Das Buch der Medien

- 65 - die Fähigkeit, materielle Effekte hervorzubringen, nur selten bei jenen Medien besteht, denen bessere Mittel zu Mitteilungen zu Gebote stehen, wie die Schrift und das Wort. Gewöhnlich vermindert sich die Begabung in der einen Beziehung in dem Maße, als sie in einer anderen zunimmt. Die unfreiwilligen oder natürlichen Medien sind solche, deren mediale Begabung ohne ihr Wissen zustande kommt oder besteht. Sie haben keine Kenntnis von ihrer Macht und oft erscheint ihnen das Ungewöhnliche, das um sie herum geschieht, gar nicht außerordentlich. Es bildet einen Teil ihrer selbst, wie bei Personen, die für ein doppeltes Gesicht befähigt sind und nicht daran zweifeln. Diese Medialität findet man in jedem Alter und oft bei sehr jungen Kindern. Die Gabe unfreiwilliger Medialität ist an sich nicht das Zeichen einer Krankheit, denn sie geht oft mit einer vollkommenen Gesundheit Hand in Hand. Ist derjenige, der sie besitzt, krank, so rührt dies von einer anderen Ursache her. Therapeutische Heilmittel und Arzneien sind unvermögend, Medialität zu beseitigen. Sie kann in vielen Fällen Folge einer gewissen organischen Schwäche sein, doch ist dies nie eine wirksame Ursache. Man soll daher aus Gesundheitsrücksichten keine Furcht haben, üble Folgen können nur entstehen, wenn diese Personen ausübende Medien werden und mit ihren Gaben Mißbrauch treiben. Denn dann würde bei ihnen eine zu starke Ausströmung des Lebensfluidums stattfinden und infolgedessen eine Schwächung der Organe erfolgen. Wer mit solchen Erscheinungen vertraut ist, weiß übrigens, daß sie mehr der moralischen als der physischen Ordnung angehören, und daß man ihre Lösung vergeblich in unseren exakten Wissenschaften suchen würde. Gerade darum, weil sich diese Phänomene an die moralische Ordnung anschließen, muß man mit großer Sorgfalt alles vermeiden, was die Einbildungskraft anregen kann, denn man kennt die Folgen, die durch Furcht entstehen können, sie können sogar töten! Wenn sich eine mediale Anlage bei einem Menschen von selbst entwickelt, so ist nichts anderes zu tun, als das Phänomen seinen natürlichen Lauf nehmen zu lassen. Die Natur ist klüger als die Menschen. Die Vorsehung hat ihre Absichten, und die kleinste Ursache kann Werkzeug einer Wirkung von größter Tragweite werden. Man muß zwar zugestehen, daß diese Erscheinung manchmal ermüdende und belästigende Formen annimmt, aber hier folgen Hinweise, was man in einem solchen Falle tun kann. Im V. Kapitel von den spontanen physischen Manifestationen haben wir schon einige Ratschläge über diesen Gegenstand erteilt, indem wir sagten, daß man trachten muß, mit dem Geiste in Verkehr zu treten, um von ihm zu erfahren, was er überhaupt will. Das nachfolgende Mittel ist ebenfalls auf Erfahrung begründet: Die unsichtbaren Geister, die ihre Anwesenheit durch wahrnehmbare Zeichen zu erkennen geben, sind meist immer Geister einer niederen Stufe, die man durch moralische Überlegenheit beherrschen kann. Diese Überlegenheit muß man sich zu erwerben streben, und um sie zu erreichen, muß man die Leitung der Sitzung nicht einem natürlichen, unerfahrenen Medium, sondern einem ausgebildeten Medium zu übertragen bemüht sein. Dann entsteht eine ähnliche Wirkung, wie sie beim Somnambulismus vor sich geht. Man weiß, daß der natürliche Somnambulismus gewöhnlich weicht, wenn er durch den magnetischen ersetzt wird. Man hält die sich freimachende Kraft der Seele nicht auf, aber man gibt ihr einen anderen Lauf. Ebenso verhält es sich mit der mediumistischen Kraft. Um dahin zu gelangen, muß man, anstatt die Phänomene zu hemmen, was man übrigens selten erzielt und was oft nicht ohne Gefahr abläuft, das Medium anregen, sie nach seinem Willen hervorzurufen, indem es so dem Geiste Gehorsam angewöhnt. Auf diese Art gelangt es dahin, ihn zu beherrschen, und aus einem oft tyrannischen Gebieter macht es häufig einen gelehrigen Unteranen. Eine merkwürdige und durch die Erfahrung bekräftigte Sache ist, daß in einem solchen Falle ein Kind oft mehr Kraft entwickelt als ein Erwachsener. Dies ist eine neue Bekräftigung des Hauptpunktes der Theorie, daß nicht der Geist, sondern nur sein Körper ein Kind ist, und daß er eine seiner Einverleibung notwendigerweise vorhergegangene Entwicklung besitzt, die ihm ein Übergewicht über niedere Geister verleiht. Die Moralisierung des Geistes durch Ratschläge einer dritten und einflußreichen, erfahrenen Person ist sehr oft ein kräftiges Mittel, wenn das Medium nicht imstande ist, es selbst zu tun. Zu dieser Gattung von Medien scheinen auch jene Personen zu gehören, die mit einer gewissen Menge natürlicher Elektrizität versehen sind und die durch eine einfache Berührung alle Wirkungen der Anziehung und Abstoßung hervorbringen können. Es ist übrigens nicht richtig, sie unter allen

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