Das Buch der Medien

- 83 - Die mediale Schrift ist oft sehr leserlich, die Worte und Buchstaben sind vollkommen abgesondert. Bei gewissen Medien wieder ist sie für einen jeden anderen schwer zu entziffern, außer für den, der schreibt. Da muß man sich eine gewisse Geläufigkeit erwerben. Oft ist sie in großen Zügen formiert. Geister sind mit dem Papier wenig sparsam. Ist ein Wort oder Satz unleserlich geschrieben, so bittet man den Geist, nochmals anzufangen, und er tut es gewöhnlich gern. Ist die Schrift ganz unleserlich, selbst für das Medium, so kommt dieses durch häufige und fortgesetzte Übungen dahin, eine deutlichere zu erhalten. Es gehört aber der feste Wille dazu und die Bitte an den Geist, korrekter zu schreiben. Manche Geister bedienen sich oft jener angenommenen Zeichen, die in den regelmäßigen Versammlungen zur Anwendung kommen. Um anzuzeigen, daß ihnen eine Frage nicht gefällt, oder daß sie darauf nicht antworten wollen, machen sie zum Beispiel einen langen Strich oder ein ähnliches Zeichen. Wenn der Geist das beendet hat, was er zu sagen hatte, oder wenn er nicht mehr antworten will, bleibt die Hand plötzlich stehen und das Medium kann kein Wort mehr erhalten, so groß auch seine Macht und sein Wille sein mögen. So lange der Geist aber noch nicht beendet hat, geht im Gegenteil davon der Bleistift weiter, ohne daß es der Hand möglich wäre, aufzuhalten. Will ein Geist etwas spontan kundgeben, so ergreift die Hand krampfhaft den Bleistift und fängt an zu schreiben, ohne daß sich das Medium dem widersetzen kann. Es empfindet fast immer in sich ein gewisses Gefühl, das ihm andeutet, ob nur eine Unterbrechung eingetreten ist, oder ob der Geist geendigt hat. Es ist ganz selten, daß es nicht wüßte, ob sich dieser entfernt hat oder blieb. Dies sind die wesentlichsten Hinweise, die wir zur Entwicklung der Psychographie zu geben hatten. Die Erfahrung wird bei der Ausübung noch so manche Einzelheiten ergeben, die zu erwähnen hier unnötig ist, weil jedes Medium sie anders anwendet. Alles, was wir vorstehend sagten, bezieht sich auf das mechanische Schreiben, das alle Medien zu erlernen streben. Aber der reine Mechanismus ist selten und es mischt sich sehr oft den Kommunikationen mehr oder weniger Intuition bei. • Das Medium, das sich dessen bewußt ist, was es schreibt, zweifelt oft an seiner Befähigung. Es weiß nicht, ob das Geschriebene von ihm selbst oder einem fremden Geiste kommt. Es hat aber durchaus keinen Grund, sich darüber zu beunruhigen und soll die Sache trotzdem fortsetzen. Sorgfältige Beob-achtung wird in dem Geschriebenen leicht eine Menge Sachen und Gedanken finden, die nicht von ihm stammen können und ihm sogar widerstreben, ein deutlicher Beweis, daß sie nicht von ihm kommen. Mit der Erfahrung wird der Zweifel schwinden. Wenn es dem Medium nicht gegeben ist, ausschließlich mechanisch zu schreiben, werden alle Versuche, dieses Resultat zu erzielen, vergebens sein. Dennoch braucht es sich nicht für unbegabt zu halten. Wenn es nur mit der intuitiven Medialität begabt ist, so muß es sich damit eben begnügen. Auch sie wird ihm große Dienste erweisen, wenn es nur versteht, daraus Nutzen zu ziehen. Ist nach langen Versuchen keine Spur unfreiwilliger Bewegung zu erkennen, oder sind die Handbewegungen zu schwach, soll das angehende Medium den ersten ihm eingegebenen Gedanken niederschreiben, es ist schon vorgekommen, daß sich die mechanische Bewegung dann dennoch eingestellt hat. Wir erwähnten schon, daß es Fälle gibt, wo es ganz gleichgültig ist zu wissen, ob der Gedanke vom Medium oder einem fremden Geiste kommt. Dies ist besonders dann der Fall, wenn ein nur intuitives oder inspiriertes Medium eine Arbeit für sich selbst verrichtet. So ist es bei der Inspiration der Dichter, Denker, Weisen und der Gelehrten der Fall. Setzen wir nun voraus, daß bei einem Medium die Befähigung in ihrer vollen Entwicklung vorhanden ist und das Medium mit Leichtigkeit schreibt, es also ein fertiges Medium ist, so wäre es von ihm ein großer Fehler, sich von jeder anderen Belehrung abzukehren. Es hat nur die materiellen Hindernisse überwunden, aber nun beginnen erst die wahren Schwierigkeiten, und es hat jetzt mehr denn je Ratschläge der Vernunft und Erfahrung nötig, wenn es nicht in unzählige ihm gelegte Schlingen geraten will. Versucht es zu früh mit eigenen Flügeln zu fliegen, wird es bald die Beute lügenhafter Geister werden. • Vor allem ist zu verhüten, daß es mit seiner Schreibfähigkeit Mißbrauch treibt. Darum ist ratsam, sich ihrer nur in wirklich wichtigen Momenten und nicht aller Augenblicke zu bedie-nen.

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