Das Buch der Medien

- 9 - lich sind. Wunder lassen sich nicht erklären, aber die spiritistischen Erscheinungen auf die vernünftigste Art. Sie sind also keine Wunder, sondern Tatsachen, die ihre Begründung in den allgemeinen Gesetzen finden. Wenn ein Mensch, der wirklich gestorben ist, durch göttliche Dazwischenkunft wieder zum Leben erweckt wird, so ist dies ein wahres Wunder, weil es gegen die Naturgesetze ist. Wenn aber dieser Mensch nur scheintot ist, wenn in ihm noch ein Rest der verborgenen Lebensfähigkeit ruht, und wenn Wissenschaft und Behandlung mit Magnetismus ihn wieder ins Leben zurückrufen, so ist das für aufgeklärte Menschen eine natürliche Erscheinung, und nur bei Unwissenden wird diese Tat als ein Wunder gelten. Eine der wichtigsten unter allen spiritistischen Erscheinungen ist ohne Zweifel die unmittelbare Schrift, denn sie zeigt uns in auffallender Weise die Tätigkeit der verborgenen Intelligenzen. Allein sobald diese Erscheinung durch verborgene Wesen bewirkt wird, ist sie ebensowenig wunderbar wie alle anderen Phänomene, die man den unsichtbaren Agentien, d. h. Triebkräften, verdankt. Diese verborgenen Wesen, die den Raum erfüllen, bilden eine von den Naturkräften, deren Einfluß sowohl auf die materielle als auch auf die moralische Welt unausgesetzt wirkt. Indem uns der Spiritismus diese Kraft erklärt, gibt er uns den Schlüssel zu einer Menge unerklärter und auf keine andere Weise erklärbarer Tatsachen, die in vergangenen Zeiten als Wunder gelten konnten. Zugleich enthüllt er uns den Magnetismus, ein zwar nicht unbekanntes, aber schlecht erklärtes Naturgesetz. Man kannte wohl seine Wirkungen, aber man kannte das Gesetz selbst nicht, und diese Unkenntnis hat den Aberglauben erzeugt. Nachdem man es erkannte, verschwand das Wunderbare und seine Erscheinungen traten in die Reihe der ganz natürlichen Dinge. Der Spiritismus kommt der Religion zu Hilfe, indem er die Möglichkeit gewisser Tatsachen nachweist, die zwar nicht den Charakter des Wunderbaren an sich tragen, aber dennoch ganz außerordentlich sind. Aber deshalb ist Gott nicht weniger groß, auch nicht weniger mächtig, weil Er Seine eigenen Gesetze nicht aufgehoben hat. Zu den spiritistischen Tatsachen muß man in erster Linie die Erscheinungen der Geister zählen, weil sie die am häufigsten vorkommenden sind. Jene von der Salette1, die auch die Geistlichkeit anerkennt, ist für uns nichts Seltenes. Wir können zwar nicht behaupten, daß die Sache wirklich geschehen ist, denn uns fehlt der materielle Beweis, aber für uns ist sie möglich, weil uns Tausende von ähnlichen neueren Erscheinungen bekannt sind. Nach unserer Theorie, die wir später von den Geistererscheinungen geben werden, wird man sehen, daß eine Menge physischer Erscheinungen nur deshalb wunderbar wirken, weil man nicht den Schlüssel dafür hat. Die vom Spiritismus hervorgebrachten Tatsachen zeigten uns neue Gesetze auf und gaben uns über manches übernatürlich scheinende Vorkommnis Aufklärung. Man findet täglich Menschen, die von keiner Tatsache Augenzeuge waren, die nie einen Tisch sich bewegen oder ein Medium schreiben sahen, und dennoch sind sie fest von allem überzeugt: nur, weil sie gelesen und verstanden haben. Wollte man nur das glauben, was man mit eigenen Augen sah, würden sich unsere Überzeugungen auf wenige Dinge beschränken! Die Methode Ein ganz natürliches und lobenswertes Begehren der Spiritisten, das man nicht genug unterstützen kann, ist es, Anhänger zu gewinnen. Um ihnen die Arbeit zu erleichtern und ihnen Anstrengungen zu ersparen, versuchten wir, einen gangbaren Weg zu erforschen. Wir sagten, der Spiritismus sei eine ganze Philosophie, eine ganze Wissenschaft für sich. Derjenige also, der ihn allen Ernstes kennenlernen will, muß sich daher zunächst einem ernsten Studium hingeben und überzeugt sein, daß er diese Wissenschaft genausowenig wie eine andere erlernen kann. Der Spiritismus berührt alle Fragen, welche die Menschheit interessieren, sein Feld ist unermeßlich, und von diesem Standpunkte aus muß man ihn betrachten. 1 Marienerscheinung von La Salette.

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