Der Prozeß des Schlafens und der Prozeß des Todes sind verwandt

- 5 - Sterbende gerade braucht. Wenn man als Begleitender stark anhaftet, ist es besonders schwer für den Sterbenden zu gehen. Wenn der Mensch gestorben ist, ist es aus der Perspektive der tibetischen Tradition wichtig, das nicht so zu sehen, daß dieser Mensch nun gegangen ist und nicht mehr existiert. Statt dessen sollten wir die Person als im Übergang befindlich betrachten. Die Seele nimmt eine andere Form an. Während dieses Übergangs benötigt die Person Unterstützung – wie in jedem Übergang. Traditionell werden Speisen als Opfergaben verbrannt und dergleichen. Wenn man ißt, wird versucht, eine Verbindung aufrecht zu erhalten und zumindest für die ersten 49 Tage Unterstützung zu geben. Im Westen sind die Kinder oft nicht sehr mit den Eltern verbunden. Wenn die Eltern sterben, wollen die Kinder das Geld erben, aber sie wollen die Eltern eigentlich nicht sehen und ihnen helfen. Ich denke manchmal, es wäre auch für die Kinder gut, nicht nur an sich zu denken, sondern zum Beispiel das geerbte Geld für wohltätige Zwecke zu spenden, für Dinge, die den Eltern am Herzen lagen, um damit auch ihrer eigenen Seele und ihrem Geist zu helfen. D. M. : Im diesjährigen Retreat wirst Du über Phowa lehren. Was genau ist die Phowa-Praxis? Rinpoche : Die Phowa-Praxis geht zurück auf sehr alte Lehren. In erster Linie benutzt man sie im Augenblick des Todes, um das eigene Bewußtsein in die reineren Dimensionen erleuchteter Wesen zu erheben. Es geht um das Verständnis der Hauptenergiekanäle im Körper, um das Erkennen der Kraft des Prana oder Windelements und darum, wie man sie benutzt, um das Bewußtsein im Zentralkanal nach oben zu bringen und ihn so frei zu machen, daß das Bewußtsein aufsteigen und im Moment des Todes aus ihm austreten kann. Die Praxis ist jedoch nicht nur auf den Todesmoment ausgerichtet, sondern man hat auch jetzt zu Lebzeiten etwa davon, wenn man mit ihr arbeitet und die Kanäle, besonders den Zentralkanal, öffnet. D. M. : Können auch Nicht-Buddhisten mit dieser Praxis arbeiten? Rinpoche : Nicht-Buddhisten können mit der Phowa-Praxis arbeiten, aber um Phowa wirklich zu erlernen, muß man Zuflucht nehmen, sonst kann man die Praxis eigentlich nicht korrekt durchführen. Vielleicht möchten diese Personen aber Buddhisten werden, wenn sie wirklich an dieser Praxis interessiert sind. D. M. : Du arbeitest gerade an einem neuen Buch? Rinpoche : Es beschäftigt sich mit der Heilungspraxis der fünf Elemente und wird hoffentlich im Frühjahr in der englischen Version erscheinen und wahrscheinlich Ende des nächsten Jahres auf Deutsch. Es geht darin um das Verständnis der fünf Elemente im Tantra, bezogen auf den menschlichen Körper und seiner Energie: Wie balanciert und stärkt man sie? Wie verwendet man diese Qualitäten zur Erleuchtung? Und schließlich geht es um das Verstehen der fünf Elemente, bezogen auf unser Bewußtsein: Wie sind diese Elemente in uns in Form von Licht und Raum? Wie kann man sie nutzen und verwenden? D. M. : Vielen Dank für das Interview. Hinweis: Wer Auskünfte über Vorträge und Seminare mit Geshe Tenzin Wangyal Rinpoche haben möchte, wende sich bitte an folgende Telefonnummer in Deutschland: 069/442368 oder wende sich an die Email-Adresse: mihm@praxis-adarsha.de

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