Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 19 - Auch Jesus verwendete den Begriff der Toten im biblischen Sinne als "geistig Tote, Gott Ferne": Joh. 5, 25ff.: "Ich sage euch: Es kommt die Stunde und jetzt ist sie da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie hören, werden leben . . . Wundert euch darüber nicht, es kommt die Stunde in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden, und es werden hervorgehen, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die das Böse getan haben, zur Auferstehung des Gerichts." Wäre in dieser Stelle gemeint gewesen, daß die Leichname auf den Friedhöfen aus den Gräbern kommen, hätte das zu Lebzeiten Christi tatsächlich geschehen müssen, denn es heißt doch ausdrücklich: "Es kommt die Stunde und jetzt ist sie da . . ." Vielmehr muß Jesus die Geister der Verstorbenen gemeint haben, die in den "finsteren Höhlen" der Unterwelt (2. Petr. 2, 4) auf die Erlösung warteten. Für diese Deutung läßt sich auch diese Bibelstelle heranziehen: 1. Petr. 3, 19: "Im Geiste (= nach dem Kreuzestod im geistigen Leib, d. Verf.) ging er auch hin zu den Geistern im Gefängnis und predigte ihnen, die einst nicht gehorchen wollten, als in den Tagen Noahs Gott geduldig wartete . . ." Die vorher erwähnte Ganztod-Theorie wird durch diese Bibelstellen unhaltbar: Die Geister der Verstorbenen können, wenn Leib und Seele sterben, keine Predigt anhören. Nach dem kirchlichen Auferstehungsglauben müßte die Auferweckung aber nicht nach dem Kreuzestod, sondern erst am "Jüngsten Tag" erfolgen! Eindeutige Aufschlüsse zum kirchlichen Begriff der "Auferstehung" liefert ein sprachwissenschaftlicher Exkurs zum Aramäischen, der Muttersprache Jesu. (Anmerkung: Diese ff. Anregungen verdanke ich einem Gespräch mit Pastor Dr. Günther Schwarz, Diepholz, einem hervorragenden Kenner der aramäischen Sprache, der Muttersprache Jesu. BN 10 (1979), S. 35-39 "anhistämi und anastasis".) Im Aramäischen existieren nur zwei Vokabeln, die den Begriff "Auferstehung" abdecken können: "achajuta" und "techijjuta". Diesen beiden Wörtern ist aber die "Auferstehung" im Sinne einer Neuschöpfung durch Gott nicht zu entnehmen, da der ursprüngliche Sinn "Wiederbeleben, Wiederbelebung, Wiederaufbelebung bzw. Wiederaufleben" ist, d. h. daß ein lebender oder verstorbener Mensch "wieder ins Leben zurückgerufen wird, wieder lebendig gemacht wird, wieder am vollen Leben" - und Christus nennt sich selbst das Leben - teilnehmen kann. Die Auferstehung des Fleisches, das wir hier und jetzt besitzen, und die Möglichkeit mehrmaliger Erdenleben in verschiedenen Leibern sind unüberwindliche Gegensätze. Eines schließt das andere notwendigerweise aus. Doch kann der kirchliche Auferstehungsglaube akzeptiert werden? Macht er nicht jedem nachdenklichen Gläubigen Schwierigkeiten in Anbetracht des Wissens um die biologisch-chemischen Umwandlungsprozesse, die alles Materielle durchläuft'? Aber nach Meinung der Kirche "genügt es zur Wahrung der Identität, wenn ein verhältnismäßig geringer Teil der Stoffmenge des irdischen Leibes im Auferstehungsleib enthalten ist." (Ott S. 584)

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