Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 23 - "Durch sein heiligstes Leiden am Holze des Kreuzes hat er uns die Rechtfertigung verdient und für uns Gott, dem Vater, Genugtuung geleistet" (DS 1529). Ob Gott in seiner unendlichen und uns unbegreiflichen Vollkommenheit und Heiligkeit überhaupt zu beleidigen ist, mag als Frage im Raum stehen bleiben. Ist es überhaupt denkbar, daß Gott eine Versöhnung benötigt? Anselm von Canterbury (gest. 1109) hat diese Auffassung zu einer "systematischen Erlösungstheorie" ausgebaut. Er betonte die Sündenschuld als eine unendliche Beleidigung Gottes. Daher verlangte sie auch eine unendliche Sühne, die nur von einem Gottmenschen stellvertretend für die Menschen geleistet werden könne (vergl. Ott S. 227). Diese Lehre hat das Trienter Konzil in vollem Umfang übernommen. Es setzte darüber hinaus noch weitere Akzente: "Diesen hat Gott als Versöhner hingestellt . . . für die ganze Welt" (DS 1522). Entgegen der Auffassung einiger logisch denkender Häretiker, die die Erlösung nur für die von Gott für den Himmel Vorherbestimmten gelten lassen wollten und nicht für die Hölle Prädestinierten, wurde betont, daß die Erlösungstat ausdrücklich für alle Menschen erfolgt sei. Den Wiederspruch löst man mit der Einschränkung, daß Christus zwar für alle Menschen hinreichend Sühne geleistet habe, daß aber die persönliche Aneignung der Erlösungsfrüchte von der Erfüllung gewisser Bedingungen, nämlich des Glaubens und der Beachtung der Gebote, abhänge. Eine Genugtuung Christi für die gefallenen Engel wird ausgeschlossen. (vergl. Ott S. 228) In der heutigen Zeit lehren Theologen der verschiedenen Konfessionen, daß die stellvertretende Genugtuung Christi die eigenen Bemühungen um Vollkommenheit hinfällig werden lassen. Da die Menschen ohne eigenes Zutun erlöst sind und die Früchte der Erlösung durch Gottes Gnade, nicht durch eigene Verdienste erlangt werden, hilft dem Menschen nur der Glaube, es helfen ihm auch nicht seine guten Werke. Theologen, die dieser Theorie anhängen, bemerken offenbar nicht, daß sie damit ihre eigene Existenzberechtigung in Frage stellen. Wozu braucht man kirchliche Dienste, wenn man die Eintrittskarte für den Himmel schon besitzt? Liegt hier nicht auch ein großer Widerspruch vor zu der Lehre von Gericht, Jüngsten Tag und ewiger Hölle? Jedenfalls sind die Erlösungslehren der verschiedenen Richtungen nicht überzeugend. • Immerhin wäre es ebenso gerechtfertigt, zu behaupten, daß die Menschen zwar durch den Erlösungstod Christi aus den Händen ihres Machthabers, des Teufels, losgekauft wurden, aber dennoch erst durch eigene Bemühungen, Glauben und gute Werke in wiederholten Erdenle-ben allmählich zur Vollkommenheit und damit zur Teilnahme am Leben Gottes gelangen können.

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