Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 26 - II. Das Welt- und Menschenbild im Umfeld der Wiederverkörperungslehre 1. Klärung des weltanschaulichen Hintergrundes Der Grundgedanke von Reinkarnation und Karma ist zwar in nahezu allen Kulturkreisen zu finden, jedoch in zahlreichen Variationen, die sich teilweise auch widersprechen. Er stellt sich ebensowenig nach außen als Einheit dar wie der christliche Glaube, der auch abhängig ist von der historischen oder nationalen Ausprägung. "Die geschichtliche Gebundenheit theologischer Aussagen ist in den christlichen Kirchen bewußt geworden; eine solche 'Relativität' muß auch anderen Weltanschauungsgemeinschaften zugestanden werden." 28 Wenn wir daher einen Gesamtüberblick über das weltanschauliche System der Wiederver-körperungslehre geben wollen, müssen wir zuvor unseren Standort der Betrachtung nennen. Bei der Darstellung des christlichen Menschenbildes bezogen wir uns hauptsächlich auf die Lehre der katholischen Kirche, da diese weltweit verbreitet ist und ihre Lehre in Dogmen übersichtlich und endgültig festgelegt hat. Aus welchen Quellen beziehen wir das Gedankengut der Wiedergeburtslehre und welcher geistige Hintergrund ist damit verbunden? Meistens richten sich nämlich die Angriffe nicht gegen die Idee selbst, daß der Mensch mehrere Leben haben könnte. "Das größere Problem ist das jeweilige weltanschauliche System und Umfeld, in das die Reinkarnationsidee eingebettet ist." 29 Die wiederholte Einverleibung wird in östlichen Religionen, wie im Hinduismus und Buddhismus gelehrt, auf den wir uns nicht berufen. Mit dem Hinweis auf das indische Kastenwesen mit seinem unbarmherzigen Sozialverhalten wird gewöhnlich das Karmagesetz abgelehnt und die Verehrung der heiligen Kühe, in denen Seelen inkarniert seien, liefert den Grund, die Reinkarnation als solche abzuwehren.30 a) Spiritualismus Außerhalb der östlichen Religionen und unabhängig von ihnen wird der Reinkarnationsgedanke auf dem Hintergrund des Spiritualismus gelehrt, der von den Kirchen jedoch weitgehend abgelehnt wird. Was ist die Ursache dieser Ablehnung? Laut Duden ist der Spiri-tualismus eine "theologische Richtung, die die unmittelbare geistige Verbindung des Menschen mit Gott gegenüber der geschichtlichen Offenbarung betont."31 Nach der Auffassung des Spiritualismus ist es möglich, Informationen aus der geistigen Welt, der Welt jenseits unserer materiellen Sinne, zu gewinnen durch unmittelbare geistige Verbindung. Dies widerspricht aber den kirchlichen Lehren, die als göttliche Offenbarungen nur die Heilige Schrift gelten lassen. Die Katholiken stellen zwar die Tradition gleichberech-tigt daneben, aber nur, wenn sie durch das kirchliche Lehramt anerkannt wurde. Was 28 Adler, a.a.O., S. 86 29 Adler, a.a.O., S. 89 30 Vergl. Köberle, a.a.O., S. 134 31 Duden - Fremdwörterbuch, a.a.O., S. 668

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3