Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 30 - "Es ergeht keine neue Offenbarung mehr; weil das absolute Heil in Christus gegeben ist, kann sich gar keine neue, die bisherige wesentlich überbietende Offenbarung mehr ereignen." 43 Noch weit intoleranter ist die heutige dialektische Theologie der evangelischen Kirche. Der evanglische Religionshistoriker Johannes Witte vertritt den extremen Standpunkt, "daß nur in der Bibel Offenbarung Gottes vorliegt, und ein für allemal abgeschlossen ist, bis auf die Vollendung am Ende der Tage. Nirgends sonst ist die Offenbarung für die Menschen Wirklichkeit geworden, nirgends sonst möglich." (Witte, a.a.O., S. 33) Daß das Prophetentum aber als tragende Säule der Kirche für die Zukunft bestimmt war, belegen mehrere Bibelstellen.44 Eindeutig auf die Zukunft bezogen ist die Vorhersage Jesu: Joh. 16, 12-15: "Noch vieles habe ich euch zu sagen, doch ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch hinführen zur vollen Wahrheit; denn nicht von sich aus wird er reden, sondern was er hört, wird er reden, und das Kommende wird er euch künden. Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein; deswegen sagte ich: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden." Wahre Propheten werden also reden, was sie von Christus, d. h. vom Gottesgeist, hören und ihre Lehre wird eine Verherrlichung von Christus sein. Eine andere Bibelstelle zeigt, welche Bedeutung das Prophetentum im Leben der ersten Christen hatte und wohl auch für spätere Zeiten haben sollte: Gott wollte sein Volk durch Propheten durch die Zeit führen, besonders durch Notzeiten: Apg. 11, 27f.: "In diesen Tagen kamen Propheten von Jerusalem nach Antiochien herab, und einer von ihnen, namens Agabus, trat auf und sagte Kraft des Geistes voraus, daß eine große Hungersnot kommen werde über den ganzen Erdkreis; diese kam unter Claudius." Es wäre im Rückblick gesehen unbegreiflich, warum Christus den späteren Generationen diese Führung vorenthalten haben sollte. Oder haben die Menschen von sich aus auf diese Führung verzichtet? Dazu bemerkt Kurt Aland: "Das Wehen des Geistes läßt im Anfang des 2. Jahrhunderts allmählich nach, die Didache (= älteste Kirchenordnung, d. Verf.) läßt bereits erkennen, daß die Einrichtung der christlichen Prophetie allmählich brüchig wird. Noch bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts und darüber hinaus muß jedoch die Prophetie ebenso wie die Überzeugung, daß der heilige Geist sich Werkzeuge wählen kann, durch die er zur Christenheit spricht, noch durchaus in Geltung gestanden haben, sonst läßt sich der Einbruch des Montanismus in weite kirchliche Bezirke nicht erklären . . . Zur selben Zeit nun mit dem Rückgang der Prophetie bildet sich in der Kirche das historische Bewußtsein aus." (Aland, a.a.O., S. 32). Geläufiger ist uns der Begriff "Tradition". Der evangelische Kirchenhistoriker Prof. Walter Nigg gibt dazu ein einleuchtendes Urteil: "Die Apostelgeschichte gibt dem sonst unbekannten Agabus ausdrücklich den Namen Prophet, und damit ist die Behauptung widerlegt, die Prophetie habe mit dem Tode Jesu ihre Funktion eingestellt. Diese sonderbare Meinung haben lediglich einige Theologen vertreten, die die begreif-liche Furcht hegten, durch die prophetische Wirksamkeit könnten die Paragraphen ihrer Dogmatik durcheinandergeraten. Im Gegensatz zu dieser erstarrten Auffassung verzichtete das Urchristentum nicht auf 43 Rahner; Handbuch theologischer Grundbegriffe, a.a.O., S. 721. 44 z. B.: Apg. 13, 1; 15, 32; 21, 10f.

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