Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 48 - "Wahrlich ich sage dir: Wenn einer nicht geboren wird von oben (Vulgata: von neuem; Vulgata Codes Z: wiedergeboren), kann er das Reich Gottes nicht schauen. Nikodemus sagte zu ihm: 'Wie kann ein Mensch geboren werden, der alt ist? Kann er noch einmal in den Schoß seiner Mutter eingehen und geboren werden (Codes S, C: wiedergeboren)?' Jesus antwortete: 'Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Wenn einer nicht geboren wird aus Wasser und Geist, kann er nicht eingehen in das Reich Gottes. Was geboren ist aus dem Fleisch, ist Fleisch, und was geboren ist aus dem Geist, ist Geist. Wundere dich nicht, daß ich dir sagte: Ihr müßt geboren werden von oben. Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der geboren ist aus dem Geist.' Nikodemus entgegnete ihm: 'Wie kann dies geschehen?' Jesus antwortete ihm: 'Du bist der Lehrer Israels und verstehst das nicht? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Was wir wissen, reden wir, und was wir gesehen haben, bezeugen wir, doch unser Zeugnis nehmt ihr nicht an. Wenn ich vom Irdischen zu euch sprach und ihr glaubt nicht, wie werdet ihr glauben, wenn ich zu euch vom Himmlischen spreche?" Christus spricht hier vom Reich Gottes und vom Heiligen Geist. Nach Aussagen des letzten Satzes muß er auch von irdischen Dingen gesprochen haben. So gelesen wie hier ist dieser Satz sinnlos: Offenbar fehlt hier etwas, und es wurde an diesem Text in einem ganz bestimmten Sinn manipuliert, und zwar schlecht. Denn auch die Ausdrücke wie das Geborenwerden "von oben" - "aus Wasser und Geist" sind, obwohl sie doch im gleichen Sinn gebraucht werden, von einer unterschiedlichen und schwer zu begreifenden Bedeutung. Der Gedanke, daß der Ausdruck "aus Wasser und Geist" nachträglich eingefügt wurde, anstelle "von neuem geboren" liegt nahe, zudem bei Nestle/Aland ausdrücklich die lateinische Lesevariante "renatus" (= wiedergeboren) angibt. Sollte hier nicht ein Zeugnis für den Wiedergeburtsglauben beseitigt und stattdessen bewußt eine Deutung im Sinne einer "geistlichen Wiedergeburt durch das Wasser der Taufe" erfolgen? - Im Vergleich mit der bereits im vorhergehenden Abschnitt erwähnten Textstelle: "Wenn ihr nicht wiedergeboren werdet, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen", verstärkt sich auch hier der Verdacht einer bewußten Textverfälschung. Lukas 15, 11-32 (Das Gleichnis vom verlorenen Sohn) Da diese wunderbare Parabel allgemein bekannt sein dürfte, kann hier auf eine wörtliche Wiedergabe verzichtet werden. Meisterhaft gezeichnet hat Jesus die Gleichnisse, der Geist des großen Menschheitslehrers hat mit seiner Parabel vom verlorenen Sohn allein schon durch die Macht des Liebesaspektes die Herzen zahlloser Menschen zum Göttlichen geführt; es stellt, aus dem menschlichen Lebensbereich entnommen, ein zeitloses und allumfassendes Drama dar, das weit über die rein menschlichen Dimensionen hinausgeht: Alle Geistwesen gingen, wie der verlorene Sohn, in Ihrem Eigenwillen aus dem Hause des ewigen Vaters hinaus auf eine lange Reise, in immer neue, fremde Länder (oder irdische Leben), bis sie durch unzählige Leiden und Irrungen gedemütigt (Karmagesetz!) erkennen müssen, daß ein Leben fern vom Vaterhaus nur Unglück bringt. Die Sehnsucht nach dem Glück und der Geborgenheit der wahren Heimat läßt sie alle Entbehrungen und Leiden auf sich nehmen, um wieder zurückzufinden. Gereift durch viele leidvolle Erfahrungen in der Fremde und völlig anspruchslos überwinden sie alle Ängste und Hemmungen und sind bereit, sogar niedrigste Dienste beim Vater dankbar zu verrichten. Einzig und allein im Vaterhaus geborgen leben zu dürfen, ist ihr ganzes Sinnen und Streben. In diesem Gleichnis werden alle wesentlichen Faktoren der Seelenentwicklung angesprochen:

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