Kapitel 1: Persönliche Erlebnisse auf dem Gebiet der Geisterkundgebung

- 6 - Eine Stelle, an der ein Wort ausgelassen und dadurch der ganze Sinn geändert wurde, wird dich ganz besonders interessieren. Du bist katholischer Priester. Du meinst die Gewalt zu haben, Sünden zu vergeben. Welche Stelle des Neuen Testamentes nimmst du als Beweis dafür, daß den Priestern eine solche Gewalt übertragen worden ist?" Ich führte die Stelle an: "Welchen ihr die Sünden nachlasset, denen sind sie nachgelassen" (Joh. 20, 23). Er verbesserte mich, indem er die Stelle w ö r t l i c h wiedergab: "Wenn ihr die Sünden anderer vergebet, werden sie ihnen vergeben" und fuhr dann fort: "Das Wort, was ihr mit 'ihnen' übersetzt, heißt im griechischen auch 'selbst'. Nun stand vor diesem Wort 'selbst' im Urtext noch das Wort 'euch'. Das, was ihr also heute mit 'ihnen' übersetzt, hieß in Wirklichkeit ' e u c h s e l b s t '. Die Stelle lautet also im Urtext wörtlich: • 'Wenn ihr die Sünden anderer vergebet, werden sie e u c h s e l b s t vergeben.' Du siehst wohl ein, welche Entstellung des Sinnes durch Weglassen des Wortes 'euch' entstanden ist. Christus sagte an dieser Stelle nichts anderes, als was er an vielen anderen Stellen ausgesprochen hat, nämlich: Ihr sollt euren Mitmenschen die Fehler und Sünden, die sie gegen euch begangen haben, von Herzen vergeben, damit ihr von Gott für eure eigenen Sünden Verzeihung erlangt. 'Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.' Das Vergeben ist d a s S c h w e r s t e in eurem Leben. Darum empfanget ihr dazu eine besondere Hilfe Gottes. Christus sagt ja auch an derselben Stelle: 'Empfanget einen heiligen Geist!' Wenn ihr anderen die Sünden vergebet, werden sie euch selbst vergeben. Wenn ihr sie aber festhaltet, nämlich in eurem Herzen, dann werden auch die eurigen festgehalten werden, nämlich von Gott. – Hast du das verstanden?" Ich antwortete sehr niedergedrückt und nachdenklich mit einem leisen "Ja" und fügte sofort hinzu: "Dann hat es also nach deiner Ansicht keinen Wert, daß ich als Priester das Sündenbekenntnis anderer entgegennehme, wenn ich keine Lossprechung erteilen kann? Ich müßte demnach die ganze Sache dran geben." "Das brauchst du nicht", erwiderte er. "Da die deiner Kirche angehörenden Christen der Meinung sind, sie müßten zur Erlangung der Sündenvergebung ihre Sünden dem Priester beichten, so nimm ruhig das Bekenntnis entgegen, wie dein Amt es dir vorschreibt. Denn es ist ja nichts Böses oder von Gott Verbotenes, einem Menschen seine Sünden zu offenbaren. • A b e r d u s o l l s t n i c h t g l a u b e n , d a ß d u d i e S ü n d e n d e r B e i c h t k i n d e r a n G o t t e s S t e l l e v e r g e b e n k a n n s t . Deine Aufgabe kann es nur sein, durch B e l e h r u n g, E r m a h n u n g, Z u s p r u c h und i n n e r e A u f r i c h t u n g die sündige Gesinnung aus dem Herzen des Beichtenden zu entfernen, so daß er innerlich umgewandelt nach Hause geht und in seinem Tun sich als ein anderer Mensch erweist. • Ein gewohnheitsmäßiges Beichten und Lossprechen ist nicht bloß zwecklos, sondern eine Entweihung des Gedankens der Versöhnung mit Gott. Durch deine Zwischenfragen bin ich von meinem Thema abgeschweift. Ich will nun damit fortfahren. Wenn auch manches von der Lehre Christi in den auf euch gekommenen Abschriften der alten Urkunden absichtlich weggelassen, anderes durch Fälschungen geändert worden ist, so bleibt doch noch s o v i e l e s R i c h t i g e ü b r i g, daß die Menschen durch B e f o l g u n g dieses Richtigen ihrem Gott näher kommen könnten. Doch leider vermögen sie das Richtige vom Falschen nicht zu unterscheiden. Die Grundlage der Lehre Christi ist nach seinen eigenen Worten: • ' L i e b t G o t t ü b e r a l l e s u n d d e i n e n N ä c h s t e n w i e d i c h s e l b s t ! ' W e r d a s b e f o l g t , h a t d a s g a n z e c h r i s t l i c h e G e s e t z e r f ü l l t .

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3