Kapitel 3-5: Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

- 13 - schreiben, und so sagte ich offen und ohne Vorbehalt heraus, wie ich handelte und dachte; so konnte ich auch um so getroster jedes Resultat erwarten, und war ich etwa verkehrt oder im Irrtum oder im Eigendünkel, so sollte das meine Behörde wissen oder zu beurteilen imstande sein. Denn ich will einmal nicht in einem stummen Eigensinn mich verrammeln, wie es allerdings in gegenwärtiger Zeit manche falsche Richtungen und dämonische Geistlichkeiten tun, da die Betrogenen im Verborgenen mancherlei ausbrüten und niemanden, der nicht schon ganz ihnen angehört, in ihre Heimlichkeiten hineinschauen lassen. Meine Sache sollte ans Licht und im Lichte geprüft werden – aber wohlgemerkt, nur als eine Art Beichtgeheimnis gegenüber meiner Behörde. Dieser wollte ich es sagen und vorerst sonst niemandem. Ich habe auch Wort gehalten". In seiner Pfarrei hatte Blumhardt eine arme Familie Dittus. Sie bestand aus fünf Geschwistern: drei Schwestern und zwei Brüdern. Die eine der Schwestern hieß Gottliebin und war 25 Jahre alt. Im Frühjahr 1840 waren die Geschwister in das Erdgeschoß eines ärmlichen Hauses in Möttlingen, der Pfarrei Blumhardts eingezogen. Schon bald glaubte Gottliebin Dittus unerklärliche Vorgänge bei sich zu verspüren. Es kam ihr vor, als sähe und höre sie manches Unheimliche im Hause. Gleich am ersten Tage, wo sie das Haus bezogen hatten, hatte Gottliebin beim Tischgebet einen Anfall bekommen, bei dem sie bewußtlos zu Boden fiel. Oft hörte man ein immerwiederkehrendes Gepolter und Geschlürfe in der Kammer, Stube und Küche. Das setzte sowohl die Geschwister Dittus als auch die im oberen Stock wohnenden Hausleute in Schrecken. Aber keiner hatte den Mut, etwas zu sagen. Gottliebin fühlte, wie ihr nachts die Hände gewaltsam übereinandergelegt wurden. Sie sah Gestalten und Lichter. Pfarrer Blumhardt hörte nur hier und da von der Sache und schenkte ihr keine Aufmerksamkeit. Dieser Spuk hatte schon über zwei Jahre gedauert, da wurde Blumhardt durch Verwandte der Gottliebin auf den jammervollen Zustand des Mädchens aufmerksam gemacht und um Hilfe gebeten. Das Gepolter war inzwischen in dem Hause so furchtbar geworden, daß man es weit in der Nachbarschaft hörte, gerade als wären Handwerksleute in dem Hause beschäftigt. Gottliebin sah besonders häufig die Gestalt eines zwei Jahre vorher gestorbenen Weibes aus Möttlingen mit einem toten Kind auf den Armen. Diese Weib, dessen Namen Gottliebin zuerst nicht nannte, stand immer an derselben Stelle vor ihrem Bette, bewegte sich zuweilen zu ihr hin und wiederholte oft die Worte: "Ich will Ruhe haben" oder: "Gib mir Papier, so komme ich nicht wieder!" Blumhardt ordnete nun an, daß eine Freundin bei der Gottliebin schlafen solle, um ihre Gedanken von derartigen Dingen abzulenken. Aber auch sie hörte nachts das Gepolter. Beide sahen ein Licht aufflackern. Sie gingen dem Lichtschein nach und fanden unter einem Brett einen rußigen Bogen Papier. Das darauf Geschriebene war unleserlich. Daneben lagen drei Kronentaler und etliche Papiere, die inwendig ebenfalls mit Ruß überzogen waren. Von da an war es ruhig im Hause. Blumhardt glaubte schon, daß die Gespenstergeschichte damit ihr Ende erreicht hätte. Allein nach 14 Tagen fing das Gepolter von neuem an und nahm von Tag zu Tag zu. Der Arzt Dr. Späth, dem Gottliebin alles anvertraute, blieb mit einigen Personen zweimal in der Stube über Nacht. Was er da erlebte, übertraf alle seine Erwartungen. Das Aufsehen, das diese Sache machte, zog immer weitere Kreise, und viele Neugierige von nah und fern stellten sich ein, wie immer, wenn es sich darum handelt, gerade auf diesem Gebiet eine Sensation zu erleben. Da entschloß sich Blumhardt, dem Skandal ein Ende zu machen und zu diesem Zweck etwas Durchgreifendes zu tun. Mit sechs der ernstesten und vertrauenswürdigsten Männer seiner Pfarrei wollte er die Vorgänge prüfen. Mit ihnen zusammen ging er an einem Abend zu dem Hause. Er selbst blieb in der Stube, um Gottliebin zu beobachten. Die anderen verteilten sich je zwei und zwei in und um das Haus. An diesem Abend wurden nun diese sieben Männer Zeugen davon, daß innerhalb dreier Stunden 25 Schläge auf eine gewisse Stelle der Kammer erfolgten, die so gewaltig waren, daß der leere Stuhl dort aufsprang, die Fenster klirrten und der Verputz von der Oberdecke herunterfiel. Die Bewohner des ganzen Ortes vernahmen ebenfalls diese furchtbaren Schläge, die sich draußen anhörten wie ein Neujahrsschießen.

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