Kapitel 3-5: Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

- 51 - 5.3 Das Hellsehen an einem Sterbebett. (Zeitschrift für Parapsychologie, Jahrgang 1927, S. 475 - 476). Ein Mann aus San Francisco teilt mit, was er am Sterbebett seiner Frau fünf Stunden lang geschaut hat. Folgendes ist sein Bericht: "War ich einer Sinnestäuschung unterworfen oder plötzlich hellsehend geworden in den letzten fünf Stunden, die unmittelbar dem Scheiden meiner Frau vorausgingen, das ist für mich heute eine Streitfrage, deren befriedigende Lösung mir wohl niemals zuteil wird. Ehe ich zur Erzählung der kleinen Begebenheit schreite, möchte ich zu Nutzen und Frommen des Lesers unbedingt vorausschicken, daß für mich weder alkoholische Getränke noch Kokain oder Morphium in Betracht kommen. Auch bin ich keineswegs nervös oder phantastisch. Vielmehr gelte ich als kaltblütig, ruhig und besonnen und stehe alledem ungläubig gegenüber, was man mit Spiritismus bezeichnet. Allen meinen Freunden ist bekannt, daß meine Frau am Freitag dem 23. Mai 1902, ein Viertel vor 12 Uhr nachts von hinnen schied. Um sie herum versammelt waren einige meiner vertrautesten Freunde wie auch der behandelnde Arzt mit zwei geprüften Krankenpflegerinnen. Die rechte Hand der Kranken in der meinigen haltend, saß ich an der Seite des Krankenbettes. So vergingen zwei Stunden, und noch keine Änderung war eingetreten. Der Diener lud zum Essen ein. Aber niemand war geneigt, dieser Aufforderung zu einer Stärkung nachzukommen. Gegen 6.30 Uhr forderte ich doch dringend die Anwesenden auf, sich zum Essen zu begeben, da man ja nicht wissen könne, wie lange sich die Nachtwache noch hinziehen könne. So verließen denn alle das Zimmer. • Eine viertel Stunde später sah ich unwillkürlich einmal nach der Türe und bemerkte, wie drei getrennte, aber deutliche Wolkenschichten in das Zimmer hineingeweht wurden. Jede Wolke schien eine Ausdehnung von etwa vier Fuß in der Länge zu haben, sechs bis acht Zoll in der Breite, und die unterste war zwei Fuß von dem Boden entfernt. Die anderen schienen in Zwischenräumen von etwa sechs Zoll sich zu bewegen. Mein erster Gedanke war nun, daß einige Freunde vor dem Schlafzimmer ständen, Zigarren rauchend, und die Rauchwolken drängen ins Zimmer ein. In diesem Gedanken sprang ich auf, um ihnen meine Ungehaltenheit kundzugeben. Aber da stand niemand an der Türe, noch war jemand auf dem Gang oder in den Nebenzimmern zu sehen. • Erstaunen überkam mich, und ich sah nach den Wolken. Diese näherten sich leise dem Bette, bis sie dasselbe vollständig eingehüllt hatten. Als ich dann in den Nebel hineinstarrte, gewahrte ich zu Häupten meines im Sterben liegenden Weibes eine weibliche Gestalt, etwa drei Fuß groß, durchsichtig, dennoch wie ein lichter Schein von leuchtendem Gold, eine Frauengestalt, so erhaben von Anblick, daß mir die Worte fehlen, sie genauer zu beschreiben. Eingehüllt in ein griechisches Gewand mit langen, lose herabwallenden Ärmeln. Auf ihrem Haupt eine strahlende Krone. So stand die Gestalt in ihrem vollen Glanze und ihrer Schönheit unbewegt da, ihre Hände über meine Frau erhoben. Sie schien ihr gleichsam ein Willkommen zu bieten mit heiterer, stiller Miene, würdevoll Ruhe und Frieden ausstrahlend. Zwei andere Gestalten in Weiß knieten an der Seite meines Weibes und lehnten sich anscheinend an sie an. Andere Gestalten schwebten über dem Bett, mehr oder weniger deutlich. Über meiner Frau, indessen durch ein Band mit ihr verbunden, schwebte eine unbekleidete, weiße Gestalt, anscheinend ihr Odkörper. Zeitweise verhielt sich die so verbundene Person vollständig ruhig. Dann aber schrumpfte sie in sich zusammen, bis sie nicht größer als 18 Zoll war. Der Odkörper war vollständig, Arme und Beine, alles vollständig. Während der Odkörper so an Gestalt abnahm, wandte er sich öfter hin und her, schlug mit Armen und Beinen um sich, vermutlich in der Absicht, sich freizumachen und zu entkommen. Er wand sich so lange hin und her, bis er entkräftet zu sein schien. Dann wurde er ruhig, nahm wieder an Größe zu, um das nämliche Spiel von neuem beginnen zu lassen. Diese Vision, oder was es auch sein mochte, habe ich andauernd während der ganzen fünf Stunden gehabt, die dem Scheiden meiner Frau vorausgingen. Unterbrechungen, zum Beispiel, wenn ich mit meinen Freunden sprach, meine Augen schloß und den Kopf abwandte, vermochten das Blendwerk nicht im mindesten

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