Kapitel 7: Christus sein Leben und sein Werk

- 21 - Alle Kraft zusammennehmend, gibt ihm das schon seit vielen Wochen gequälte Opfer die Antwort: 'Meinen Gott versuche ich nicht. Nicht auf diese Art will ich mich als den Sohn Gottes erweisen. Meinem Vater überlasse ich es, wie er mich als seinen Sohn bezeugt. Er wird den Beweis erbringen, und du wirst den Beweis an dir selbst erfahren.' Vor dieser Sprache wich Luzifer, der zweite, aber gefallene Sohn Gottes, vor seinem ältesten, aber gottestreuen Bruder für einige Augenblicke zurück. Mit der Kunst seiner Wunderkraft konnte er nichts ausrichten, weil sein Opfer von ihm kein Wunder annahm und auch nicht zur Vermessenheit bestimmt werden konnte, selbst ein Wunder wirken zu wollen. Aber Satan gab seine Hoffnung noch nicht auf. Er hatte noch ein anderes Lockmittel, mit dem er bisher stets glänzende Erfolge erzielte: Die Welt war sein. Alles Materielle untersteht seiner Herrschaft. Er konnte die Reiche der Erde geben, wem er wollte. Ob er ein Reich dem Babylonier Nebukadnezar gab oder dem Römer Tiberius oder dem Nazarener Jesus – er hatte zu bestimmen. Alle, denen er sie bisher gegeben hatte, waren seine Vasallen gewesen und hatten getan, was er ihnen befahl... Und wie in einem Film zogen die irdischen Reiche in all ihrer verlockenden Pracht vor dem fieberglühenden Auge des Menschensohnes vorüber... 'Siehe, das alles will ich dir geben. Willst du alles haben, es ist dein. Willst du nur das eine oder andere davon haben, wähle es dir aus; du sollst es besitzen. Aber mich mußt du als Oberherrn über dich anerkennen. In diesen Reichen, die du gesehen, bin ich der erste und will der erste bleiben. Aber du sollst der zweite sein.' 'Weiche, Satan! – Ich erkenne nur einen als meinen Oberherrn an – meinen Gott.' Satan hatte den Kampf verloren. Er glaubte sicher, ihn gewinnen zu können, als er sein Opfer in den verflossenen Tagen so oft zum Vater schreien hörte und seine Angst sah. Und da waren doch nur Luzifers Untergebene an der Arbeit. Jetzt war er selbst gekommen, um die, wie er glaubte, sturmreife Festung zu nehmen, in der sich der Hunger als starker Bundesgenosse eingestellt hatte. Doch er hatte sich getäuscht. Mit geistigen Waffen und menschlichen Lockungen war diesem Menschensohn nicht beizukommen. – Doch ein Kampfmittel blieb ihm noch, vor dem alle Menschen erbeben und willfährig werden. Es war das Kampfmittel irdischer Leibesqualen. Die schärfsten wollte er hervorholen. Menschliche Henkersknechte hatte er ja genug in seinem Dienst: Gelehrte und Ungelehrte, Könige und Landpfleger, geistliche und weltliche Machthaber. Es mußte gelingen. Die beste Gelegenheit zur Ausführung würde er schon finden. Darum sagt eure Bibel: Lukas 4, 13: 'Als der Teufel so mit allen Versuchungen zu Ende war, ließ er von ihm ab bis zu einer gelegenen Zeit.' Die furchtbaren Anstürme des Bösen auf Jesus in der Wüste hatte Paulus vor allem im Auge, als er schrieb, daß Christus unter lautem Schrei und unter Tränen den um Hilfe angefleht habe, der ihn vom Tode des Abfalls erretten konnte. Du siehst, Gott verschenkt seine wertvollen Gaben nicht. Sie müssen unter harten Proben errungen werden. Auch Christus mußte sich als Mensch die Kraft bitter verdienen, die er für seine gewaltige Aufgabe nötig hatte. Ihm wurde nichts in den Schoß geworfen. Aber jedesmal, wenn er siegreich mit dem Bösen gerungen, kam die Gotteskraft als Lohn über ihn. Der Himmel tat sich auf und Gottes Geister umgaben ihn. So geschah es auch nach dem Kampfe in der Wüste. Matthäus 4, 11: 'Engel kamen und leisteten ihm Dienste.' Sie verschafften ihm auch das irdische Brot, das er vierzig Tage hatte entbehren müssen. Jetzt, wo die Steine durch die Geister Gottes in Brot verwandelt wurden, nahm er es mit Dank gegenüber Gott an. Er hatte es zurückweisen müssen, als es ihm unter Satans Einfluß gereicht werden sollte.

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