Kapitel 8-9: Die Lehre Christi und das heutige Christentum

- 53 - Ein Jahrtausend hindurch war die Ehe, die Paulus den Ältesten, Bischöfen und Mitarbeitern seiner Zeit zur Pflicht machte, auch den katholischen Priestern gestattet. Es war nicht ein höherer Gesichtspunkt der Religion, der das Papsttum veranlaßte, den Geistlichen die Ehelosigkeit aufzuzwingen. Ein solcher war überhaupt nicht denkbar, sonst würde er schon in der ersten christlichen Kirche zur Vorschrift der Ehelosigkeit geführt haben. Ausschlaggebend dafür war später nur ein rein weltlicher Gesichtspunkt, nämlich die Verstärkung der Macht des Papsttums. • Denn ein von allen Familienbeziehungen losgelöster Geistlicher ist ein v i e l w i l l f ä h r i g e - r e s Werkzeug der kirchlichen Organisation, als ein Priester, der an Frau und Kindern eine seelische und auch materielle Unterstützung hat. Dazu bestand die Wahrscheinlichkeit, daß der ehelose Priester sein Vermögen der Kirche vermachte. Die Gefahren der Ehelosigkeit, die einen Apostel Paulus veranlaßten, ehelose Mitarbeiter im Dienste der Religion abzulehnen, sind zu allen Zeiten dieselben. Sie waren damals nicht größer als heute. Der Vorwand größerer Sittenreinheit und Hingabe an die Sache Gottes bei einem ehelosen Priestertum ist eben bloß ein Vorwand, der sich seither als trügerisch erwiesen hat.

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