Der Delpasse-Effekt

- 6 - 1.4 Prof. William MacDougall und Prof. J. B. Rhine, Duke University, North Carolina. Im Jahre 1935 ereignete sich – von der Welt weithin unbemerkt – eine bedeutsame Kehrtwendung der Wissenschaft: Die Seele wurde wiederentdeckt. – Dieser wichtige Augenblick ist vor allem zwei Psychologen zu verdanken: Professor William MacDougall, lange Jahre an den Universitäten Oxford und Harvard, und dem jungen Forscher Professor J. B. Rhine. Sie beide gründeten an der Duke-Universität in Durham (US-Staat North-Carolina) ein Institut, das die geheimnisvollen seelischen Kräfte der menschlichen Natur ergründen sollte. Damals entstand der Begriff "Parapsychologie" als Bezeichnung einer neuen Fachrichtung im akademischen Lehrplan. Die beiden Wissenschaftler untersuchten so "verrückte Dinge" wie Wahrträume, Hellsehen, Telepathie, Gedankenübertragung. Doch je tiefer sie in diese neue Forschungswelt eindrangen, desto dringender wurde die Frage: "Wenn es Fähigkeiten gibt, die mit den Sinnesorganen und sonstigen, ganz normalen Leistungen nichts zu tun haben – woher kommen dann diese "übersinnlichen Talente"? Verfügt der Mensch, wie seit altersher geglaubt, wirklich über so etwas wie eine Seele? Kann man sie nachweisen? Läßt sie sich vom Körper trennen? Im Parapsychologischen Institut der Duke Universität wurden Spukgeschichten gesammelt und in allen Einzelheiten überprüft. Man notierte Träume und Prophezeiungen und ging allen Begebenheiten nach, die sich ungewöhnlich anhörten. Man entwickelte Labortests zur Ermittlung der sogenannten paranormalen Fähigkeiten. – Und wirklich: Es gibt Menschen, die gelegentlich Dinge "sehen", die sich an weit entfernten Orten oder auch erst in der Zukunft ereignen. Manchmal vermag sich einer ganz offensichtlich über Ort und Zeit, anscheinend auch über Naturgesetze hinwegzusetzen. Aber wenn so etwas passiert, dann ist es kein Wunder, sondern etwas ganz Natürliches. In seinem Buch "Extrasensory Perception" berichtet J. B. Rhine erstmals von Telepathie- und Hellsehversuchen, die in einem Universitätsinstitut unternommen wurden. Was Rhine ausdachte, klingt keineswegs mystisch. Er benutzte ein System von Spielkarten, die fünf einfache Symbole trugen. Jeweils fünf Karten des Spiels zeigten ein Kreuz, einen Stern, eine Wellenlinie, ein Quadrat und einen Kreis. Rhine arbeitete nicht mit professionellen Medien, sondern mit ganz gewöhnlichen Personen - Studenten oder Angehörigen des Universitätspersonals. • Als erstes wichtiges Resultat seiner Versuche entdeckte er, daß viel mehr Menschen, als man gemeinhin annimmt, über einfache Fähigkeiten zur außersinnlichen Wahrnehmung verfügen. Zwar ist oft genug versucht worden, die Ergebnisse von Rhine und anderen, die sich wiederholten, als Schwindel darzustellen. So leicht aber kann man es sich mit der wissenschaftlich betriebenen Parapsychologie nicht machen. Die ebenfalls noch junge Disziplin der Soziologie hat mit mathematischen, kybernetischen, technischen und psychologischen Hilfen ausgeklügelte Kontrollmechanismen für Gruppentests entwickelt. Diese lassen sich mit einigen Abwandlungen auch bei parapsychologischen Versuchen einsetzen. Kein ernstzunehmender Wissenschaftler würde sich heute überhaupt noch der Mühe unterziehen, ein Experiment zu starten, wenn er bereits im Versuchsansatz angegriffen werden könnte. Selbst bei einwandfreien Versuchen ist die Skepsis der Öffentlichkeit noch unendlich groß, der Unglaube angesichts unanfechtbarer Tatsachen kaum zu besiegen. Ein Experiment, dem auch nur der Schatten eines Betrugsmanövers anhaftet, würde gar nicht erst zur Kenntnis genommen werden. Wir dürfen also getrost unterstellen, daß die Experimente von Prof. Rhine ohne willentlichen Betrug abliefen. Aber damit nicht genug. Es wurden auch sorgfältige Vorkehrungen getroffen, um unbewußte Verfälschungen zu vermeiden. Versuche, mit denen hellseherische Fähigkeiten getestet werden sollten, durften nicht telepathisch verwässert werden. Wäre ein Versuchsleiter anwesend gewesen, der die Karten abhob, dann hätte das Medium seine Gedanken telepathisch anzapfen können. Mit Hellsehen hat eine solche Fähigkeit nichts zu tun. Also blieb das Medium allein im Raum. Die Karten, deren Reihenfolge es erraten sollte, wurden durch eine automatische Vorrichtung gemischt. Wenn sehr viele Versuche gemacht werden, dann kann die Wahrscheinlichkeitsrechnung sagen, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür oder dagegen ist, daß es sich bei einer abnorm hohen Trefferzahl um einen bloßen Zufall handelt. Die Mathematik nennt einen so ermittelten Wert, der gegen den Zufall

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