Meditation (Professor Dr. Dr. Klaus Engel)

- 4 - eine Richtung, die eher förderlich ist und jenes ist eine Richtung, die eher behindert. In der Tradition war es so, daß Schüler im Prinzip gar nicht so darauf hörten, was ein Lehrer sagte, sondern sie sind mit ihm wochen- oder monatelang umhergezogen und haben ihn einfach beobachtet. Wie ist sein Leben? Wie ist er in seinem Ego? Wie selbstlos ist er? Nicht was er sagt – das können wir immer nur glauben. Wenn man das noch ein bißchen mehr präzisiert, dann können wir auch Scharlatane von Hilfreichen unterscheiden. Aufgrund meiner Erfahrungen habe ich festgestellt, daß sich die hilfreichen Lehrer gar nicht so sehr unterscheiden. Eine wichtige Angelegenheit ist, daß im Prinzip nichts geheimgehalten werden muß. Ein fortgeschrittener Lehrer hat nichts zu verbergen. Zu den großen meditativen Gestalten konnte kommen wer wollte. Es kann eben einfach nicht jeder den Anspruch erheben, daß er ein Erleuchteter ist. Hier müssen wir wirklich Kriterien festsetzen – wie es auch im Buddhismus bereits der Fall ist – wie wir die Spreu vom Weizen trennen. Man kann ruhig die Lehrer testen. Wenn Sie jemanden, einen Lehrer zum Beispiel, scharf ansprechen und sie merken, er wird sehr negativ emotional – dann ist es sicherlich kein sehr weit fortgeschrittener. D. W. : Man sollte einen Lehrer also sehr hart prüfen? Prof. Engel : Ja – das würde ich auf jeden Fall so sagen. Gerade in der Situation, wo wir auch sehr hohen Mißbrauch haben. D. W. : Es gibt ja unterschiedliche Richtungen, wie Erleuchtung erlangt werden kann. Auf der einen Seite kann man durch Meditation per Abschottung von der Welt Erleuchtung erlangen, auf der andere Seite ebenfalls in der Zuwendung zur Welt und im Tun für andere. Würden Sie meinen, daß das Gefühl, das am Ende von beiden Wegen erhalten wird, ähnlich ist oder sind hier gravierende Unterschiede? Prof. Engel : Ich bin nicht am Ziel, also kann ich darüber nur spekulieren. Oder ich kann zitieren. Ich denke, daß die verschiedenen Wege zum gleichen Ziel führen. Mehr anderen helfen und damit sich - oder mehr sich helfen und damit dem Anderen - das sind die parallellaufenden Wege. Die einen gehen nach Innen und entdecken in dieser Weise die Überwindung der Subjekt-Objekt-Spaltung, oder man kann auch sagen, es geht um die Freimachung vom Ego, so daß es kein Du und kein Ich mehr gibt, - oder eben den äußeren Weg, wo Sie dasselbe finden. Welchen Weg Sie gehen, das hängt zum einen vom Individuum selber ab. Am Ende ist es egal, ob Sie das Du aufwerten oder ob Sie das Ich abwerten. Ob Sie einen introvertierten oder extrovertierten Weg gehen, das hängt vom Typ ab. Das Ziel ist dasselbe. D. W. : Obwohl manche Schulen das Ziel ja anders deklarieren. Manche sagen, daß das Endziel ein Glückszustand ist und andere sagen, daß gar kein Gefühl mehr vorhanden sein wird. Dieses Ziel scheint mir im Prinzip völlig unterschiedlich – oder? Prof. Engel : Wenn man genau hinsieht, ist es gar nicht so unterschiedlich. Man muß sich ansehen, was da unter Gefühl verstanden wird bzw. unter Abwesenheit des Gefühls. Die weit vorangeschrittenen Lehrer innerhalb einer Religion würden sicher dem Gedanken nicht widersprechen, daß auch Gefühl irgendwann einmal zu transzendieren ist. Aber eben nicht am Anfang. Das ist der Grund, warum die Wege gut beschrieben sein müssen. Wann ist was für wen dran? Wir haben ganz unterschiedliche Stadien des Erlebens. In bestimmten Wegabschnitten können Sie vor Glück kaum noch sprechen, dann gibt es beruhigtere Formen. Ich glaube nicht, daß das Ziel so unterschiedlich ist. D. W. : Sie schreiben in Ihrem Buch, daß es einige Vertreter ihrer Meditationsform glaubwürdig machen können, daß sie den angegebenen Endzustand erreicht haben. Bei anderen

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