Das Fortleben nach dem Tode

- 12 - 6. Sonderfälle geistiger Lebensvorgänge Die bisherigen naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse scheinen zu zeigen, daß die geistigen Lebensvorgänge nach bekannten physikalischen Gesetzen ablaufen und daß diese geistigen Lebensvorgänge zum Erliegen kommen, wenn das Gehirn materiell zerstört wird. Diese Auffassung faßt der Mediziner Prof. Borchardt in einer Arbeit über "Die körperlichen Grundlagen der seelischen Lebensvorgänge" (11) mit folgenden Worten zusammen: "Es kann nicht wundernehmen, daß die unübersehbare Fülle der Hirnleistungen den Eindruck erwecken muß, daß es sich hier um Auswirkungen übersinnlicher und übernatürlicher Kräfte handelt. Beweise dafür liegen aber in keiner Weise vor. Vielmehr steht die Tatsache unerschütterlich fest, daß alle Leistungen des Gemüts und der Verstandestätigkeit an die lebende Materie gebunden sind, daß sie ihren festen Sitz in bestimmten Teilen des Nervensystems haben, und daß Schädigungen dieser Teile mit entsprechenden Ausfallerscheinungen verbunden sind. Das ist schon von Flechsig nachgewiesen worden und bestätigt sich immer wieder." Der Physiker Prof. Steinbuch äußert sich in der Arbeit "Bewußtsein und Kybernetik" (58) in ähnlicher Weise. Er schreibt: "Was wir an geistigen Funktionen beobachten, ist Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Abgabe von Informationen.... Auf gar keinen Fall scheint es mir wahrscheinlich oder gar bewiesen, daß zur Erklärung geistiger Funktionen irgendwelche Voraussetzungen gemacht werden müssen, welche über die normale Physik hinausgehen." Wir kennen nun aber interessante Sonderfälle geistiger Tätigkeit, welche die Allgemeingültigkeit dieser eben geschilderten Auffassungen als sehr fraglich erscheinen lassen. Es hat den Anschein, als ob die geistigen Lebensvorgänge nicht nur an unsere irdische Materie und ein intaktes Gehirn gebunden sind. Man beobachtet nämlich manchmal Fälle sehr tiefgreifender Gehirnverletzungen, die zumindest kurzzeitig - meist kurz vor dem Tode - nicht zu den Ausfallerscheinungen führen, die man eigentlich erwarten müßte. Damit soll nicht gesagt werden, daß die bisherigen Annahmen und die heute üblichen wissenschaftlichen Deutungsversuche völlig falsch sind. Im Sinne von Arbeitshypothesen haben sie durchaus ihre Berechtigung. Sie werden uns sicher noch weiterhin wertvolle Erkenntnisse über die Wirkungsweise des menschlichen Gehirns und des geistigen Lebens auf dieser Erde verschaffen. Die folgenden Beispiele sollen aber zeigen, daß es vermutlich übergeordnete Gesetzmäßigkeiten gibt, die uns noch unbekannt sind. Betrachten wir zunächst schwere Gehirnverletzungen, die durch Kriegseinwirkung hervorgerufen wurden. Ein Schweizer Arzt schreibt darüber (3, S. 830): "Etwa die Hälfte der Kopfdurchschüsse im ersten Weltkrieg zertrümmerten wesentliche Anteile des Großhirns; die Verletzten blieben vollbewußt. Einem Mechaniker wurden durch Propellerschlag beide Hinterhauptlappen amputiert; der Mann wurde sofort blind, jedoch nicht bewußtlos. Einem Patienten von Lenggenhager wurden beide Stirnlappen sozusagen abgefräst; der Verunfallte war imstande, einige Meter weit zu gehen. Schwerste Hirnverletzungen, Fälle bei denen der Arzt Hirnbrei in der Tiefe der Wunde findet, gehen vielfach ohne Bewußtseinsverlust einher. Ganze Hirnlappen müssen mitunter abgetragen werden; trotzdem kann man sich mit den Patienten unterhalten. Man ist überhaupt überrascht festzustellen, wieviel Zerrungen, Druck, Quetschung, ja sogar an Zerstörung ein Großhirnteil ohne Erlöschen des Bewußtseins auszuhalten vermag." In ähnlicher Weise berichtet Prof. Carl Ludwig Schleich (53, S.10), daß er im ersten Weltkrieg mindestens 20 Fälle von Hirnverletzungen behandelt habe, bei denen löffelweise ganglienenthaltende Substanz ohne Intelligenz- oder Bewußtseinstörung des Patienten entfernt wurde.

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