Das Fortleben nach dem Tode

- 35 - Kritiker und Skeptiker haben derartige Berichte nie überzeugt, überzeugt in dem Sinne, daß hier etwa ein Beweis für die persönliche Fortexistenz nach dem irdischen Tode vorläge. Sie haben stets behauptet, wenn sie diese Berichte überhaupt als wahr und nicht als erfunden ansahen, daß alles nur Schöpfungen des Mediums und der anwesenden Teilnehmer oder anderer noch lebender Menschen gewesen wären, daß insbesondere die zutage tretenden Informationen einfach dem Unterbewußtsein der lebenden Menschen abgezapft seien und keineswegs etwas mit einem Fortleben nach dem Tode und einer jenseitigen Welt zu tun hätten. Nun treten aber bei solchen Materialisationssitzungen, wie auch bei anderen medialen Kundgaben, oft Informationen zutage, die keiner der anwesenden Teilnehmer, noch das Medium wußten. Gelegentlich sind es auch Dinge, die Anwesenden unangenehm sind. Einer Nielsen berichtet selbst solch ein Beispiel (26, S. 149): "Ich traf Herrn A. zum ersten Male auf einer Sitzung bei Herrn Bonne. Er interessierte sich sehr für die Frage, ob es ein Leben nach dem Tode gebe. Er war nie zuvor bei einer Sitzung gewesen und kannte den Spiritismus nur durch Bücher. Bei der ersten Sitzung war er nun sehr begeistert, und ein Teilnehmer sagte, die Freunde von drüben hätten alles getan, damit er eine Überzeugung bekäme. Als wir eines Abends von einer Sitzung heimfuhren, sagte er: 'Es gibt Dinge, über die wir keinen Bescheid bekommen und über die auch die Geister keine Mitteilung geben können!' Auf meine Frage, was das sei, antwortete er: 'Ja, das ist mein Geheimnis!' Ein halbes Jahr später kam auf einer Sitzung eine weibliche Gestalt aus dem Kabinett, ging auf ihn zu und sagte: 'Ich bin deine erste Frau, die du verlassen hast! Du ließest mich allein mit unserem Kind sitzen, und nach langer Krankheit mußte ich sterben. Jetzt liegt mein Leib auf dem Kirchhof in H. begraben, und unsere Tochter lebt in Not in der Stadt. Such sie auf und hilf ihr! So kannst du deine Handlungsweise mir gegenüber wieder gutmachen!' Dann verschwand sie, indem sie sich draußen auf dem Boden vor uns auflöste. Sie war eine der letzten Gestalten, die sich an diesem Abend zeigten, und kurz danach wurde die Sitzung geschlossen. Nach der Sitzung konnte ich nur schwer wieder zum Bewußtsein kommen, und als es endlich geschah, taumelte ich auf einen Diwan, um mich auszuruhen. Inzwischen versuchte Herr A. den Teilnehmern sein Eheerlebnis auf etwas verschönerte Weise zu erklären; seine erste Frau sei geistesverwirrt gewesen, als sie starb, und deswegen habe sie wohl so gesprochen. Er habe gehört, wie man sterbe, so wache man wieder auf usw. Während er dies ezählte, fühlte ich, daß jemand an meiner Seite stand, und hellsichtig erblickte ich eine junge Frau. Im selben Augenblick ging ich in Trance, und die junge Frau sagte nun durch mich: 'Es ist nicht wahr, was er sagt, er verließ mich!' War Herr A. bei der ersten Mitteilung erregt gewesen, so wurde er es bei diesem Protest noch mehr. Jedoch statt weitere Aufklärung zu geben, wurde er dann ganz still! Einige Tage vergingen, ohne daß ich etwas von ihm hörte. Dann aber kam er, um mir die Wahrheit über sein Jugendleben zu erzählen, von dem niemand nach seiner Meinung etwas wissen konnte. Den Gedanken, daß seine erste Frau sich eventuell materialisieren könnte, hatte er nicht gehabt. Nun war es indessen geschehen, und das Phänomen war so überzeugend gewesen, daß er sich vor der Tatsache beugen mußte: 'Das war sie!' Und nun erzählte er mir von seiner Jugend, wie er mit 20 Jahren mit einem guten, hübschen Mädchen gleichen Alters verheiratet worden war, aber kurz danach begonnen hatte, mit seinen Freunden auszuschweifen, zu zechen und besonders viel Geld für seine Damenbekanntschaften zu verbrauchen. Das Geld, das er von seinem Vater kurz vor der Hochzeit bekommen hatte, war verbraucht, und sein Geschäft hatte er unter Aufsicht gestellt. Seine Frau hatte geweint und ihn gebeten, sich zusammenzunehmen, er sollte daran denken, daß in einigen Monaten ihr erstes Kind geboren würde. Aber eines schönen Tages, als er seinen vollständigen Ruin sah, war er davongereist, um nicht mehr heimzukehren. Erst nach Jahren kam er wieder zurück als wohlhabender Mann und erfuhr nun, wie es seiner Frau ergangen war. Sie hatte von der Einrichtung verkauft, solange noch etwas da war, und kurz nach der Geburt ihres Kindes, eines kleinen Mädchens, hatte sie eine Stellung als Wirtschafterin bei einem Witwer in Jütland annehmen müssen. Hier bekam sie Tuberkulose, durfte aber aus Mitleid ihre Stelle behalten, solange sie arbeiten konnte. Zwei Jahre nach der Geburt des Kindes starb sie im Krankenhaus, und niemand folgte ihr zum Grab auf dem kleinen Kirchhof. Das Mädchen wurde bei fremden Menschen aufgezogen und war jetzt nach den Auskünften, die er erhalten hatte, verheiratet und im Ort L. ansässig, mußte aber hart um das Dasein kämpfen. Er hatte sie noch nicht aufgesucht, wollte es aber tun.

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