Das Fortleben nach dem Tode

- 39 - meinem Gott und Heiland. Mein Gesangbuch wurde erst nach meinem Heimgang eingeführt. Geschrieben und Melodien. Am Morgen des sechzehnten Dezember mit Sonnenaufgang schied sich meine irdische Hülle vom Geist. Am neunzehnten begruben sie mein Kleid. Ich litt vier Wochen an Nervenfieber. Es war an einem Montag, als sie mich begruben. - Ich sage dieses nur, damit ihr forschen könnt.' Die Sitzungsteilnehmer unterhalten sich über die Unwahrscheinlichkeit, daß Rochlitz' Frau tatsächlich eine geborene Hansen sein könne, da das doch ein typisch nordischer Name sei. 'Hansen hieß meine Frau', erklärt darauf unerwartet Rochlitz. Ich dankte Rochlitz für seine Ausführungen und sagte, daß wir jetzt forschen wollten. 'Ich habe auch geforscht', war die Antwort. Nun zu den Nachforschungen nach der Richtigkeit der gemachten Angaben: Ich wandte mich zunächst an das Pfarramt der Thomaskirche in Leipzig und erfuhr, daß Name und Beruf des Vaters und der Name, auch Mädchenname, der Mutter genau stimmten und daß auch Rochlitz' eigener Name ganz richtig angegeben war. Die Daten der Geburt und der Taufe waren aber nicht der 12. und 15. Februar 1770, sondern der 12. und 15. Februar 1769. In einer Sitzung vom 16. März 1926 erzählte ich Rochlitz von seiner offenbaren Fehlangabe. Er antwortete: 'In der Kirche haben sie sich schon um mein Geburtsjahr gestritten. Zu der Zeit meiner Verheiratung war schon nicht alles in Ordnung. (Diese Angaben sind leider unkontrollierbar.) Wie es zugeht, weiß ich nicht. Meine Erinnerung verläßt mich nicht.' Nun ist es außerordentlich interessant, daß Rochlitz schon 'zu Lebzeiten' das Jahr 1770 als sein Geburtsjahr angegeben hat! In 'Gerbers Neuem Musiklexikon', Leipzig 1830, ist auch eine kurze Biographie des damals noch lebenden Rochlitz enthalten, die, wie dort erwähnt ist, dieser dem Herausgeber auf dessen Bitten im Dezember 1829 eigenhändig mitgeteilt hat. Sie beginnt: 'Ich bin in Leipzig 1770 geboren...' Das schreibt Rochlitz als ein reifer, hochgebildeter Mann von 61 Jahren! Daß er als Schüler genauer Bescheid gewußt haben sollte, ist nicht zu erwarten. Tatsächlich hat er als 12-jähriger Quartaner im September 1781 ins Album alumneorum der Thomasschule eigenhändig eingetragen: Ego Johannes Fridericus Rochlitzius Lipsiensis natus sum anno Chr. MDCCLXVIII patre Carolo Ludovico Rochlitzitio sartore. (Genaue Abschrift durch Kirchenmusikdirektor a. D. Bernhard Friedrich Richter in Leipzig). Hier gibt Rochlitz also das Jahr 1768 als sein Geburtsjahr an. In bezug auf Daten ist er also schon während seines Erdenlebens nicht zuverlässig gewesen. Hierzu paßt auch der Nachweis des Herrn Prof. B. Richter im Bach-Jahrbuch 1906, daß Rochlitz in musikgeschichtlichen Dingen nur bedingte Glaubwürdigkeit beanspruchen könne. Es wundert uns deshalb auch nicht, daß er im Jahre 1789 die Schule verlassen zu haben behauptete, während er bereits 1788 das Zeugnis der Reife erhielt. Der Rektor der Schule, Fischer, hat später dem oben erwähnten eigenhändigen Eintrag Rochlitz' hinzugefügt: 'Discessit honeste e classe I a, d. 26. Martii 1788'. (Abschrift durch Bernh. Fr. Richter.) Die übrigen Angaben Rochlitz' sind, so befremdend - wie der Name Hansen - und so genau sie zum Teil waren, von einer noch zu besprechenden Ausnahme abgesehen, vollauf bestätigt worden, und zwar durch eine in der 'Allgemeinen Musikalischen Zeitung', Jahrgang 1843, Heft 7-9 abgedruckte Selbstbiographie Rochlitz', durch eine in Heft 2 desselben Jahrganges vorhandene Biographie und vor allem durch eine von Dörffel verfaßte Biographie. Sie ist beigefügt der nach Rochlitz' Tode in Züllichau erschienenen Auflage der 'Auswahl des Besten aus Joh. Fr. Rochlitz' gesammelten Schriften, vom Verfasser veranstaltet, verbessert und herausgegeben'. Diese verschiedenen Quellen mußten aus der Berliner Universitätsbibliothek entliehen werden." Aus Platzgründen wird aus dem ausführlichen Bericht Petersens ein Teil ausgelassen und gleich zur Schlußbetrachtung übergegangen (45, S. 58): "Bewußter Betrug - das mag hier der Vollständigkeit halber hinzugefügt werden - kommt nicht in Frage. Das darf bei Kenntnis der Sitzungsteilnehmer und der für jede sich mitteilende Intelligenz, also auch für Rochlitz', typischen Art der Tischhandhabung behauptet werden. Trotzdem sind verschiedentlich zur Kontrolle dem Medium die Augen sorgfältig verbunden worden: Der Tisch arbeitete weiter, als wenn nichts geschehen wäre; auch wenn - wie es oft der Fall war - das Medium allein eine Hand oder beide Hände lose auf den Tisch legte. Schaffen wir uns jedoch von der ganzen Rochlitz-Kundgebung in ihrer geschlossenen Ganzheit und in ihren Einzelheiten eine Gesamtschau, so gewinnt die Anwendbarkeit der spiritistischen Hypothese an Wahrscheinlichkeit. Nirgends stimmt der gegebene Text mit dem der vorhandenen Biographien überein, abgesehen von der einen beabsichtigten Ausnahme, die an sich außerordentlich bedeutsam ist und ohne weiteres jedem Unbefangenen als ein Bemühen erscheinen muß zum Nachweis der Identität. Rochlitz unterhält sich mit den

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