Das Fortleben nach dem Tode

- 6 - 2.0 Der biologische Lebensbegriff Wenn vom Tod und seinem Überleben die Rede ist, muß zuerst einmal erörtert werden, was unter dem Leben und dem Tod zu verstehen ist. Die Biologie versteht unter Leben etwa folgendes, wobei im Leben auch das tierische und pflanzliche Leben einbegriffen ist: Ein Organismus lebt, 1. wenn er einen autonomen Stoffwechsel hat (Ernährung, Ausscheidung, Atmung), 2. wenn er reizempfindlich ist und auf Reize zielstrebig, d. h. sinnvoll antwortet, 3. wenn er die Eigenschaften des Wachstums, der Fortpflanzung und der Vererbung aufweist. Besonders die zweite Eigenschaft ist wichtig. Professor August Bier (1861-1949), der bedeutende deutsche Chirurg, schreibt von den zwei kennzeichnenden Merkmalen des Lebens: Reizbarkeit und zielstrebige Handlung. Nur das Lebendige ist reizbar. Was nicht reizbar ist, hat nie gelebt oder ist abgestorben (7, S. 372). Die aufgezählten Eigenschaften des Lebens sind im Sinne unserer heutigen Biologie an die uns bekannte Materie gebunden. Der materielle Tod tritt ein, wenn diese Eigenschaften erlöschen, wenn also beispielsweise der Stoffwechsel zum Stillstand kommt (Atmung und Herztätigkeit aufhören, klinischer Tod) und auf Reize nicht mehr sinnvoll geantwortet wird. 3.0 Das geistige Leben Diese biologische Definition des Lebens wird man aber für das menschliche Leben als offensichtlich unzureichend ansehen. Für den menschlichen Lebensbegriff sind der Stoffwechsel, das biologische Wachstum, die Fortpflanzung und die Vererbung von untergeordneter Bedeutung, so wichtig sie biologisch gesehen auch sein mögen. Der eigentliche Hauptbestandteil des menschlichen Lebens ist dagegen das sogenannte geistige Leben. Volkstümlich ausgedrückt kann man darunter folgendes verstehen: Das geistige Leben besteht aus: 1. dem Ichbewußtsein, 2. der Fähigkeit zum Denken und gemäß dem Denken nach einer freien Willensentscheidung zu handeln, 3. der Möglichkeit, vermittels der Sinnesorgane Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, 4. dem Ansammeln von Erinnerungen und der Fähigkeit, sie bei Vorgängen des logischen Denkens und der Auslösung von Gemütsbewegungen beliebig zu verwenden, 5. den Gemütsbewegungen, wobei die Freude eine besonders wichtige Rolle spielt.

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