Der Einfluss der Trauer auf Verstorbene

- 13 - glänzende Zukunft sich vor ihm auftat! Nein, Gott ist nicht gerecht! Er ist kein Gott der Mütter! Er versteht ihre Verzweiflung und ihren Schmerz nicht. Und wenn ich mir den Tod bereite, um mein Kind nicht zu verlassen, so raubt man es mir von neuem! Mein Sohn, mein Sohn, wo bist du?' F: Arme Mutter, wir haben Mitleid mit Ihrem Schmerz. Aber Sie haben ein trauriges Mittel ergriffen, um mit Ihrem Sohn wieder vereinigt zu werden. Der Selbstmord ist in Gottes Augen ein Verbrechen, und Sie hätten daran denken sollen, daß Gott jede Verletzung seiner Gesetze bestraft. Des Anblicks Ihres Kindes beraubt zu sein, das ist Ihre Bestrafung.' M: Nein, ich glaubte, Gott sei besser als die Menschen. Ich glaubte nicht an seine Hölle, sondern an die ewige Wiedervereinigung der Seelen, die einander geliebt haben, wie wir einander liebten. Ich habe mich getäuscht. Er ist kein gerechter und guter Gott, weil er die Maßlosigkeit meines Schmerzes und meiner Liebe nicht verstanden hat. Oh, wer wird mir meinen Sohn wiedergeben? Habe ich ihn denn für immer verloren? Erbarmen, Erbarmen mein Gott!' F: 'Lassen Sie sehen, beschwichtigen Sie Ihre Verzweiflung! Bedenken Sie, wenn es ein Mittel für Sie gibt, Ihr Kind wiederzusehen, so liegt das nicht in einer Gotteslästerung, wie Sie sie üben. Statt sich Gott geneigt zu machen, ziehen Sie sich eine größere Strenge herbei.' M: 'Man hat mir gesagt, daß ich ihn nicht wiedersehen würde. Ich hab's verstanden: Ins Paradies haben sie ihn geführt. Und ich, ich bin also in der Hölle? Der Hölle der Mütter? Sie besteht, nur zu sehr sehe ich es.' F: 'Ihr Sohn ist gar nicht unwiederbringlich verloren, glauben Sie mir's! Sie werden ihn gewiß wiedersehen. Aber Sie müssen es erst verdienen durch Ihre Unterwerfung unter den Willen Gottes, während Sie durch Ihre Empörung diesen Zeitpunkt in unbestimmbarer Weise verzögern können. Hören Sie auf mich! Gott ist unendlich gut, aber er ist unendlich gerecht. Er straft nie ohne Ursache, und wenn er Ihnen auf Erden großen Schmerz auferlegt hat, so geschah es, weil Sie das verdient hatten. Der Tod Ihres Sohnes war eine Prüfung für Ihre Ergebung. Unglücklicherweise sind Sie zu Ihren Lebzeiten da unterlegen, und siehe da, nach Ihrem Tode unterliegen Sie da von neuem. Wie soll nach Ihrem Wunsch und Wollen Gott seine sich auflehnenden Kinder belohnen? Aber unerbittlich ist er nicht. Er nimmt immer die Reue des Schuldigen an. Hätten Sie ohne Murren mit Demut vielmehr die Prüfung hingenommen, die er Ihnen in dieser auf kurze Zeit geschehenden Trennung zusandte und hätten geduldig gewartet, bis es ihm gefiel, Sie von der Erde wegzunehmen, bei Ihrem Eintritt in die Welt, in der Sie jetzt sind, hätten Sie dann Ihren Sohn sofort wiedergesehen, der Sie bewillkommnet und Ihnen die Arme entgegengestreckt hätte. Sie würden die Freude gehabt haben, ihn nach dieser Zeit der Abwesenheit als einen von Glück Strahlenden zu sehen. Was Sie getan haben und was Sie noch tun in diesem Augenblick, setzt zwischen Sie und ihn eine Schranke. Glauben Sie ja nicht, daß er in den Tiefen des Raumes verloren sei! Nein, er ist Ihnen näher, als Sie glauben. Aber ein undurchdringlicher Schleier entzieht ihn Ihrem Blicke. Er sieht Sie, er liebt Sie allezeit, und er seufzt über die traurige Lage, in welche Sie Ihr Mangel an Gottvertrauen versetzt hat. Er ruft mit allen seinen Wünschen den beglückenden Zeitpunkt herbei, wo es ihm vergönnt sein wird, sich Ihnen zu zeigen. Von Ihnen allein hängt es ab, diesen Zeitpunkt zu beschleunigen oder zu verzögern. Bitten Sie Gott und sprechen Sie mit mir: "Mein Gott, verzeihe mir, daß ich an Deiner Gerechtigkeit und Güte gezweifelt habe! Wenn Du mich gestraft hast, so erkenne ich, daß ich es verdient habe. Nimm gnädig meine Reue und meine Unterwerfung unter Deinen heiligen Willen an!' M: Welch einen Hoffnungsstrahl haben Sie in meiner Seele jetzt aufleuchten lassen! Das ist ein Blitz hinein in die Nacht, die mich umgibt. Haben Sie Dank! Ich werde beten. Gott befohlen! C.

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