Der Kampf um die Materialisationsphänomene

- 6 - Gleichartige Versuche wie Dr. v. Schrenck-Notzing unternahm der Ingenieur Fritz Grunewald mit Einer Nielsen. Grunewald brachte dazu große Teile seines Laboratoriums für parapsychologische Untersuchungen von Berlin nach Kopenhagen.8 Die Beobachtungen fanden im Beisein des Nervenarztes Dr.Krabbe und des Physikers Prof. Christian Winther von 15. September bis Mitte Dezember 1921 statt. Dabei kam es zu dreizehn Laboratoriumssitzungen. Von der vierten Sitzung an wurde Nielsen vor und nach jedem Versuch einer eingehenden körperlichen Kontrolle unterzogen, so daß er keine Stoffe oder Gegenstände zu Täuschungszwecken mitbringen konnte. Von der neunten Sitzung an kleidete man ihn in ein spezielles Trikot mit angenähter Schleierhaube und Schleierhandschuhen. Trotzdem traten bei allen Versuchen weiße Stoffmassen, also Ektoplasma, aus dem Munde des Mediums heraus und durch den unversehrten Schleier hindurch. In der zwölften Sitzung wurde der in das Trikot eingenähte Nielsen außerdem noch in einen "Käfig" mit Wänden aus Tüll9 gesetzt, so daß ihm auch kein Außenstehender einen Schleier hätte zureichen können. Wiederum wurde wie früher ein aus dem Munde des Mediums heraushängender und bis auf den Schoß reichender Schleier von den Untersuchern beobachtet. Dabei erfolgte die Beleuchtung durch eine Rotlichtlampe von 100 Watt, und es wurde mit fünf Stereokameras fotografiert. • Bei solchen Vorsichtsmaßnahmen, die jede Täuschung unmöglich machten, müßten alle Kritiker verstummen. Sie tun es aber nicht und nehmen derartige Versuche e i n f a c h n i c h t z u r K e n n t n i s . Bis auf den heutigen Tag behaupten sie, daß alles nur Trick gewesen sei. Nach heutigem Kenntnisstand muß man das Ektoplasma (oder Teleplasma) als die Grundsubstanz der "Materialisationen" ansehen, also der "Scheinglieder", der materialisierten "menschlichen Gliedmaßen", die imstande waren, Kräfte auszuüben und Bewegungen zu verursachen, und der "Phantomgestalten". Für die Frage, woher denn die physikalischen Energien kommen, welche die verschiedenen Umwandlungsvorgänge erfordern, ist folgendes wichtig: Nach manchen Experimentalsitzungen fühlten sich nicht nur das Medium, sondern manchmal auch die übrigen Teilnehmer ausgesprochen erschöpft. Das kann ein Hinweis dafür sein, daß ihnen für die Vorgänge nicht nur Materie, sondern auch Energie entzogen wurde. Bei anderen Sitzungen trat während der paranormalen Vorgänge (Telekinesen und Materialisationen) eine von allen Anwesenden deutlich empfundene Abkühlung der Umgebungstemperatur auf.10 Ich selbst habe solches bei telekinetischen Versuchen ebenfalls erlebt. Diese Abkühlungen könnten durch Energieentzug hervorgerufen worden sein, wobei die der Umgebung entzogene Energie für die paranormalen Vorgänge verwendet wurde. Das sind vorerst aber nur Hypothesen. Genaue Messungen dieser Erscheinungen liegen bislang nicht vor. Abb. 3 zeigt, wie sich bei dem Kopenhagener Materialisationsmedium Einer Nielsen das von ihm ausgestoßene Ektoplasma gelöst hat, selbständig im Raum bewegt und zur Vorform eines Phantoms aufgetürmt hat. In wenigen Sekunden konnte sich daraus eine vollkommen ausgebildete Menschengestalt, ein Vollphantom, entwickeln. Bei Einer Nielsen wurden sie in großer Zahl beobachtet. Nach Schätzungen11 waren es im Verlauf von 47 Jahren etwas 17.000. Diese sich aus Ektoplasma aufbauenden Phantome hatten bei Nielsen meistens vollkommen menschenähnliche Gestalt. Sie zeigten Herzschlag, Pulsschlag und ganz normale Atmung. Auch konnte man sich fließend mit ihnen unterhalten. Es waren also Wesen mit einem irdischen Körper auf Zeit, etwa für die Dauer von einigen Minuten bis maximal einer Stunde. 8 Grunewald, Fritz: Mediumismus (1925), S. 56. 9 Ders., ebd., S. 58 10 Edwards, Harry: The Mediumship of Jack Webber (1953), S. 91. 11 Gerloff, Hans: Die Phantome von Kopenhagen (1955), S. 109.

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