Die Entstehung menschlichen Lebens und frühkindlicher Tod

- 15 - Einmal war ich bei einer Dunkelsitzung, die von Mr. Charles Williams14 abgehalten wurde. Dabei wurden ich und meine Nachbarin Lady Archibald Campbell mehrere Male an unserer Kleidung gezogen, um unsere Aufmerksamkeit zu erregen. Danach lichtete sich die Dunkelheit, und vor mir stand mein Kind und lächelte uns an wie in einem schönen Traum. Seine blonden Haare wellten sich über seine Schläfen, und seine blauen Augen waren auf mich gerichtet15. Es war weiß gekleidet, doch wir sahen nur seinen Kopf und seine Brust, über welcher seine Hände das Tuch der Kleidung zusammen hielten. Lady Archibald Campbell sah es genau so vollständig wie ich. Bei einer anderen Gelegenheit schlug mir William Eglinton16 vor zu versuchen, eine Geister-Schrift auf seinem Arm zu erzielen. Er wies mich an, in ein anderes Zimmer zu gehen und den Namen eines besonders geliebten Freundes in der jenseitigen Welt auf ein Stück Papier zu schreiben. Das hatte ich dann mehrfach zusammenzufalten und ihm zurückzubringen. Ich folgte seinen Anweisungen und schrieb 'John Powles' auf. Als ich zu Mr. Eglinton zurückkehrte, entblößte er seinen Arm und hielt das Papier in eine Kerzenflamme, bis es zu Asche verbrannt war. Mit dieser rieb er dann seinen Arm ein. Ich wußte, was folgen sollte. Der auf das Papier geschriebene Name sollte in roten oder weißen Buchstaben auf dem Arm des Mediums erscheinen. Der Skeptiker wird sagen, daß es ein Trick von Gedankenlesen war und daß das Medium, welches wußte, was ich geschrieben hatte, während meiner Abwesenheit die Schrift auf seinem Arm vorbereitet hatte. Aber als er die letzte Asche von seinem Arm geschüttelt hatte, lasen wir zu seiner und meiner Überraschung in einer deutlichen und klaren Handschrift die Worte: 'Florence ist die Liebste', als wenn mir mein Geist-Kind einen leichten Tadel dafür geben wollte, daß ich einen anderen Namen als ihren aufgeschrieben hatte. Es erscheint mir heute seltsam, wenn ich jetzt zurückblicke und mich erinnere, wie niedergeschlagen sie war, als sie das erste Mal zu mir kam. Sobald sich aber eine ununterbrochene Verbindung zwischen uns eingestellt hatte, entwickelte sie sich zu dem fröhlichsten kleinen Geistwesen, das ich je kennengelernt habe. Obwohl ihre Kindheit nun vorüber ist und sie ernsthafter, nachdenklicher und fraulicher auftritt, erscheint sie immer froh und glücklich. Sie hat sich mir umfassend durch die Mediumschaft von Mr. Arthur Colman mitgeteilt. Ich erlebte sie während einer Dunkelsitzung in einem sehr kleinen privaten Kreis. Dabei wurde das Medium die ganze Zeit festgehalten und angebunden. Florence lief im Zimmer umher wie ein Kind, das sie ja war, küßte und sprach mit jedem Teilnehmer in der Runde, zog die Sofa- und Sesselbezüge herunter und stapelte sie in der Mitte des Tisches auf, tauschte das modische Beiwerk jedes Anwesenden aus, indem sie die Schlipse der Herren den Damen um den Hals legte und die Ohrringe der Damen in die Knopflöcher der Herrenjacken hängte. Das tat sie alles gerade so, wie sie es getan haben könnte, wenn sie hier bei uns auf der Erde ein fröhliches und verwöhntes Kind gewesen wäre. Ich habe sie erlebt, wie sie kam und sich auf meinen Schoß setzte, mir dabei Gesicht und Hände küßte und mich den Defekt an ihrem Mund mit meinem eigenen fühlen ließ. An einem hellen Abend am 9. Juli, meinem Geburtstag, stattete mir Arthur Colman völlig unerwartet einen Besuch ab. Da ich einige Freunde bei mir hatte, kamen wir überein, eine Sitzung abzuhalten. Es war unmöglich, das Zimmer zu verdunkeln, da die Fenster durch Jalousien nur beschattet werden konnten. Wir ließen sie herunter und saßen dann im Halbdunkel. Zuerst hörten wir die Stimme von Florence flüstern: 'Ein Geschenk zum Geburtstag der lieben Mutter.' Dabei legte sie mir etwas in meine Hand. Dann ging sie auf die andere Seite zu einer anwesenden Dame und legte ihr ebenfalls etwas in die Hand mit den Worten: 'Und ein Geschenk für die Freundin meiner lieben Mutter.' Ich fühlte sofort, was Florence mir gegeben hatte. Es war ein Perlenkranz, ein Rosenkranz. Da ich wußte, wie oft unter ähnlichen Umständen Dinge nur von einem Zimmer in das andere getragen werden, folgerte ich, daß es der Rosenkranz war, der auf dem Kaminsims meines Wohnzimmers gelegen hatte und sagte das auch gleich. Ich erhielt jedoch sofort durch die Stimme von 'Aimée', des Mediums engstes Kontrollgeistwesen, die Antwort: 14 Englisches Materialisationsmedium der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts. 15 Das Phantom war also selbstleuchtend, wie es oftmals bei Materialisationssitzungen beobachtet wurde. 16 Englisches Materialisationsmedium ab 1874, geb. 1857.

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