Die Zuverlässigkeit medialer Durchgaben und die Prüfung der Geister

- 10 - Zwei andere Beispiele aus neuer Zeit zeigen, wie auch heute noch die Vergebungspraxis zur Durchsetzung gewisser Ziele angewandt werden kann. 1965 lernte ich in Weingarten eine damals schon betagte Dame, Frau Helene H., kennen. Sie erzählte mir folgende Begebenheit: Vor dem ersten Weltkrieg fuhr sie als junge Ehefrau (die damals zwei kleine Kinder hatte) zusammen mit einer Freundin zum Einkaufen nach Ulm. Auch diese Freundin war verheiratet und hatte zwei Kinder. Nach Erledigung ihrer Einkäufe hatten sie bis zur Rückfahrt noch etwas Zeit. Um diese auszufüllen, gingen sie in eine nahegelegene Kirche, um dort zu beichten. Frau H. betrat zuerst den Beichtstuhl. Nachdem sie die Beichte beendet hatte, fragte sie der Priester, ob sie verheiratet sei und wieviele Kinder sie hätte. Frau H. antwortete, daß sie zwei Kinder habe. Darauf sagte der Priester. "Dann wollen Sie sich doch sicher bald ein weiteres Kind anschaffen?" Frau H. entgegnete: "Nein, im Gegenteil, wir passen auf wie ein Heftelmacher." Darauf der Priester: "In diesem Fall kann ich Ihnen die Absolution nicht erteilen." Frau H. erwiderte: "Dann lassen Sie es eben bleiben!" und verließ wütend den Beichtstuhl. Vor der Kirche wartete sie auf ihre Freundin, die als nächste den Beichtstuhl betrat. Nach einer Weile kam diese mit hochrotem Kopf aus der Kirche. Auf die Frage von Frau H. berichtete sie, daß sie in gleicher Weise nach der Zahl ihrer Kinder gefragt und aufgefordert worden sei, sich ebenfalls baldmöglichst weitere Kinder anzuschaffen. Das habe sie dann auch versprochen und danach die Absolution erhalten. Da sagte Frau H.: "Wirst du das dann auch tun?" Die Freundin antwortete: "Natürlich nicht." Darauf erwiderte Frau H.: "Dann bist du ja noch schlechter als ich!" Im zweiten Beispiel handelt es sich um eine Frau S., die mich 1979 wegen psychischer Probleme aufsuchte. Sie waren nach dem Tod ihrer letzten Tochter verstärkt aufgetreten. Diese hatte sich nach einem Streit mit ihrer jüngeren Schwester eine oder mehrere Beruhigungstabletten ihrer Mutter genommen, war in den Wald gegangen und hatte sich dort auf eine Bank gesetzt. Hier war sie eingeschlafen oder ohnmächtig geworden und dann an Kreislaufversagen zusammen mit Unterkühlung (es war Februar und noch kalt) gestorben. Frau S. war katholisch und in erster Ehe (kirchlich katholisch getraut) mit einem Mann verheiratet gewesen, der arbeitsscheu war und sie schlug. Nach der Geburt des zweiten Kindes ließ sie sich von ihm scheiden. Da sie von ihrem arbeitslosen Mann keinen Unterhalt bekam, heiratete sie nach einiger Zeit einen anderen Mann, der hinfort die Familie ernährte. Sie berichtete mir, daß sie zweimal zu einem Kaplan in einer am Bodensee gelegenen Kirche zur Beichte gegangen wäre. Dieser habe sie auch nach ihren Eheverhältnissen gefragt und sie dann jedesmal gedrängt, sich von ihrem zweiten Mann wieder scheiden zu lassen, da diese kirchlich nicht gültige Ehe ein sündhaftes Konkubinat sei. Weil sie aber keine Scheidung wollte, geriet Frau S. in stärkste innere Gewissensnöte, die ihre psychischen Probleme zusätzlich verstärkten. Fälschungen und Täuschungen im religiösen Bereich kamen auch bei den Israeliten zur Zeit des Alten Bundes in reichem Maße vor. Nicht immer wurden sie gegen den Willen und ohne Wissen der Getäuschten vorgenommen. Der Prophet Jesaja (um 740-690 v. Chr.) berichtet ausführlich darüber (Jes. 30. 8). • Meist erfolgten die Täuschungen bei dem Verkehr mit der widergöttlichen Welt, z. B. mit Baal und seinen Gefolgsleuten. Wie zahlreich die Mittelsleute, die Medien oder wie man damals sagte "die Propheten", waren, sieht man daran, daß bei König Ahab von Israel (874-853 v. Chr.), der einen Feldzug plante, von 400 Propheten die Rede ist, die er vorher befragte (1. Könige 22, 6). Die Propheten aber, die Täuschungen und Unwahrheiten verbreiteten, wie z. B. bei Ahab, wurden Lügenpropheten genannt. Die Unwahrheiten konnten entweder von ihnen selbst erfunden sein oder ihnen von ihren jenseitigen Auftraggebern, also z. B. den Gefolgsleuten Baals oder unwissenden Geistern, eingegeben worden sein.

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