Die Zuverlässigkeit medialer Durchgaben und die Prüfung der Geister

- 6 - In der katholischen Kirche hat die sogenannte Konstantinische Schenkung eine große Bedeutung erlangt. Sie ist eine gefälschte Urkunde, in der Kaiser Konstantin I. (der Große, geb. um 280, römischer Kaiser von 306-337) gegenüber Papst Silvester I. (314-335) den Vorrang des römischen Papsttums über alle Kirchen anerkennt und dem Papst die Herrschaft über Rom und alle abendländischen Provinzen zugesteht. Die Schenkung sollte aus Dankbarkeit Konstantins gegenüber Silvester erfolgt sein, weil dieser ihn getauft habe. Tatsächlich ist Konstantin erst auf dem Totenbett 337 durch den Bischof Eusebius von Caesarea (geb. um 263, gest. 339) getauft worden, während Silvester bereits 335 gestorben ist. Die Taufe erfolgte noch nicht einmal römisch-katholisch, sondern arianisch, also gemäß einer christlichen Lehrmeinung, die später von der römischen Kirche als Ketzerei höchsten Grades verurteilt wurde. In der gefälschten Schenkungsurkunde heißt es u.a. (12, S. 224): "Wie Uns eine irdische Kaisermacht zusteht, so haben Wir bestimmt, daß ihre hochheilige römische Kirche achtungsvoll geehrt, und daß mehr als Unsere Kaisergewalt und Unser irdischer Thron der hochheilige Stuhl Petri glorreich verherrlicht werde, indem Wir ihm die Macht, den Ehrenrang, die Kraft und die Ehrenbezeigungen verleihen, die einem Kaiser zukommen. Und Wir beschließen und setzen fest, daß er die Vorherrschaft sowohl über die vier Hauptbischofssitze von Antiochia, Alexandria, Konstantinopel und Jerusalem, als auch über alle Kirchen Gottes auf dem ganzen Erdkreis innehabe; und der jeweilige Papst dieser hochheiligen römischen Kirche soll erhabener und ein Fürst für alle Bischöfe der ganzen Welt sein, und durch seinen Urteilsspruch soll geordnet werden, was in bezug auf den Gottesdienst und für den festen Bestand des Christenglaubens zu versorgen ist. Denn es ist gerecht, daß dort ein geheiligtes Gesetz die Oberherrschaft erhalte, wo, wie der Stifter der heiligen Gesetze, unser Heiland, anordnete, der heilige Petrus den Stuhl des Apostolates innehaben sollte." usw. Der lange Urkundentext endet mit den Worten: "Zur Nachahmung Unserer kaiserlichen Gewalt, damit durch diese die päpstliche Tiara nicht in den Schatten gestellt, sondern vielmehr noch als die Würde und Machtherrlichkeit der irdischen Gewalt geschmückt werde - siehe, dazu haben Wir sowohl, wie vorher gesagt, Unseren Palast als auch die zur Stadt Rom, alle zu Italien oder dem Abendland gehörigen Provinzen, Orte und Städte dem oftgenannten hochseligen Oberpriester, Unserem Vater Silvester, dem Universalpapst, übertragen und seiner oder seiner Nachfolger im Papsttum Gewalt und Botmäßigkeit überlassen. Wir haben es deshalb für angemessen erachtet, Unsere Gewalt und Unseren Herrschersitz in den Osten zu verlegen, und in der Provinz Byzanz an wohlgelegenem Orte Unserem Namen eine Stadt zu bauen und dort Unseren Thron aufzurichten. Denn wo der Fürst der Priester und das Haupt der christlichen Religion von dem himmlischen Kaiser hingesetzt worden ist, da kann billigerweise der irdische Kaiser keine Herrschaft ausüben." Über die Entstehungsgeschichte dieser Fälschung berichtet der katholische Historiker und Fachmann für Papst- und Kirchengeschichte Hans Kühner (geb. 1912) in seinem Werk "Gezeiten der Kirche in zwei Jahrtausenden" (5, S. 83 f): "Eusebius, der Kaisertheologe, Hofbischof und Hofhistoriker des neuen Imperators, Eusebius, Bischof von Cäsarea, der 'Vater der Kirchengeschichte', redet von Konstantin I. im Ton des Psalmisten, wenn er von Gott spricht. Er hat die Konstantin-Legende schaffen helfen, die von der Historiographie der Kirche, wenn auch nicht im Wortlaut, so doch in dem ihr zugrundeliegenden Wesen ohne Gegenfrage übernommen und ausgebaut worden ist, weil Dankbarkeit keine Gegenfragen stellt. Die Legende beginnt mit der Vision oder dem Traum Konstantins I. auf dem Schlachtfeld vor Rom, wo eine himmlische Stimme vor der Schlacht den Sieg im Zeichen des Kreuzes verspricht. Als Konstantin I. später den Afrikaner Caecilius Firmianus Lactantius, den frühesten Apologeten lateinischer Sprache, zum Erzieher seines Sohnes Crispus beruft, verfaßt Lactantius ein Buch "De mortibus persecutorum", über

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3