Ist unser Schicksal festgelegt?

- 10- Ein Teil dieser Verhaltensweisen zur Schonung des anderen Individuums ist für den Menschen in Form von Vorschriften und Gesetzen gekleidet, denen bestimmte Moralvorstellungen zugrunde liegen. Die Moral aber ist das Vorstellungs- und Gedankengebäude, das der Mensch über Ziele und Handlungsweisen zur Schonung und Förderung des anderen Individuums besitzt. Diese Moralvorstellungen können sehr verschieden aussehen, je nachdem, ob sie beispielsweise kommunistischen, christlichen oder sonstigen Ursprungs sind. Allen Moralvorstellungen und den daraus resultierenden Gesetzen ist jedoch gemeinsam, daß Verstöße des einzelnen Individuums gegen diese Gesetze mit Strafe belegt werden. An die Strafe ist die Wiedergutmachung gekoppelt. Dabei bedeutet Strafe eine Handlung (oder auch die Unterlassung einer Handlung), die dem davon betroffenen Individuum unangenehm, nachteilig, schmerzhaft oder dergleichen mehr ist. Sie soll das Individuum veranlassen, in Zukunft nicht wieder gegen die Moralvorstellungen und Gesetze zu verstoßen. 2.4.2 Strafe als Ausgang eines Lernprozesses Diesen Sinn der Strafe können wir auch im Bilde und nach Kenntnissen der Informationsverarbeitung beibehalten. Die Aufgabe einer Strafe und auch der Wiedergutmachung ist es hierbei, Lernprozesse in Gang zu setzen, die zu neuen Vorinformationen für künftige Entscheidungen führen. Die Gewichtung der Informationen soll eine andere werden, und als Folge davon soll im Wiederholungsfall eine andere Entscheidung resultieren, die nicht im Widerspruch zu den Gesetzen steht, die nicht zur Strafe und damit nicht zu Unannehmlichkeiten führt. In manchen Fällen kann bereits die Wiedergutmachung diese Aufgabe erfüllen. Der durch die Strafe in Gang gesetzte Lernprozeß soll möglichst schon vor der Tat durch die abschreckende Wirkung der zu erwartenden Strafe erfolgen. Ist die Tat trotzdem erfolgt, soll die Vollziehung der Strafe das Umdenken, den Lernprozeß, herbeiführen. Derjenige, der trotz Strafandrohung gegen Gesetze verstößt, um sich dadurch einen persönlichen Vorteil zu verschaffen und damit anderen einen Nachteil zufügt, ist zunächst uneinsichtig. Er erkennt nicht, daß die strikte Einhaltung der Gesetze letztendlich auch ihm selbst zugute kommt. Er bewertet das empfindliche Übel, das ihm die Strafe zufügt, nicht in ausreichendem Maße, oder er hofft, daß seine Tat unentdeckt bleibt. Woran liegt das? Erziehung zum In-Gang-setzen von Lernprozessen zur Gewinnung neuer Verhaltensweisen wird immer als unangenehm empfunden. Umdenken und Lernen macht Mühe, ist physikalisch gesehen mit erhöhtem Energieverbrauch verbunden. Schon die Leistungsaufnahme des normal arbeitenden Gehirns beträgt ungefähr 25 Watt und damit etwa ein Viertel des gesamten Leistungsverbrauchs eines körperlich nicht schwer arbeitenden Menschen. Mit der im Körper gespeicherten physikalischen Energie versucht aber jeder Mensch aufgrund eines ihm innewohnenden starken Triebes, des Bequemlichkeitstriebes, sehr sparsam umzugehen. Daher verschließen viele Menschen völlig ihre Augen vor neuen Erkenntnissen und sind vielfach nur durch äußerste Gewalt, z. B. durch Kriminalstrafen, schwere Schicksalsschläge oder ähnliches, zum Umdenken und zur Korrektur der inneren Einstellung zu bewegen. 2.4.3 Schuld Nachdem die Strafe und ihr Sinn behandelt worden ist, sind die Voraussetzungen der Strafe zu untersuchen. Im Strafrecht gelten als Voraussetzungen einer Strafe: 1.) Gesetzlicher und konkreter Tatbestand. 2.) Rechtswidrigkeit. 3.) Schuld (d. h. man muß einem Täter aus einer Handlung einen Vorwurf machen können). Zu dem Begriff Schuld sagt ein Lehrbuch des Strafrechtes: "Diese bedeutet, daß man dem Täter aus seinem (tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen) Verhalten auch einen Vorwurf machen, daß man ihn verantwortlich machen kann. Wie dieser Vorwurf psychologisch und philosophisch zu erklären ist, ob die Verantwortung insbesondere die sogenannte 'Willensfreiheit' zur

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3