- 3- Professor Max Born1 umschreibt diesen Sachverhalt mit folgenden Worten: "Die übliche Behauptung, daß die klassische Mechanik deterministisch sei, ist also unrichtig, ... Wie es kommt, daß dieses falsche Ideal sich so fest in den Köpfen eingewurzelt hat, auch in denen der vorzüglichsten Forscher, ist kein physikalisches Problem, sondern ein psychologisches, das vielleicht aus der Entwicklung des physikalischen Weltbildes seit Newton verstanden werden kann."2 Wenn nun schon der Determiniertheit makrophysikalischer Vorgänge gewisse Grenzen gesetzt sind, so trifft dies in noch viel stärkerem Maße für alle mikrophysikalischen Vorgänge zu, für Vorgänge also, bei denen nur wenige oder nur ein Atom beteiligt sind. Ein Atom kann auf die gleiche Einwirkung von Fall zu Fall verschieden reagieren, ohne daß wir die Möglichkeit haben, für den Einzelfall exakt vorauszusagen, wie es sich das nächste Mal verhalten wird. Wir sprechen in diesem Fall von Akausalität oder Undeterminiertheit, was aber nicht bedeutet, daß für derartige Vorgänge überhaupt keine Gesetze gelten. Sie sind nur statistischer Art, machen also für den Einzelfall keine eindeutige Aussage oder Vorhersage, sondern geben einen Endzustand nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit an. Erst den Ausgang einer Vielzahl von Versuchen beim gleichen Experiment kann man zahlenmäßig hinreichend genau festlegen. Andererseits kann man bei einer großen Anzahl gleichartiger Atome, die alle der gleichen Einwirkung unterworfen werden, das Gesamtergebnis ihrer Reaktionen aufgrund statistischer Naturgesetze wiederum mit hinreichender Genauigkeit vorausberechnen. Für große Körper also, die aus zahlreichen Einzelatomen bestehen, ergeben sich aus den statistischen atomphysikalischen Gesetzen wieder die eindeutigen Gesetze der Makrophysik, die unter den Kausalitätsbegriff fallen. 1 Max Born, geb. 1882, em. Professor der theoretischen Physik, Bad Pyrmont, Nobelpreis für Physik 1954. 2 M. Born, Bemerkungen zur statistischen Deutung der Quantenmechanik, in: Werner Heisenberg und die Physik unserer Zeit, Verlag F. Vieweg, Braunschweig 1961, S. 109.
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