Das Buch der Geister

- 2 - kirchlichen Glaubensbefehlen (Dogmen) nicht mehr viel anfangen, er will sich den großen Fragen nach Ewigkeit, Jenseits, göttlicher Gerechtigkeit, Lebenssinn und -ziel mit naturwissenschaftlicher Exaktheit und Gründlichkeit nähern, will die Möglichkeit haben, selbst zu prüfen, zu untersuchen und zu experimentieren. Die praktische Geist- und Jenseitsforschung, an der schätzungsweise 200 Millio- nen Menschen in aller Welt aktiv oder passiv mitwirken, bietet ihm Gelegenheit dazu. Die beiden Hauptwerke Allan Kardecs können ihm als ausgezeichnete Handbücher dienen. Wenn seit ihrer ersten Veröffentlichung auch schon mehr als hundert Jahre vergangen sind, so sind sie doch keineswegs veraltet, sondern die in ihnen dargelegten Grunderkenntnisse und Forschungsmethoden haben heute noch uneingeschränkt Geltung. Wer war Allan Kardec? Er hieß mit bürgerlichem Namen Hyppolyte Leon Denizard Rivail und hat neben vielen pädagogischen Schriften etwa ein Dutzend rein spiritistischer Werke geschrieben, die allein in Brasilien (1957) über 200 Auflagen erlebten, davon das hier vorliegende "Buch der Geister" 25 Auflagen mit 226.000 Exemplaren, das "Buch der Medien" mit ebenfalls 25 Auflagen und 201.000 Exemplaren. Schon aus diesen Zahlen ist ersichtlich, welch nachhaltigen Eindruck Allan Kardec auf alle seine Leser gemacht hat, wie er sie zu überzeugen und innerlich mitzureißen verstand. Allan Kardec ist auch der einzige Spiritist in der ganzen Welt, dem zu Ehren im Jahre 1957 anläßlich der hundertsten Wiederkehr der ersten Herausgabe seines "Buches der Geister" die brasilianische Postverwaltung eine Gedenkbriefmarke in fünf Millionen Exemplaren mit dem Bild Kardecs herausgab. Das war ein Dank der Brasilianer für den Mann, der durch seine Bücher die geistigen Grundlagen schaffen half, auf denen in Brasilien (und letztlich in ganz Süd- und Mittelamerika) der Spiritismus zu einer regelrechten Volksbewegung werden konnte. Diese Tatsachen sind im deutschen Sprachgebiet weitgehend unbekannt, sind aber mit ein Grund dafür, daß man sich zur Neuherausgabe der beiden Kardecschen Hauptwerke entschlossen hat. Noch kurz einiges Persönliche über den großen Pionier des praktischen Spiritismus: Allan Kardec lebte in Frankreich von 1804 bis 1869, war ein hervorragender Schüler Pestalozzis und ein bedeu- tender, vielsprachiger Pädagoge, später spiritistischer Forscher und Schriftsteller. Der Nobelpreisträger Charles Richet würdigte seine Bedeutung für den Spiritismus mit den Worten: "Man muß vorbehaltlos die intellektuelle Energie Allan Kardecs anerkennen. Er stützt sich immer auf das Experiment, so daß man sein Werk nicht nur als eine grandiose homogene Theorie, sondern auch als eine eindrucksvolle Zusammenfassung von Tatsa- chen anerkennen muß." Mrs. Ann Blackwell, die Kardec persönlich gekannt und seine Hauptwerke ins Englische übersetzt hat, hinterließ der Nachwelt (laut "Geschichte des Spiritismus" von Conan Doyle) folgende Beschreibung: "Allan Kardec war von kleiner Statur, robust und firm, mit rundem, breitem Kopf, gut ausgeprägten Zügen und hellgrauen Augen, mehr einem Deutschen als einem Franzosen gleichend. Er war aktiv und hartnäckig, aber von ruhigem, vorsichtigem, realistischem Temperament, fast kalt, skeptisch von Natur und Erziehung, logisch und präzis in seinen Argumenten, überaus praktisch in seinen Ideen und Handlungen und somit abgeneigt jedem Mystizismus und Enthusiasmus. Er sprach langsam und überlegt, ohne jede Affek- tiertheit, aber mit unzweifelhafter Würde, die seinem ehrlichen und ernsthaften Charakter entsprach. Er suchte keine Diskussionen, ging ihnen aber auch nicht aus dem Wege, regte auch niemals von sich aus zu Gesprächen über die Dinge an, denen er sein Leben gewid- met hatte. Er empfing liebenswürdig die zahlreichen Besucher, die aus aller Welt zu ihm kamen, um mit ihm über seine Ideen zu sprechen. Manchmal nahmen seine Züge einen strahlenden, wohlgefälligen Ausdruck an, obgleich man ihn bei seiner ernsthaften Veran- lagung niemals hat lachen sehen." Unter den Tausenden von Besuchern waren Leute von sozialer, literarischer, künstlerischer und wissenschaftlicher Bedeutung. Kaiser Napoleon III., der aus seinem Interesse für den Spiritismus kein Geheimnis machte, ließ ihn verschiedene Male rufen und unterhielt sich in den Tuilerien oft lange mit ihm über sein "Buch der Geister".

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